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In der Stockholmer Innenstadt hat ein Pärchen auf eigenartige Weise gegen die Wohnungsnot protestiert: Sie praktizierten öffentlichen Sex auf dem populären Sergelsmark. Während einige Stockholmer empört reagiert haben sollen, ergötzten sich andere an dem nicht nur für die Jahreszeit ungewöhnlichen Schauspiel. Die Polizei soll über eine Stunde gebraucht haben, bevor sie das Pärchen von ihrem Treiben abhalten konnte.

Gelesen in mehreren Presseberichten, unter anderem hier - wer die schwedische Sprache beherrscht, wird auch beim Originalbericht fündig, nämlich beim Aftonbladet - mit Fotos, die allerdings ziemlich undeutlich zeigen, was passierte.

Deutlichere Bilder sind jetzt auf der Webseite von Jörgen Bergström zu sehen.

„Sex on the Beach”, “Blowjob” und “Screaming Orgasm” sind nicht unbedingt Namen für geschlechtliche Betätigungen, sondern sie werden von Barkeepern auch als Markenzeichen für Cocktails verwendet. Doch was dem Barmann recht ist, ist der Getränkeindustrie noch lange nicht billig: Der Hersteller „Strelley Enterprises“ aus dem britischen Chesterfield musste gerade erfahren, dass er seine Produkte „Slow Comfortable Screw“, „Screaming Orgasm“ und „Sex on the Beach“ umbenennen muss: Zugeschlagen hatte die „Portman Group“, eine Art Selbstkotrollinstanz der Getränkeindustrie. Betroffen ist auch der Hersteller „Fun Drinks”, der ein Getränk Namens „Quickie“ verkauft. Der Bann gilt freilich nur für Fertiggetränke, sodass man Quickys nicht mehr an der Ladenkasse bekommen kann. Bars sind hingegen nicht betroffen, da sie nicht unter die Hoheit der Kontrolleure fallen.

Im Moment ist man dabei nach neuen Namen zu suchen – aber diese dürfen nicht an „sexuelle Erfolge“ gekoppelt sein. Doch da die Engländer Meister der Wortspiele sind, wird ihnen schon irgendetwas einfallen. Gelesen bei der BBC.

In einigen amerikanischen Schulen brach nach Pressberichten im letzten November eine Hysterie aus: An sich harmlose farbige PU-Armreifen wurden verdächtigt, als Sexlockstoff eingesetzt zu werden. Angeblich konnte man an der Farbe bereits erkennen, was die entsprechenden Schülerinnen im Angebot hatten: Von Freundschaft (weiß) bis zum vollen Erotikprogramm (schwarz) - auch Sehpferd berichtete damals darüber.

Nun hat es auch den puritanischen Teil Norwegens erwischt, genau genommen die
Brattholmen Schule
, deren Direktor Arne Bjoroy, der sich voller Verantwortung für die Jugendlichen hinsetzte und einen besorgten Brief an die Eltern schrieb: Sie mögen doch ihren Kindern verbieten, mit diesen Armreifen in die Schule zu kommen. „Wir erfahren von den Jugendlichen nicht wirklich, was diese Dinge bedeuten“, soll er gesagt haben, aber man habe „verstanden“ um was es bei diesem Schmuck ginge. Und da auch die Provinz in Norwegen eine findige Presse hat, die Internetrecherchen durchführen kann, fand die Tageszeitung Bergensavisen schnell heraus, dass entsetzliche erotische Botschaften von den Armreifen ausgehen.

Das erinnerte mich irgendwie an meine Jugend. Damals war man brav, aber wer nicht so brav war, trug Rock’n Roll Klammern. Die sahen aus wie Wäscheklammern, nur viel kleiner – na ungefähr so, wie die kleinen Exemplare, die man bei Fluggesellschaften zur Befestigung der Servietten bekommt. Diese Klammern hatten auch irgendetwas zu bedeuten, und ich meine, es sei die Zahl und die Farbe gewesen – in jedem Fall ein harmloses Spiel der Jugend. Es erinnerte fast an die Briefmarkensprache – da gab es ja auch so merkwürdige Regeln – wie man sie hinklebte, so liebte man.

Irgendwie scheint alles, was unter Jugendlichen geschieht, bei puritanischen Eltern Entsetzen auszulösen – das scheint in Norwegen nicht anders zu sein als auf der schwäbischen Alb. Die Jugendlichen werden sich wahrscheinlich eins grinsen und sich demnächst etwas Neues suchen, was ihre Lustbereitschaft dokumentiert – wenn Armreifen verboten sind, werden es Ringe sein, und outet man auch Ringe als Lustsignale, werden es Ketten sein, und wird jeder Schmuck verboten, werden entsprechende T-Shirts angezogen. Vermutlich werden die jungen Leute jetzt schon ihre Witze reißen über den Herrn Direktor, und überhaupt: Schwarze Armreifen sind ausverkauft in at Brattholmen, berichtete unter anderem die Aftenposten.

Zu diesem Artikel gibt es noch einen Nachtrag mit weiteren Erläuterungen zum Warheitsgehalt der Mär um die "Sexarmbänder".

Sind Gefühle zuverlässige Ratgeber? Nun, wer dies beantworten will, muss zunächst seinen Erfahrungsschatz befragen und dabei noch vorsichtig sein: Was denn bitte, ist überhaupt ein Gefühl?

Wie Menschen neigen nämlich dazu, nicht vollends bewusste Erfahrungen als „Gefühle“ auszugeben, so, wie wir auch häufig die so genannte nonverbale Kommunikation als „Gefühl“ missverstehen. So ergibt sich, dass sich Menschen als „gefühlsgesteuert“ bezeichnen, die in Wahrheit über wichtige Erfahrungen und eine gut funktionierende nonverbale Kommunikation verfügen. Auch sie können sich täuschen, so wie wir uns alle in unseren Gedanken täuschen können, doch ist es dann der Unterschied zwischen der erlebten Realität und der eigenen Erfahrung, der uns Menschen (ent-)täuscht.

Ein anderer Teil der Gefühle lässt sich nicht so leicht erklären. Er mag, wie uns die Psychotherapie glauben machen will, darin bestehen, dass frühkindliche Erfahrungen erneut angestoßen werden, doch das erklärt nicht alles – man denke nur daran, welche Rolle die Phantasie und die Kreativität im Leben der sinnlichen Menschen spielt: Sie erlaubt, ganze Gefühlszenarien in Bewegung zu bringen, für die es keine „frühkindlichen“ Entsprechungen gibt. Doch das ist nicht alles: das Gehirn wird von biochemischen Prozessen angetrieben, die unsere Gefühle heftig beeinflussen – viel heftiger, als uns gelegentlich lieb ist.

Mehr noch als die Frage, „wie es ist“ beschäftigt mich freilich das Problem, was sich daraus ergibt. Was bedeutet es für uns selbst, unsere Mitmenschen und schließlich für die Menschheit, wenn uns Gefühle täuschen? Darauf kann ich hier keine Antwort geben. Da wohl jeder schon einmal von einem Gefühl getäuscht wurde, ist auch jeder kompetent, eine Antwort zu geben.

Ihren Anfang nahm die Sache hier.

 

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