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Durch das steuernde Hirn scheinen sich glühende Drähte zu ziehen, während das optische System wechselnde Bilder liefert: Mal der Rechtseindruck, mal der Linkseindruck, dann wider Stereo. Die Worte anderer brauchen deutlich länger, bevor die müde Denkmaschine die Lautzeichen in Gedanken übersetzt, verarbeitet, umsetzt, wieder in Worte fasst. Ab dem Nachmittag bringt der Schlaf wirre Bilder, die wie Etiketten auf Kästchen kleben. Gelegentlich klappen sie auf und erlauben einen Blick auf ihre Inhalte: Fragmente des Lebens, der Fantasie, des Fieberwahns. Je später es wird, um so mehr rauben die nun wieder rot glühenden Drähte jeden Schlaf. Wasser trinken. Schlafen. Wasser trinken, Aspirin und doch kein Ende.

Am dritten Tag untersucht mich ein alter deutsch sprechender Professor, so, wie er die Menschen vor 40 Jahren schon untersucht haben mag: Befragen, Betasten, Erkennen. „Tut diese Stelle weh?“ „Ja.“ „Nur diese Stelle?“ „Ja“. „Diese Stelle nicht?“ „Nein.“ „Diese auch nicht?“ „Nein“. „Also nur diese?“ „Ja“.

Der Professor schreibt eigenhändig auf einer Reiseschreibmaschine, blättert minutenlang in zwei Arzneibüchern, schreibt weiter, blickt schließlich auf: „Sie bekommen eine gute Kur“ – und nach einer Weile, wie um sich zu entschuldigen: „Es ist eine gute Kur, aber eine sehr harte Kur – Sie hatten zu viel Fieber, deshalb brauchen wir jetzt schnelle Resultate“.

Drei Tage noch leide ich, teils unter der Krankheit, dann mehr und mehr unter der Therapie. Am vierten Tag kann ich wieder frei atmen, die Sonne genießen, längere Zeit spazieren gehen, Kräfte für den Alltag zurückgewinnen. Es ist mittlerweile Samstag, die Beine tragen mich wieder für ein paar Stunden, und wir haben herrlichen Sonnenschein: Heute wird richtig gegessen, abends in der Budapester Innenstadt, mitten im Leben.
 

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