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Man mag über das Blog von Don Dahlmann denken, was man will, das Kerlchen hat einen scharfen Verstand. Mir fiel dies auf (Zitat kursiv):

Dass man früher ernsthaft geglaubt hat, dass die Deutschlehrer/innen wirklich gewusst haben, was im Kopf eines Autors vor sich ging, als er einen Text geschrieben hat, ist auch so eine der Lügen, über die man erst sehr viel später lachen kann.

Ergänzen mag ich erstens dazu, dass dies nicht nur für die Autoren, sondern mehr noch für die Musiker und Maler gilt. Und zweitens versuche ich einmal, dem Don zu erklären, dass es nicht „die Deutschlehrer/innen“ sind, die dergleichen Unsinn ursächlich verzapft haben, sondern die deutschen Universitäten, an denen sie ausgebildet wurden: Der Fisch stinkt immer vom Kopf.

Meine persönliche Meinung letztlich noch zu dem Komplex: Lasst uns doch bitte alle und für immer vergessen, was eine Dame oder ein Herr Autor gemeint, gedacht oder gewollt haben: Sie haben es für uns geschrieben, nicht für sich selbst, und sie erwarten, dass wir selber Mensch genug sind, es nach eigenem Belieben interpretieren zu können.
kid37 meinte am 14. Aug, 20:19:
Ja. Aber bitte nicht "nach Belieben". Da wäre ja Tür und Tor geöffnet. Ich glaube, es sind auch weniger die Unis schuld, als Referendariatszeiten und Curriculae.

An den Schulen dann wird vergessen, daß es nicht um die Vermittlung von vorgeblich für alle Zeiten feststehenden Antworten geht, sondern um die Vermittlung von Techniken. 
sehpferd antwortete am 14. Aug, 20:29:
Zustimmung und ein kleiner Einwand
Dem stimme ich zunächst vorbehaltlos zu. Wer über das notwendige Werkzeug verfügt, Schriften, Musikstücke und Gemälde zu analysieren, hat sicher einen Vorteil als Journalist, Musikkritiker, Kunstexperte oder Lehrer.

Abseits von diesen Berufen gebe ich aber zu bedenken, dass einem ein Kunstwerk auch einfach gefallen kann, ja, dass man sich sogar darin verlieben kann – und das empfinde ich persönlich als noch aufregender. 
kid37 antwortete am 14. Aug, 20:55:
Das liest sich, als würde das eine das andere ausschließen. Dem ist aber nicht so. Viele modernen Kunstwerke lassen sich in ihrem sinnlichen Reiz ja erst durch Analyse erschließen. Zumal bei Werken, in einer Zeit, die eben keine einfachen Antworten mehr bereithält.

Ich habe viel mehr Angst vor Schülerhorden, die die Schule mit dem unumstößlichen Wissen verlassen, Schriftsteller X hat in seinem Werk Y genau die eine Meinung Z vertreten - denn der Lehrer hat es gesagt. (-innen immer mitgedacht, selbstverständlich.) 
sehpferd antwortete am 14. Aug, 21:42:
Mal ein Abweg zum Ziel
Natürlich schließt das eine das andere nicht aus, aber um eine Frau zu lieben, muss man weder Detailkenntnisse über Anatomie noch über Psychologie haben – schaden tut es freilich auch nicht. Mit der Kunst ist es ganz ähnlich, und obwohl ich in der Lage wäre, ein Bild zu analysieren, schenkt mir doch die Liebe zur Malerei oft mehr. Es ist eben der sinnliche Umgang mit der Kunst, der mich persönlich begeistert, nicht die Analyse. Hinzu kommt, dass während der Kunstbetrachtung, mehr aber noch beim Genuss von Lektüre oder Musik, auch ein Kommunikationsprozess abläuft. Auch er ließe sich analysieren, aber, Hand aus Herz: Wer möchte das schon? Es wäre so, als würde man mit seiner Geliebten hernach den Prozess des Vollzugs des Liebesaktes diskutieren – ein scheußlicher Gedanke. 
 

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