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Ich habe mich ja schon hinlänglich darüber ausgelassen, wie konservativ die Juroren der ZEIT offenbar bei ihrer Auswahl waren, oder sagen wir es umgekehrt: Wie wenig progressives, verwertbares Material zum Beispiel beim Thema „Sex“ vorlag, als man den Preis vergab – ich muss mir durchaus an die eigene Nase fassen, lediglich einen zweitrangigen Zufallsbeitrag eingesandt zu haben.

Eigentlich müssten die Damen und Herren, die erotische Blogs führen oder sich sonst wie Gedanken über die Lust machen, nun aufwachen: Erotik, Lust und Sex in Blogs sollte so interessant, so wichtig und qualitativ so hochstehend werden, dass die Lust einen höheren Stellenwert bekommt. Dann dürfte ein solcher Beitrag wie der des diesjährigen Preisträgers eigentlich nur noch unter „ferner liefen“ durchgehen – oder noch besser unter „Thema verfehlt“.

Es wird Zeit, dass wir in unseren Lebensäußerungen endlich im 21. Jahrhundert ankommen. Dem Autor des preisgekrönten Artikels ist offenbar noch nicht aufgegangen, dass zwischen „Deep Throat“ (1972) und heute mehr als dreißig Jahre liegen, in dem sich das Leben völlig verändert hat. Auch ist es ihm offenbar unmöglich, wenigstens wahrzunehmen, dass Frauen heute Produzenten pornografischer Filme sind, und dass viele Frauen durchaus Pornografie in ihrem Nachtschränkchen haben – vom Kopf einmal ganz abgesehen.

Gewiss, der Artikel ist gut recherchiert, was die Vergangenheit betrifft – es ist, angesichts der vielen englischsprachigen Quellen, auch nicht sehr schwer gewesen. Und doch haftet dem Artikel das Rasierwasser des Biedermannes an. Pornografie – das bedeutet Frauenverachtung, Drogen, Mafia und Schmutz. Wenn man es nur häufig genug verbreitet, dann wird es vielleicht sogar noch geglaubt.
Marcel Bartels meinte am 9. Jul, 22:37:
Das war ja eher einer der ...
... mutiger ausgewählten Gewinner. Ich finde, Blogs dürfen provozieren, müssen vielleicht gar provozieren und deshalb fand ich diesen Beitrag den passabelsten Beitrag der Preisträger.

Ich wünschte, die Jury hätte in anderen Kategorien ähnlich viel Mut gezeigt, provokant schlechte Weblogs zu prämieren. 
sehpferd antwortete am 9. Jul, 23:00:
Ich bin in diesem Fall
entgegengesetzter Meinung. Der Artikel provoziert überhaupt nicht, sondern bestätigt Vorurteile - und dies noch auf eine äußerst raffinierte Art und Weise. Das "reißerische" am Artikel fiel im Übrigen sogar der Jury auf. 
 

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