Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – meist sonntags (diesmal nicht)
Was mich bewegte in der letzten Woche? Vor allem Sein und Schein. Wer mit dem Internet zu tun hat, wird immer wieder mit diesem Thema konfrontiert werden.
Zunächst einmal brauche ich eine vernünftige Begründung, warum ich überhaupt im WEB bin. Dann muss ich festlegen, als was ich dort bin. Erfinde ich eine Person, und behaupte, dass diese Person ein Tagebuch führt, so bin ich Autor – und es wäre ganz ähnlich, als ob ich ein Buch in Tagebuchform schreiben würde, das nicht meine eigenen Erlebnisse widerspiegelt – nicht eben unüblich für Autoren. Schreibe ich hingegen mein „tatsächliches“ Tagebuch, so bin ich tatsächlich nur eine dieser nach zehntausenden zählenden langweiligen Menschen, die eben auch Tagebücher schreiben. Es sei denn, ich hätte wiederum literarische Qualitäten, oder die Neugierigen würden es verschlingen – so, wie sie „das Goldene Blatt“ lesen, zum Beispiel.
Auch das eigene Tagebuch hat seine Tücken: Bin ich zu ehrlich, bin ich meist sowohl langweilig als auch angreifbar. Langweilig, weil ich dauernd schildern muss, dass in meinem Leben nichts passiert, und angreifbar, weil ich offensichtlich nichts dagegen unternehme. Also muss ich meine Person neu erfinden: Interessant sein, ein paar intime Einblicke gewähren, dies mit ein paar mehr oder weniger interessanten Gedanken füllen, die viele Leser anlocken. Selbst mein Lebensschmerz muss sorgfältig herausgearbeitet werden, damit vermeintliche Freundinnen und Freude angerauscht kommen, um mich zu lesen.
Was sind also die Personen, die ihr Intimleben in die Welt hinaus schreiben? Sie sind Mogler, die ein Leben erfinden, das vielleicht hin und wieder mal so war, aber eben keinesfalls beständig so gewesen ist – und vor allem – das jetzt und hier nicht so ist. Die Prinzessinnen und Prinzen unter ihnen können freilich auch aus ihrem Alltag noch ein halbes Dutzend Geschichten pro Woche herauspressen. Sie bestehen dann aus einer merkwürdigen Melange aus Dichtung und Wahrheit, die durch geschicktes Auslassen und Hinzufügen gewonnen wird.
Das, freilich, ist nur der eine Teil, der liebevollere, wenn man so will. Wir sehen jetzt, kurz vor der möglichen Wahl, wieder Meinungsbilder, die wir bisher nur an den Stammtischen vermutet hatten, bei denen ausschließlich Bier ausgeschenkt wird und davon vie zu viel. Da schreiben Leute unter irgendwelchen Pseudonymen mit getürkten oder jedenfalls wertlosen Email-Adressen ihren Hass aus dem Bauch, und die Objekte des Hasses sind zumeist Ausländer, Unternehmer oder Liberale. Das Schlimme. So etwas kommt an, wird teils begierig aufgenommen. Da werden selbst EG-Europäer plötzlich als „Leute aus dem Ostblock“ bezeichnet, Kapitalgesellschaften inklusive der kleinen GmbHs werden zu „Kapitalisten“ und die Liberalen, die letzten Anhänger von „Freiheit Gleichheit und Brüderlichkeit“ werden alle als Neoliberale gebrandmarkt. In etwa gleichem Atemzug wird wieder die „eigene Scholle“, heute „Region“ genannt, verherrlicht, der Inländer für sein wackeres aufrechtes Denken gelobt, die kleine geschlossene Welt abgelegener Dörfer und Lebensgemeinschaften als Musterbeispiele hervorgezerrt und „Erwerbsarbeit“ als ein wenig erstrebenswerter menschlicher Unwert bezeichnet.
Wenn es all diese Spinner nur gäbe, es wäre nicht so schlimm. Wirklich schlimm ist, dass ihr trübes Gedankengut aufgefischt wird, von WEB-Autoren und Kommentatoren mit einem Heiligenschein versehen wird und so in seriöse Blogs und Foren gerät.
Einen schönen Sonntag? Nein, heute nicht. Aber überwiegend, weil ja schon Montag geworden ist.
Was mich bewegte in der letzten Woche? Vor allem Sein und Schein. Wer mit dem Internet zu tun hat, wird immer wieder mit diesem Thema konfrontiert werden.
Zunächst einmal brauche ich eine vernünftige Begründung, warum ich überhaupt im WEB bin. Dann muss ich festlegen, als was ich dort bin. Erfinde ich eine Person, und behaupte, dass diese Person ein Tagebuch führt, so bin ich Autor – und es wäre ganz ähnlich, als ob ich ein Buch in Tagebuchform schreiben würde, das nicht meine eigenen Erlebnisse widerspiegelt – nicht eben unüblich für Autoren. Schreibe ich hingegen mein „tatsächliches“ Tagebuch, so bin ich tatsächlich nur eine dieser nach zehntausenden zählenden langweiligen Menschen, die eben auch Tagebücher schreiben. Es sei denn, ich hätte wiederum literarische Qualitäten, oder die Neugierigen würden es verschlingen – so, wie sie „das Goldene Blatt“ lesen, zum Beispiel.
Auch das eigene Tagebuch hat seine Tücken: Bin ich zu ehrlich, bin ich meist sowohl langweilig als auch angreifbar. Langweilig, weil ich dauernd schildern muss, dass in meinem Leben nichts passiert, und angreifbar, weil ich offensichtlich nichts dagegen unternehme. Also muss ich meine Person neu erfinden: Interessant sein, ein paar intime Einblicke gewähren, dies mit ein paar mehr oder weniger interessanten Gedanken füllen, die viele Leser anlocken. Selbst mein Lebensschmerz muss sorgfältig herausgearbeitet werden, damit vermeintliche Freundinnen und Freude angerauscht kommen, um mich zu lesen.
Was sind also die Personen, die ihr Intimleben in die Welt hinaus schreiben? Sie sind Mogler, die ein Leben erfinden, das vielleicht hin und wieder mal so war, aber eben keinesfalls beständig so gewesen ist – und vor allem – das jetzt und hier nicht so ist. Die Prinzessinnen und Prinzen unter ihnen können freilich auch aus ihrem Alltag noch ein halbes Dutzend Geschichten pro Woche herauspressen. Sie bestehen dann aus einer merkwürdigen Melange aus Dichtung und Wahrheit, die durch geschicktes Auslassen und Hinzufügen gewonnen wird.
Das, freilich, ist nur der eine Teil, der liebevollere, wenn man so will. Wir sehen jetzt, kurz vor der möglichen Wahl, wieder Meinungsbilder, die wir bisher nur an den Stammtischen vermutet hatten, bei denen ausschließlich Bier ausgeschenkt wird und davon vie zu viel. Da schreiben Leute unter irgendwelchen Pseudonymen mit getürkten oder jedenfalls wertlosen Email-Adressen ihren Hass aus dem Bauch, und die Objekte des Hasses sind zumeist Ausländer, Unternehmer oder Liberale. Das Schlimme. So etwas kommt an, wird teils begierig aufgenommen. Da werden selbst EG-Europäer plötzlich als „Leute aus dem Ostblock“ bezeichnet, Kapitalgesellschaften inklusive der kleinen GmbHs werden zu „Kapitalisten“ und die Liberalen, die letzten Anhänger von „Freiheit Gleichheit und Brüderlichkeit“ werden alle als Neoliberale gebrandmarkt. In etwa gleichem Atemzug wird wieder die „eigene Scholle“, heute „Region“ genannt, verherrlicht, der Inländer für sein wackeres aufrechtes Denken gelobt, die kleine geschlossene Welt abgelegener Dörfer und Lebensgemeinschaften als Musterbeispiele hervorgezerrt und „Erwerbsarbeit“ als ein wenig erstrebenswerter menschlicher Unwert bezeichnet.
Wenn es all diese Spinner nur gäbe, es wäre nicht so schlimm. Wirklich schlimm ist, dass ihr trübes Gedankengut aufgefischt wird, von WEB-Autoren und Kommentatoren mit einem Heiligenschein versehen wird und so in seriöse Blogs und Foren gerät.
Einen schönen Sonntag? Nein, heute nicht. Aber überwiegend, weil ja schon Montag geworden ist.
luise meinte am 18. Jul, 18:32:
Fein gesagt, mal wieder. Die hellen und die dunklen Seiten, und dazwischen die halbschattigen. Trotzdem eine schöne Woche.