anstoss

  sehpferdvs sehpferds magazin für anstöße und anstößiges
Informationsarme Zeiten im April – die Presse lechzt nach Nachrichten, und siehe, da haben wir sie wieder: die christliche Wertediskussion. Diesmal freilich kämpft nicht, wie sonst üblich, die CDU/CSU darum, die Grundwerte auf christlicher Basis durchs Dorf zu treiben, sondern es ist offenbar eine ganze Nation, die in heller Aufregung ist. Freilich nur, wenn man viel Zeitung liest, denn den meisten Bürgern ist das Thema nicht wichtig genug.

Was ist überhaupt geschehen? Stehen wieder einmal die Türken vor der Tür? Nein, keinesfalls. Es geht um ein ausgesprochen marginales Problem, das zudem in die Kulturhoheit der Länder fällt: den Religionsunterricht. Doch aufgetragen wird wieder einmal dick, so dick, dass sich Herr Thierse (geboren 1943, katholisch, Ostdeutsch) gerade veranlasst sah, sogar die Katze SED aus dem Sack zu holen: „Zurückdrängen der Religion, der christlichen Kirchen aus dem öffentlichen Bewusstsein, ist der einzige nachhaltige Erfolg der SED gewesen" soll er der BILD-Zeitung gesagt haben – zweifellos das richtige Medium für moralische Fragen.

Heftig dicke Backen machte auch die Fachfrau für Religion bei den Grünen, Christa Nickels (geboren 1952, römischkatholisch, Westdeutsch), die noch ein bisschen weiter ausschlug: sie holte außer der SED-Rute auch noch den Nazi-Knüppel aus dem Sack und sagte (laut SPIEGEL) "wie das ausgeht, haben wir im Kommunismus oder Nationalsozialismus erlebt".

In Wahrheit geht es um viel, viel weniger: Der Ethikunterricht soll in Berlin obligatorisch werden, der besondere Unterricht in der eigenen Religion hingen freiwillig sein. Kein unvernünftiges Modell, aber offenbar zu viel für viel Deutsche. Das Ganze hat zudem einen Geruch: Unser Schulen mögen mies sein, doch haben wir einen Religionsunterricht, der unser Kinder aufbaut. Haben unsere Politiker eigentlich keine Themen, die Deutschland und den Deutschen nützen? Das lachhafte Hickhack um den Religionsunterricht zeigt mir wieder einmal, dass die Politiker in Deutschland derzeit nicht mehr bereit oder in der Lage sind, Probleme mutig anzugehen. Statt dessen weichen sie auf Nebenschauplätze aus, wo sie billigen Beifall bekommen.

Sport hat etwas damit zu tun, in Bewegung zu bleiben, und da dies möglicherweise alleine nicht sehr interessant ist, braucht man Mannschaften (heißt dies Wort noch „Mann“-schaften?) und Wettbewerbe. Nun, und weil Wettbewerbe auch nicht interessant sind, wenn keiner hinguckt, braucht man Stadien, in denen man Sport begucken kann. Sie ahnen, was jetzt kommt? Klar, und weil nicht jeder da hinkommt, wo der Sport ausgetragen wird, braucht man Öffentlichkeit. Seit jemand eine Kiste erfunden hat, aus der Bilder auch ins Haus kommen, sitz man also auf dem Sofa und glotzt die Bilder an.

Athletinnen und Athleten werden dabei von ganz nahe gezeigt, und da Sport (das ahnten sie auch schon, nicht wahr?) ein gigantisches Geschäft ist, wollen die Damen und Herren auch schön sein, weil man da bessere Werbeinnahmen hat.

Markige Muskelmänner für die Zuschauerinnen, sehnige Gazellen für die Zuschauer. Freilich verkaufen sich Frauen etwas besser, vor allem, wenn sie schön sind, vor allem, wenn sie wenig Kleidung tragen.

Was bitte, sollen dann die Äußerungen der „Woman’s Sport Foundation“, dass Frauen zu Sexobjekten erniedrigt würden und ihre Leistungen kaum zählen würden? Offenbar hat man dort noch das Sportverständnis des Turnvaters Jahn. Und noch etwas: Wenn eine Frau die schnellste Schwimmerin ist, ist sie die schnellste Schwimmerin, bekommt ein Metallstück um den Hals gehängt und das war es. Glaubt irgendjemand auf der Welt ernsthaft, dass dies für eine intelligente Geschäftfrau auf Dauer befriedigend ist? Sportfunktionäre haben ganz offenbar andere Interessen als Sporler, denn Funktionär bleibt Funtionär, während die sportliche Leistung der Aktiven schnell verraucht ist.

Der Artikel hier ist nicht mehr ganz neu, aber er zeigt die Großmütterliche Tendenz.

Aufgegriffen habe ich das ganze aus der „Badischen Zeitung“ vom 11. April. Die verweist allerdings darauf, dass „die körperlichen Vorzüge der Männer“ in Sportberichten immer häufiger vorkommen. Herausgefunden hat es eine Frau: Bettina Rulofs. Der Artikel der BZ von Bianca Fritz wurde unter dem Titel: "Blonde Haare, lange Beine, kurze Höschen" veröffentlich. Leider kann ich zur „Badischen“ nicht verlinken.

 

Add to Technorati FavoritesMy Popularity (by popuri.us)

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma