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Die deutschen Blogger erleben gerade etwas, das ihnen nicht gefallen dürfte: Sie bekommen den Wind von vorn. Erst war es Jean-Remy von Matt, der sie wütend als Klowandschreiber bezeichnete und jetzt ist es die Süddeutsche Zeitung, die erstmals öffentlich das Wort „Geschwafel“ im Zusammenhang mit Blogs benutzte.

Wer allerdings genau hinschaut, sieht schnell, dass gar nicht „die Blogs“ gemeint sind, sondern eine Gruppe, die offenbar von einem religionsähnlichen Sendungsbewusstsein besessen ist – freilich nicht nur in Deutschland, sondern rund um den Globus.

Gleich, ob man nun religionsähnliche Bewegungen akzeptiert oder ablehnt – gemessen werden die Blogs nach wie vor an ihren Inhalten. Der Weihrauch, den einige Blogs verbreiten, verfliegt schnell, vor allem eben, wenn der Wind von vorne weht.

Ich habe schon lange nichts mehr über Blogs geschrieben, weil mich das Thema langweilt. Jetzt bin ich wieder darauf gestoßen worden, weil ich nach wie vor VOWE lese, schon wegen der Beiträge von Cem Basman aka Jim. Über dieses Blog fand ich dann einen Beitrag von Alex Rühle mit dem Titel: „Ritter der Schwafelrunde“. Gemeint sind Blogger, wer sonst, und zwar namentlich solche Blogger, die glauben, sie wären schon was, nur weil sie auf den großen Haufen scheißen.

Wörtlich klingt es vornehmer:

„Aber der narzisstische Glaube vieler Blogger, schon im Moment ihrer Blogeröffnung eine kritische politische Gegenöffentlichkeit zu sein, die implizite Behauptung, das Medium selbst sei Garant für bestechend unabhängige Qualität und ritterliches Tun, kann ermüden.“

Kann? Nun ja. Blogs, die nichts als Meinungen verbreiten, ermüden ohnehin.

Zuerst gefunden bei VOWE.

Zitat Anfang:

Ja, so ist das nun alles?, sage ich und hole ganz tief Luft und dann bin ich ruhig und mag nichts mehr sagen, nicht, weil ich nichts mehr zu sagen hätte, sondern weil ich keine Worte mehr übrig habe.

“Und nun“?, fragt sie. „Was, und nun“?, frage ich zurück. „Was wirst du nun tun“?, fragt sie. Ich lache kurz und abgehackt. Ha-Ha-Ha. Wie eine Krähe im verwilderten Birnbaum, wenn jemand sich auf dem halbherzig asphaltierten Fußweg nähert. Krah-Krah-Krah.


Zitat Ende. Der Text ist eigentlich viel länger.

Nicht mehr gefunden bei „Slippery when wet“. Schade. „Das Weblog wurde deaktiviert“. Auch schade. Vor ein paar Tagen habe ich sie noch gelobt – denn sie konnte doch wirklich schreiben, jene Dame, die ich hier unter vielen Identitäten gerne gelesen habe.

Manchmal denke ich, dass all die nachdenklichen, literarisch mindestens akzeptablen erotischen Blogs verschwinden. An ihre Stelle treten Masseninformationen (wie ich sie bis vor kurzem auch verbreitet habe), dumme Sprüche, nette Sprüche – aber letztlich nichts mehr, was man in einem Salon vortragen möchte.

Ich denke darüber nach, auch noch meine letzten Brücken zu diesem Metier abzubrechen – doch da ich mich für Menschen interessiere, will ich bisweilen auch wissen, was in den Hirnen vorgeht, wenn die Genitalien in voller Aktion sind. So werde ich wohl weiter Erotikblogs lesen.

Ich hätte erstens nicht gedacht, dass ich noch einmal im Leben mit dem Schockwellenreiter übereinstimmen würde und zweitens hätte ich auch nicht gedacht, dass sich mein Beitrag über Toleranz so schnell am lebenden Beispiel bewahrheiten würde.

Noch einmal, zum langsam mitdenken: Toleranz ist nicht schon gut, weil der Begriff diesen humanistischen Weihrauch hat. Wenn ich toleriere, ertrage ich, dass meine Werte nicht auch vom Nachbarn angewendet werden – oder aber: Ich akzeptiere sein Anderssein, was ein bisschen mehr ist als Toleranz.

Nur: Es gibt keine Toleranz, Menschen von der Kommunikation auszuschließen. Deshalb – und aus keinem anderen Grund - darf in einer Berliner Schule auf dem Schulhof nur noch Deutsch gesprochen werden – eine ausgesprochen kluge Entscheidung, bei der man fürs Leben lernen kann: Man spricht in der Sprache miteinander, die alle verstehen. Das ist wohl das simpelste Gebot der Höflichkeit.

Der Schockwellenreiter sieht das ein und ich kann nur sagen: Danke. Und den Jusos, die diesen schrecklichen Unfug verfasst haben, sollte man mal sagen: Leute, lernt mal, wie man miteinander umgeht - dann versucht es mal mit echter Toleranz – und dann verfasst Pressemitteilungen.

Wie man von aus dem Stand auf Platz 26 der Blogcharts kommt

Suchen Sie sich ein Opfer. Es kann ruhig mäßig populär sein, Hauptsache, es hat etwas gegen Blogger gesagt. Platz 26. Vorher Nix.

Wie man in den Blogcharts bleibt, auch wenn man (fast) nichts tut

Totgesagt leben länger. Wenn Sie einmal populär waren, können sie lange in den Charts bleiben – schreiben müssen Sie eigentlich nichts mehr – wozu auch? Platz 45, worher Platz 40.

Wie man nur einmal etwas wirklich Populäres schreiben muss

Schreiben Sie einmal im Leben etwas, was zufälligerweise einem Journalisten in die Hand fällt, bei dem es dann andere Journalisten lesen, bei denen es wieder Journalisten lesen. Danach können sie plappern, was sie wollen: Platz 2. Vorher auch Platz 2.

Ich kann auch bei sehr sorgfältiger Prüfung kaum einen Unterschied zwischen einem „typischen“ Blogger und einem Sektenanhänger feststellen: Beide predigen Ihre Art von Wahrheit an den Straßenecken – und glauben, nur weil sie das tun, wären sie schon Jesus Christus ähnlich geworden.

Nachdem ich wirklich viel über den Konflikt zwischen Jean-Remy von Matt und einigen Bloggern (keinesfalls allen Bloggern) nachgedacht haben, will ich Ihnen noch dies sagen. Der Konflikt wird in Art und Inhalt bei weitem überschätzt. Wer kein Blogs liest, wird ihn sogar kaum wahrgenommen haben, und wer ihn dennoch wahrgenommen hat, wird ihn nicht als wirklich wichtiges Ereignis registriert haben.

So gebührt denn Jens Scholz das fragwürdige Verdienst, einen Sturm im Wasserglas erzeugt zu haben – wenn man weiß, wo das Wasserglas stand. Der Rest der Welt mag fragen, wie ich auch: Haben Blogger eigentlich nicht mehr im Kopf, nichts Anderes, nichts Besseres?

Inzwischen hat sich Herr von Matt zu Wort gemeldet und sich entschuldigt. Er hat damit nichts erreicht, denn nun regnet es wieder Häme – das hätte er sich denken können.

Der "Fall" Jean-Remy von Matt contra Blogs contra Jean-Remy von Matt ist nichts mehr als ein Schauspiel, eine Inszenierung einzelner Blogger. Mag da lachen, lächeln, grölen und feixen, wer will: Ich für meinen Teil schalte solchen Unsinn einfach ab.

Der Schockwellenreiter weist auf einen zwar reichlich abstrusen, aber offenbar auf Tatsachen basierenden Artikel „Ist die Blog-Zukunft weiblich?“ im Schweizer BLICK hin. Demnach gibt es in der Schweiz bestenfalls 1000 „aktive“ Blogger, was der „Blick“ noch mit einem dicken Fragezeichen versieht. Ganz im Stil von „Blick“ hat man natürlich darauf geachtet, dass Schweizer Naturschönheiten gut ins Bild kommen – und im Blog „kaffiundzigi“ gibt es davon natürlich noch mehr Bilder.

Das relativ triviale Ergebnis der in Deutschland und Österreich mit Pauken und Trompeten angekündigten Studie, auf die sich der Artikel bezieht, finden Sie im Übrigen hier. Ich habe die Teilnahme verweigert, weil man mir nicht plausibel machen konnte, wem die Studie nützt. Jetzt bin ich mir sicher: niemandem.

No, just a joke brought to you by Volker Weber (VOWE)

Die Times-Redakteure bloggen unter anderem auch – würden Blogger behaupten. In Wahrheit nutzen sie die Form des Blogs für die täglichen Marginalien - das amüsiert Leser, die nicht ganz so tief in die Tinte getaucht werden wollen.

Damen können es sich besonders bequem machen: Sam Lyster (Sam ist nicht zwangsläufig ein Männername, meine Damen) schreibt nämlich dort fast täglich über das eigentliche Lustobjekt der Frauen: Schuhe.

Nicht wie hin. Oder auch hier hin.

 

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