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glaube und aberglaube

Es gibt sie in Deutschland, die fanatischen Fundamentalisten, die „Parallelgesellschaften“ aufbauen, in denen Frauen geknechtet und entmündigt werden, dies aber niemals zugeben dürfen.

Die „taz“ hat eine entdeckt.

Das Abfälligste und gleichwohl Verblüffendste, was ich jemals über die christliche Religion hörte, war der Satz eines Redakteurs in einer kalten Winternacht in der „Neuen Vahr“ zu Bremen, der schlicht sagte, er habe noch nie verstanden, warum man hierzulande eine Religion aus dem Orient pflege.

Tatsächlich kommen Kultur, Sittengeschichte und Lehrbuch aus der Levante, also dem Morgenland. Gerade jetzt hören wir wieder die blumige Erzählung von der Geburt des Religionsstifters, wie sie Lukas erzählt hat, der sie für Theophilus aufschrieb. Nicht, dass wir diese Geschichte nicht lieben würden. Bei Matthäus kommen gar noch „Weise aus dem Morgenland“ dazu, die ihm „Gold, Weihrauch und Myrrhe“ schenkten. Alles zusammen gibt dann das romantische Weihnachten, wie wir es kennen: Das Paar, die Krippe, der Religionsstifter als Säugling, die Hirten, Engel, drei „heilige Könige“, Esel und Kuh.

Wenn doch schon die mosaische und die christliche Religion aus dem Orient kommen und wie beide Religionen in diesem Land als prägend für unsere Kultur ansehen, warum darf dann bitte nicht auch noch eine dritte religiöse Kultur aus dem Orient in Europa einziehen?

Ich weiß, was sie sagen werden: Nur der Religionsstifter sei aus dem Orient, die Religion selbst sei aber weitgehend in Rom geprägt worden und damit abendländisch. So kann man sich eben alles so zurechtlegen, wie man es gerne hätte.

Antony Flew ist ein atheistischer Philosoph, und wenn man dem „kath.net“ Glauben schenken würde, dann hätte er gerade die Existenz Gottes in Erwägung gezogen. Was er wirklich gesagt hat und gegenüber einem Freund auch wiederholen mochte, steht hier.

Das Netz der Katholiken freilich interpretierte es anders: Demnach habe Flew seine Meinung über Gott geändert, nachdem „biologische Forschungen“ gezeigt hätten, dass eine „Intelligenz“ in das Geschehen der Erschaffung des Lebens auf der Erde eingebunden sein müsse.

Das klingt nun so, als hätte einer der bedeutendsten Köpfe des Atheismus im Alter (er ist inzwischen 81 Jahre alt) plötzlich Gott entdeckt – das Katholikennetz schreibt gar, er habe gerade etwas „bekannt“.

In Wahrheit allerdings hat sich Flew nur ein wenig in der modernen Biologie umgesehen und dabei festgestellt, dass intelligente Prozesse, wie beispielsweise die Wirkungsweise der DNS, das Lebendige gestalten – nicht ganz neu, mit Verlaub. Neu ist nur, dass sich auch Philosophen damit beschäftigen.

Bleibt die Frage, ob dadurch eine höhere Intelligenz bewiesen werden kann - doch dazu müsste man erst einmal definieren, was Intelligenz überhaupt ist – sicher etwas mehr als die bloße Weitergabe von Erbinformationen mit Variationen. Denn obgleich die DNS ein Wunderwerk der Natur sind, dienen sie doch nur der biologischen Informationsverarbeitung: so, wie der Computer, mit dem dies geschrieben wurde, der Informationsverarbeitung für Firmen und Organisationen dient. Wer will, mag sogar einem Teesieb noch Intelligenz zuschreiben.

Ob das alles mit Gott irgendetwas zu tun hat? Ich bezweifele es.

Ein Besucher des Wachfigurenkabinetts von Madame Tussauds in London hat das Problem des Vatikans mit der dort aufgestellten Krippe nach Presseberichten offenbar gelöst: Er schlug der als Maria posierenden wächsernen Victoria Beckham kurzerhand mit der Faust ins wachsweiche Gesicht. Dem Ehemann in Wachs soll er das Gleiche angetan haben. Nach der Entstellung des Paares durch die nämlichen Faustschläge wurde die gesamte Krippe abgebaut – sie sie zu unansehnlich geworden, hieß es seitens des Wachsfigurenkabinetts.

Um die Krippe gab es von Anfang an einen erheblichen Presserummel, der durch die Einlassungen des Vatikans und anderer religiöser Einrichtungen noch verstärkt wurde.

Es geht um das Lukasevangelium und um sonst eigentlich nichts. Nur jener nämlich erzählt ebenso orientalisch wie blumenreich die wundersame Geschichte von der Geburt des Messias – andere haben darüber weitaus weniger gewusst. Natürlich gab es auch schon immer Zweifel, ob jener beliebte Teil des Evangeliums mehr mit dem Christsein oder mehr mit dem Volksglauben zu tun hatte, bei dem „das Kindlein mitten im kalten Winter, wohl zu der halben Nacht“ geboren wurde.

Natürlich gibt es da andere Meinungen. So wurde die Weihnachtsgeschichte gerade als eine der „Basics der Weltreligionen“ bezeichnet. Sei es drum. Für mich besteht die Lehre des Jesus aus seinen (wenigen) Lehrreden und nicht aus der orientalischen Legende, die dem Herrn Lukas eingefallen ist.

Aber darüber wollte ich eigentlich nicht schreiben, sondern über den denkwürdigen Satz eines Schweizer CVP-Politikers, Gerold Laubner. Jener meinte nämlich, das Christkind müsse in der Schule Platz haben.

Aha, das Christkind also. Falls der CVP-Mann den Religionsstifter meint, sollten wir ihm vorsichtshalber mitteilen, dass er dann das wenigstens „das Christuskind“ hätte sagen müssen, was eigentlich auch nicht so ganz richtig wäre: "Jesus, Sohn des Josef", hieß der Neugeborene. „Christus“ bedeutet „der Gesalbte“, und ein derartiger Titel wird nur Erwachsenen verliehen.

Also: „Jesus als Kind“ wäre eigentlich richtig gewesen – und meinetwegen das Jesuskind.

Das Christkind hingegen bringt den süddeutschen Kindern die Geschenke, gerade so, wie es in Norddeutschland der Weihnachtsmann tut. Und das Christuskind im Lied ist eine Verballhornung der Religion: „Alle Jahre wieder kommt das Christuskind“ stimmt nun mal hinten und vorne nicht.

Was bleibt? Weihnachten, natürlich. Aber darüber, dass Weihnachten mit dem christlichen Religionsstifter recht wenig zu tun hat, habe ich ja schon sehr oft geschrieben.

Nein, ganz so dunkel ist es nicht hier in der Gegend von Basel. Die Erwartung der Rückkehr des Lichts? Haben wir nicht elektrische Straßenbeleuchtung?

Ich habe die Vorweihnachtszeit einige Jahre lang in Norwegen, Schweden und Finnland erlebt. Dort empfinden die Menschen das jahreszeitliche Geschehen viel intensiver als hier: Kurze Tage, lange Nächte. Das mag hingehen, wenn man in Oslo oder Helsinki wohnt, wo es Straßenbeleuchtung gibt. Die Menschen in Deutschland ahnen aber kaum, wie einsam viele Norweger, Schweden und Finnen leben: Dort draußen, ja, dort ist zwar Licht, aber nur wenn man es anschaltet: Die gesamte Umgebung ist stockfinster, und der Nachbar, der auch Licht haben könnte, wohnt zwei Kilometer weiter. Ach, was sage ich, zwei? Er kann auch zwanzig Kilometer entfernt sein.

In den Gaststätten und Cafés werden jetzt extra starke Beleuchtungen aufgestellt, die nur im Norden verkauft werden – man braucht schließlich irgendwo Licht, wenn man schon sonst keines hat. Ähnliche Leuchten stehen in speziellen Behandlungsräumen, in denen Winterdepressionen mit Lichttherapie behandelt werden. Es ist ganz normal, nichts Besonderes. Hat eine Ortschaft genügend junge Mädchen, kann eine Lichterkönigin gekürt werden, die zeigen soll, dass es einst wieder Licht, Schönheit und Fruchtbarkeit geben wird.

Am Ende gieren alle nach Licht, warten auf die Wintersonnenwende, durchtrudeln die „wiehen Nachten“ mit fettem Schweinefleisch, Schnaps und Glühwein und finden sich erst Mitte Januar im neuen Jahr wieder, wenn man so richtig merkt, dass die Tage wieder länger werden.

Wer einmal dort gewesen ist, weiß, dass es einen tieferen Sinn der Weihnachtszeit gibt, dass er in den Menschen dieser Regionen verwurzelt ist und dass dies alles mit dem Christentum so gar nichts zu tun hat. Man spürt, wie viel sinnreicher die alten Religionen für die Menschen sein können, wenn es um den Wechsel der Jahreszeiten geht.

Ob man dort nicht christlich ist? Doch, selbstverständlich. Lutherisch zumeist. Und weil Weihnachten eben auch ein christliches Fest ist, fährt man weit, um in die Kirche zu gehen und dort Menschen zu treffen – und die Verstorbenen zu ehren. Die Kirche muss dabei in hellstem Licht erstrahlen, sonst ist nicht Weihnachten, und auch den Toten schenkt man ein Licht in dieser Zeit.

"Anders als im Christentum, ist im Judentum Lust in der Ehe so wichtig wie Liebe. Darum verbietet Gott im neunten Gebot, die Frau unseres Nachbarn zu begehren – es ist die eigene Frau, die wir begehren sollen".

(Zitat von Rabbi Shmuley Boteach, aus „Jewsweek“)

Frage ich mich doch: Warum verbietet derselbe Gott in derselben Schrift den einen, was er den anderen erlaubt? Oder habe ich jetzt etwas falsch verstanden? Um dem Bibel-Clan vorzubeugen: Ich kenne die Briefe der einschlägigen so genannten Apostel.

Kaum ein anderer Begriff wird so oft missbraucht wie „das Wort Gottes“. Gemeint ist damit stets „die Bibel, so wie ich sie verstehe“, und verstehen kann sie schließlich jeder so, wie er will. Nur schade, wenn junge Menschen durch Manipulateure zu einem einseitigen Bibelverständnis geführt werden. DIE ZEIT berichtet eine Spur zu wohl wollend über eine dieser einseitigen Gruppierung, auf die das Wort "christliche Abweichler" wohl besser zutrifft.

Indessen wird es heiter, wenn man dies liest:

„Die texanische Gouverneurin Miriam Ferguson ... sprach sich gegen das Lehren von Fremdsprachen an den Schulen aus. Ihre Begründung: „If English was good enough for Jesus Christ, it's good enough for us“.

Nun ja, sicher: Jesus Christus hat englisch gesprochen, was eigentlich sonst?

Wie schön, wenn man so gute Quellen hat: Das kath.net hat sie, und die Quelle heißt BILD-Zeitung. Eben jener BILD-Zeitung hat gerade ein blauäugiges Unschuldslämmchen gesagt, dass sie noch Jungfrau sei, und dass Gott in ihrem Leben eine zentrale Rolle spiele. Sie hatte freilich auch noch mehr zu sagen, Verständlicheres, wie ich meine. Aber das sagte sie der „Leipziger Volkszeitung“. Die wird beim Katholikennetz nicht zitiert.

Caroline Trautmann, wie das schöne Mädchen mit bürgerlichem Namen heißt, ist Mitglied der evangelischen Brüdergemeinde, einer christlichen Gruppe, die besser als „Pietisten“ bekannt sind. Obwohl diese Gruppen auch durchaus unterschiedlich denken und handeln, halten sie im Allgemeinen weltliche Vergnügungen für Sünde: Die meisten Eltern verbieten ihren Kindern sogar, tanzen zu gehen.

Fragt sich, was ein junges Mädchen im Milieu der Misswahlen tut, wenn sie denn so religiös ist: Das passt, mit Verlaub, wie der Fisch aufs Fahrrad. Außerdem, und dies ultimativ: Es gibt nicht ein einziges Christuswort, das besagt, dass junge Mädchen als Jungfrauen in die Ehe gehen müssen. Wenn man sich natürlich schwammig auf „die Bibel“ beruft, dann ist immer alles möglich.

Ach, lesen sie doch selbst, sie werden ja wahrscheinlich Christ sein und eine Bibel besitzen.

Also, liebe WELT, eine etwas distanziertere Berichterstattung hätten wir uns doch gewünscht – wenn wir die Propagandaorgel der katholischen Kirche hören wollen, dann wissen wir, wo „kath.net“ ist.

Nun denn. Also fand die Claudia Knoll zu Gott, arbeitet seither „hart an der christlichen Front“ und bringt „jungen Mädchen auf der Strandliege den christlichen Glauben nahe ...“, wobei sie „großen Erfolg“ hat, weil „einige junge Frauen“ ins Kloster eintraten.

Kein Kommentar vom Sehpferd, außer einem Hinweis: Wenn eine dieser obskuren evangelisch orientierten Sekten das Gleiche tun würde, es wäre nicht etwa das Selbe? Oder doch?

 

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