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Yoko Ono gerät gerade in die Schlagzeilen der britischen Presse: Der Grund ist eine Arbeit zum Thema „Meine Mutter war so schön“. Dabei zeigt die 71-jährige Künstlerin den nackten weiblichen Schoß ebenso sowie schöne, frauliche Brüste.

Zu sehen ist es überall in der Stadt Liverpool, vor allem aber auf dem „John Lennon Flughafen“. Dumm fragenden Journalisten verpasst sie schon mal die richtige Antwort. „Wer ist die Frau auf dem Bild?“ fragte sie ein britischer Berichterstatter, und Yoko antwortete: „Es ist deine Mutter“.

Diese Antwort hatte Chris Brown von der Daily Post nun allerdings nicht erwartet. Er muckt denn auch auf, dass „der Preis für die Publicity (für Liverpool) für manche viel zu hoch sei“. Na denn – nackte Brüste müssen ja schrecklich gefährlich sein.

Wie Fleshbot berichtete, soll der US-amerikanische „Playboy“ diese Woche ein Interview mit Rachel Perry veröffentlicht haben – gesehen oder gelesen habe ich davon noch nichts. Freilich ist die Dame sehr schön, sodass man sie auch schon recht freizügig sehen konnte, zum Beispiel im Maxim. Dort gibt es vier Freifotos – die restlichen Dreizehn sind für Mitglieder reserviert.

Auch Stuff zeigt die Moderatorin einer Fernsehsendung („All Access“) leicht bekleidet. Wer die bei Fleshbot erwähnten kleinen Vögelchen sucht, die sich auf der Haut der Schönheit tummeln sollen, muss lange suchen. Doch hier wird er fündig – sie stürzen auf ihr Nest zu, wie es scheint.

Am Anfang habe ich gelächelt, dann wollte ich eine Satire schreiben und jetzt platzt mir einfach die Hutschnur: Die Interviews der grünen Abgeordneten Antje Vollmer, ihres Zeichens sogar Bundestagsvizepräsidentin, kam einer Lobbyistenveranstaltung für die deutsche Musikbranche verdächtig nahe. Wer sich so tief herablässt, muss sich einiges gefallen lassen: Schnulzen-Antje outete sich sogar noch als Zuschauerin von „Deutschland sucht den Superstar“. „Superschtar“ soll sie gesagt haben. Nun ja, nicht jeder hat sprachliche Kompetenz.

Wie man denn überhaupt dies sagen muss: Natürlich gehört die Popmusik irgendwie zur Kultur, aber sie gehört eben in erster Linie zur Wirtschaft: Den so genannten „Künstlern“ dort geht es nämlich nicht eben schlecht – wesentlich besser als jungen Dichtern, Malern und Bildhauern zusammengenommen. Was bitte maßen sich diese elendiglichen Wichtigtuer eigentlich an? Wollen sie uns etwa erzählen, sie hätten irgendein Kulturerbe im Sack, dass für die Ewigkeit erhaltenswert wäre? Welche künstlerischen Werte bringen sie überhaupt hervor, und vor allem: Wie lange halten Schnulzen eigentlich? Tage? Wochen? Nur einige wenige Schlager erleben doch das nächste Jahr, und „Evergreens“ gibt es ganz wenige. Doch auch, wenn sie halten, die Schlager und Schnulzen, so bleiben sie eben doch zumeist nur Trällerlliedchen für den Tagesgebrauch: Ex-und Hopp-Musik.

Zudem: Die Franzosen haben eine Chansonkultur, die Skandinavier lieben ihre singenden Kleingruppen, und die Südländer haben außer Touristenfolklore auch noch häufig eine echte innere Verbindung zum eigenen Liedgut. Doch was haben die Deutschen? Irgendwie mal gehört, dass Herr Lindenberg eine Verbindung zum deutschen Volkslied hat? Das ist längst durch die lästigen Volksliedersendungen im Fernsehen zu Kitschschlagern verkommen.

Wenn die deutschen Musikerinnen, Musiker, Sängerinnen und Sänger meinen, nicht anzukommen, sollen sie doch bitte Undergroundlabels gründen, Internetradios eröffnen, sich um Sendelizenzen bemühen oder gar einen digitalen Fernsehkanal mieten: Einige von denen, die da so laut nach Quoten geschrien haben, besitzen doch wohl die nötige Kohle, um das Risikokapital beizusteuern.

Das machen sie natürlich nicht. Würde ja Aufwand bedeuten. Müsste man ja auch mal die Wahrheit gelten lassen. Da ist es schon besser, den Gesetzgeber zu bedrängen. Was ich dazu zu sagen habe: Pfui Teufel, Deutschquotenmusiker - ihr seid auf dem besten Wege, ein Kulturärgernis zu werden.

Dazu gelesen: Tagesspiegel.

Neulich habe ich einmal sehr intensiv zugehört – als es um Gymnasien ging. Genauer gesagt, um den Mathematik-, Physik- und Chemieunterricht an denselben. Ich darf zunächst versichern, dass alle anwesenden tätige Experten waren (außer mir).

Verblüffend: Es gibt offenbar keine Menschen mehr, die naturwissenschaftliche Fächer unterrichten wollen. Man müsse, so die Aussage, sie nun von überall holen: Menschen ohne pädagogische Ausbildung, oft solche, die anderwärts gescheitert seien. Nichts gegen das Scheitern – jeder verdient eine zweite Chance. Aber warum, bitte, sorgen Staat und Gesellschaft nicht wenigstens dafür, dass unsere Schulen die besten Voraussetzungen für zukünftige Naturwissenschaftler und Ingenieure schaffen? Davon lebt Deutschland schließlich.

Szenenwechsel: Eine etwas ältere Diskussion, Gymnasiallehrer. Norbert Wiener? Unbekannt Konrad Zuse? Unbekannt. Kybernetik? Unbekannt. Sogar Paul Watzlawick war weitgehend unbekannt, doch dann erinnerte sich jemand, dass der doch dieses witzige „positive Ermunterungsbuch“ geschrieben hat. Ja, hat er. Aber eben auch „Menschliche Kommunikation“.

Wird das Gymnasium eine Vergeistigungsschule? Ach ja, wir sind ja das „Volk der Dichter und Denker“. Die sehen wir dann nach dem Absolvieren des humanistischen Gymnasiums und eines ausgedehnten Studiums als Taxifahrer wieder. Nein, nicht alle – aber viel zu viele.

Ich bin noch zu einer Zeit aufgewachsen, als die Kulturpäpste bei weitem selbstherrlicher Waren als sie es heute sind: Musik wurde scharf getrennt in E-Musik („Ernste Musik“, gewöhnlich auch als „klassische Musik“ bezeichnet (auch dann, wenn sie gar nicht klassisch war) und U-Musik (Unterhaltungsmusik), gewöhnlich als „Schlager“ bezeichnet, was auch nicht ganz zutrifft. Dazwischen tummelten sich irgendwo die Jazz-, Blues-, Folk- und sonstigen Musikliebhaber, die dem U-Sektor zugeschlagen wurden.

Kultur? Na ja. Vom hochberühmten Mozart wissen wir, dass er für ein fragwürdiges Amüsiertheater geschrieben hat, und Verdis Arien waren einst typische Gassenhauer. Als der Jazz aufkam, wurde er erst verdammt und dann glorifiziert – beides war ein bisschen daneben, denn ursprünglich war alles nur auf „jagend“ gespielter Instrumenten-Ragtime, „Chass“ eben. Erst die Schallplattenbranche brachte das neue „allamerikanische“ Produkt unter dem Markennahmen „Jazz“ heraus. Den Beboppern hing zuletzt zum Hals heraus, was die Musikbranche daraus gemacht hatte: Swing, und sie führten alles wieder ein bisschen zurück. Seither hat Jazz Kultstatus – vor allem in Japan und Europa. In den USA müssen selbst Spitzenjazzer ihren Lebensunterhalt als Barpianisten bestreiten.

Kultur? Das Kind von Cowboyschnulzen und Boogie, Rockmusik genannt, wurde zunächst von allen bekämpft, dann aber begann sein beispielloser Siegeszug: Die neue Weltmusik „Rock“ löste die alte Weltmusik „Jazz“ ab. Rock wurde Kult, und Kult wurde Kultur. Mittlerweile ist wirklich etwas dran: Rockmusiker komponieren, texten und interpretieren. Das verdient den Namen „Kultur“ dann schon.

Apropos verdienen: Bei der Diskussion um die „Quoten“ für deutsche Schlager (ja, was sind sie denn sonst?) haben sich lauter Interpreten in die Frontlinien gestellt. Die verdienen aber (vor allem am Anfang ihrer Karrieren) kaum Geld. Richtig verdient wird bei den Produzenten und Vertreibern, und recht gut stehen auch die Komponisten und Texter da.

Quoten für Schlager? Sie würden dazu führen, dass noch mehr miserable Schnulzen erzeugt würden: Die könnten professionelle Texter und Komponisten kurzfristig in Massen produzieren, und siehe: diese würden damit kräftig absahnen. Hatten wir schon einmal, bei der „Conny und Peter“-Welle: von „Ich möchte’ mit dir träu-äu-men …“ bis zum "Schugger-Schugger-baibieh“ … na ja. Vielleicht gehört das inzwischen auch zur Kultur.

 

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