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Jetzt wissen wir es genau: Die Phrasen aus den Katastrophengebieten kommen von „satte(n) Touristen in heil gebliebenen Hotels“, die „den Reportern in die Blöcke diktierten“. Nein, der Satz stammt nicht aus dem „Neuen Deutschland“, sondern von RAINER SCHAUER, seines Zeichens Kolumnist bei der „Frankfurter Rundschau“, und dann folgt eine Belehrung in deutscher Moral: Es ist nicht gut an den Stränden zu bleiben, auch wenn man dort vom Tourismus lebt, weil vom Tourismus leben nur dann gut ist, wenn die Einheimischen auch erheblich davon profitieren und nicht nur die Brosamen aufsammeln, die auf den Restauranttischen übrig bleiben.

Was bitte nützt einem Hotelangestellten, einem Fischer, einem Kleinbauern oder einer Hure (ich verwende die Vorgaben) in den katastrophengebeutelten Küstenstädten, wenn die Gäste fortbleiben? Es bringt ihn sie um ihr Einkommen, das sie gerade bitter nötig brauchen – und nicht nur sie. Denn von ihrem Geld leben auch noch andere – und sie können nun wieder damit beginnen, sich Existenzen aufzubauen. Offensichtlich ist „Wirtschaft“ für die Gourmetmoralisten ein unbekanntes Wort.

Es ist wieder die Zeit der Betroffenheitskostüme. Plötzlich ist Tourismus wieder schlecht, weil die Menschen vor Ort eigentlich kaum Geld damit verdienen, denn „den Reibach machen in erster Linie ausländische Reiseveranstalter, Fluggesellschaften und Hotelketten“, und dann werden noch die dänischen Molkereien, schottischen Destillen und französischen Käsereien erwähnt, die ebenfalls verdienen. All dies hätte man auch zu anderen Zeiten schreiben können. Aber jetzt – jetzt macht es sich natürlich besser.
 

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