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“Harlequin Romance Novels” wollen in einer Umfrage festgestellt haben, dass 89 Prozent der spanischen Frauen in ihren Liebesbeziehungen den „ersten Schritt“ zur Verführung tun. Damit lägen die Spanierinnen in der Verführung an der Spitze – weltweit seien es „nur“ 46 Prozent der Frauen, die eine Verführung einleiten würden.

Als „Verführungsverstärker“ setzen nach der gleichen Studie 53 Prozent unserer lieben Mitmenschen weltweit Alkohol ein.

Gelesen in NC Buy

Es gibt noch bei weitem trostlosere Gegenden in Berlin als ausgerechnet Tempelhof – schon nach zwei Tagen ist der Besucher davon überzeugt, wenn er nicht gerade auf Sightseeingtour im Nachtleben der City ist.

Wer weiß, wie der Flughafen Tempelhof heute aussieht, der erwartet auch von der Umgebung nichts: City-Flughafen ja, doch in Wahrheit ähnelt das Ganze eher einem Provinzbahnhof. Wer dort nicht bleiben will, versucht, in den angrenzenden Lokalen einen freundlichen Platz zu finden, doch er wird enttäuscht: in den wenigen Lokalen (es sollen sechs an der Zahl sein) herrscht gähnende Leere. Doch da ist ein Café: ein Wiener Kaffeehaus sozusagen, das einen wundersamen, aber anheimelnden Eindruck macht.

Ein älterer Herr steht auf, wohl der Wirt, fragt, was es sein dürfe. Ich blicke auf den unwienerischen Kuchen, der geradeswegs aus der Konditorei nebenan zu kommen scheint: Essbar, möglicherweise, aber wienerisch keinesfalls. Ich bestelle einen Kaffee, werde gefragt, welchen Kaffee, und denke: doch wienerisch, bestelle eine Melange, woraufhin der Wirt merkwürdig guckt: einen Melange? Woher kennen Sie eine Melange, mein Herr? Nun, aus Wien, entgegne ich, und aus Ungarn, selbstverständlich.

Ich sehe: der Herr ist kein Wiener, kein Österreicher, kein Deutscher, kein Berliner: Bulgare sei er, ein Freund der Künste, Pianist, nun ja, Sammler auch. Redet von Liszt, von Wiener Musik, die eben nur Wiener beherrschen, und von schwarzer Musik, die eben nur Schwarze beherrschen … „oder haben Sie schon einmal einen schwarzen Geiger im Symphonieorchester gesehen?“. Eine Antwort wollte er nicht.

Auf Flohmärkten, so sagte er, kauft er, was hier zu sehen sei: Die Bilder von schönen Frauen zum Beispiel: „Die schönsten Frauen der Welt“, und natürlich ist Sissy auch darunter, nebst mehreren Geweihen von jagdbarem Wild.

Ob ich seine Ikonen gesehen hätte? Er sammle alle Heiligen, freilich vor allem die seiner Kirche, der orthodoxen. „Wissen Sie, wir bezahlen keinen Papst“, sagt er, und dann: „Warum müssen wir Christen in drei Gruppen zerspalten sein?“, doch schnell wechselt er das Thema: „Ein König, ein guter König, das wäre das beste für das Volk“ – einer, der Rosen pflanzen ließe.

Ich verlasse das Lokal, nachdem ich die Zeitung zum dritten Mal gelesen hatte, um die Wartezeit zu verkürzen und betrete wieder die Abfertigungshalle, die einer Bahnhofshalle gleicht: Vielleicht sollte ich ein Lokal eröffnen, in dem Sissy und andere schöne Frauen nebst Geweihen von jagdbarem Wild hängen: jeden Freitag wäre dann eine Gesprächsrunde über die Schönheit der Frauen, die Jagd generell und die Möglichkeit, sich dabei ein Geweih einzuhandeln. Vielleicht auch eher über etwas Anderes.

In den meisten Hotelzimmern hängen entweder gar keine Bilder oder so schlechte Reproduktionen, dass es fast besser wäre, wenn keine dort hingen. In meinem Berliner Hotel hängt allerdings das Bild einer Dame mit üppigen halbnackten Brüsten, die ganz offenkundig drauf und dran ist, den Verführungen eines jungen Mannes zu erliegen – die Röschen hat er ihr mindestens schon in den Schoß gelegt.

Ob das Hotel dies als Anregung gedacht hatte? Jedenfalls fand ich keinen diskreten Hinweis, welche Nummer ich anzurufen hätte, falls ich in eine ähnliche Situation gebracht werden wollte.

Komme ich schon mal nach Hamburg, ist dort die Hölle los – Regierungskrise, nein doch keine, dann wieder eher doch eine, nun schließlich Neuwahlen.

Die Situation, die ich mir, wie immer, von Taxifahrern habe schildern lassen, ist klar: Hamburg hatte die Nase voll von Rot-Grün, und noch heute sagen die Leute angewidert „Igitt“, wenn sie nur das Wort hören: denn Rotgrün bedeutete in Hamburg Stillstand, Kriminalität, Drogen und Einschränkung der Lebensfreude – und das mögen die Hamburger so alles auf einem Haufen nun mal gar nicht.

Deswegen haben sie Herrn Schill und seine Rechtsfreunde gewählt: blinden Auges auf Risiko setzend, haben sie den extremen Rechten die Rathaustüren geöffnet – und waren sogar ganz zufrieden mit Herrn Schill, der eines tat, was nun wirklich nötig war: den Abschaum der Straße von dort zu verbannen, wo die Stadt ihr Tor hat – am Bahnhof. Angeblich auch sonst wo, doch das bliebe noch zu beweisen.

Taxifahrer wissen besser, was Menschen denken: Vor Jahren, so berichtet einer, habe er noch ältere Damen bis auf den Bahnsteig begleiten müssen, wenn sie auf den Zug wollten – heute gäbe es keine Gefahren mehr, den Bahnhofsvorplatz und die Hallen zu durchqueren. Nun, schlimmere Gräuelgeschichten (nicht alle sind freilich wahr) habe ich nicht einmal aus Johannesburg gehört.

Natürlich freuten sich meine Taxifahrer über den zügigeren Verkehr, den Rotgrün (Schande über Grün) aus der Großstadt verbannen wollte, indem man die Straßen verkommen ließ, doch manche wetterten auch nach Kräften über Asylbewerber – ziemlich nahe am Ausländerhass.

Das wichtigste aber: Herrn Schill will hier niemand mehr, und seine Partei auch nicht. Die Frage, wer die Wahl gewinnt, ist auch klar: Umfragen hin, Umfragen her, so die Taxifahrer: Gewinnen wird die Bürgermeisterpartei (CDU) – und vielleicht reicht es sogar zur absoluten Mehrheit.

Wer eine Ungarin sucht, wird wohl kaum auf dem Budapester Flughafen fündig, schon gar nicht bei der Abreise – doch es könnte natürlich daran liegen, dass man bei der falschen Telefongesellschaft ist – das nächste Mal bitte richtig wählen – dann klappt es auch mit der Anmache.

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text und bild (c) 2003 by Sehpferd Press

In Budapest reicht ein Weihnachtsmannmützchen, um den Männern zu sagen, was angesagt ist: Kauft eurer Freundin etwas Schickes: Muss man Ungarinnen nicht zwei Mal sagen - sie lieben es, die Brüste so schön zu verpacken, wie es ihnen möglich ist und sie dabei so weit zu heben, dass sie immer gut im männlichen Blickfeld liegen.

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text und bild (c) 2003 by Sehpferd Press

Wer durch Hannover geht, findet bei Nacht dieses Plakat an den Wartehallen der städtischen Verkehrsbetriebe: Die Botschaft allerdings ist zwiespältig: Entweder zu H&M und etwas für die Damen seines Herzens kaufen oder aber eine Dame fürs Herz (nun ja, vielleicht nicht nur fürs Herz) suchen.

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text und bild (c) 2003 sehpferd press

Die meisten Hotels werben mit Fotos von Strahlefamilien mit Papi, Mami und Töchterchen für die verwaisten Wochenenden. Nichts so das Dorint Hotel - da guckt Mama ziemlich erotisch in die Linse und irgendwie wirkt auch die Situation - nun ja, etwas merkwürdig.

Sicher kommt Frau auch ohne Männer aus, und statt der Tochter kann man ja auch die Freundin auf ein lauschiges Hotel-Wochenende zu zweit einladen: Schließlich geht aus der Werbung ja nicht eindeutig hervor, ob hier Mutter und Tochter gemeint sind. Oder habe ich schon wieder etwas missverstanden?

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(c) für das Original-Foto: Dorint Hotel

Viele Hoteliers haben ihre Häuser in den letzten Jahren dort hin gebaut, wo die Gewerbesteuer niedrig, die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel katastrophal und die Umgebung abscheulich ist. Der Gast, der angeblich sowieso mit dem Auto kommt, hat es hingenommen: irgendwo an öden Stadträndern, inmitten von Super- und Baumärkten, steht ein Betonklotz, der meist schon äußerlich so wirkt, als hätte man mit Gästen nie gerechnet. Würde nicht oben ein klagvoller Name prangen, könnte es auch ein Pflegeheim sein.

Wie jedem Reisenden bekannt, kann man in einem Hotel schlafen, gelegentlich etwas trinken, ab und an wahrhaftig leidlich speisen. Wer einen Salat mit etwas Lachs oder Huhn will, zahlt für sehr wenig sehr viel: jüngst in Hamburg waren es in einem Vorstadthotel etwa 13 Euro, plus Wasser und Wein selten unter 20, wobei in Deutschland Wasser immer auf der Rechnung steht – in Frankreich steht es hingegen auf dem Tisch.

Gut, wenn es Variationen gibt: bei einem Vorspeisenbuffet, zum Beispiel. Da gab es nichts zu meckern, außer diesem: Das Brot schmeckt pappig, aber das war auch beim Frühstück nicht anders: Eine wohlschmeckende Auswahl von Brot und Brötchen sollte schon vorhanden sein.

Über die Vielfalt eines „Frühstücksbüffets“ schon viel geschrieben wurde, hier die Hauptmängel: Kein Fisch, keine fettreduzierte Wurst, auch kein solcher Käse, nicht mal ein derartiger Joghurt. In vielen Hotels kommt erst gar kein Fruchtsalat auf den Tisch, in anderen kommt er aus der Dose: Daumen nach unten. Immer noch fehlen in sehr vielen Hotels warme Frühstücke: Es muss nicht immer „Ham and Eggs“ sein, auch warme Tomaten, Bohnen oder Fische wären gut.

Also, liebe Hoteliers: Wer nicht wenigstens drei Sorten Fisch zum Frühstück anbietet, ist kein gutes Hotel, sondern ein Sparhotel. Immerhin wird das Frühstück je nach Hotel mit 8 bis 20 Euro kalkuliert: dafür darf sich der Küchenchef etwas mehr einfallen lassen als fünf Sorten fette Wurst.

Was mir sonst auffiel: die meisten Hoteliers sind Beutelschneider, wenn es um die Mini-Bar-Preise geht. Freilich muss der Hotelier auch die Raben ertragen, die regelmäßig Minibars ausräubern und nichts bezahlen, nur gibt es dagegen wirksame Mittel: Man muss die Verluste nicht unbedingt auf andere Gäste umverteilen. Jüngster Einfall vieler Hotelbetreiber: Eine Flasche wohlfeilen Sprudel hinstellen: 4 Euro oder noch mehr. Das hat mit einem „reellen“ Preis nichts mehr zu tun, sondern mit der Goldgrubenmentalität der Betreiber: Wo man weit und breit abends kein Sprudelwasser bekommt, ist das Hotel eben die einzige Quelle.

Nur etwas ist besser geworden: Deutsche Hotels bieten jetzt tatsächlich elektrischen Strom an: man muss nicht mehr unter das Bett kriechen, um die einzig verfügbare Steckdose zu finden, sondern findet auch eine über dem Schreibtisch: Da haben die Hoteliers endlich mal etwas gelernt.

Jetzt bin ich als hier, in der Stadt von Nitribitt und Goethe (Damen immer zuerst): Ja, ich bin in Frankfurt.

Wahrscheinlich ist Frankfurt so deutsch wie sein Würstchen, und möglicherweise leben die wurschtigsten aller Deutschen just hier, oder vielleicht sind alle dank Nitribitt und Goethe inzwischen so deutsch, dass es deutscher einfach nicht mehr geht.

Persönliche Kälte? Weltmeisterlich. Deutscher Trief- und Trübsinn? Unübertroffen. Stadtplanung? Schwerlich zu verschlechtern. Wenn mal einer lacht, ist er entweder betrunken oder Ausländer. Das Trinkgeld, auf das der inländische Taxifahrer keinerlei Anspruch erheben könnte, weil er ohnehin sauer ist, dass die Fahrt so kurz ist und dies auch deutlich zeigt, wird hingenommen als gehörte es zu den größten Selbstverständlichkeiten. Seine Augen sagen: „hoffentlich ist diese blöde Sau bald wieder aus meiner Taxe raus, die sich hier von mir hat fahren lassen, auf dich Kurzstreckenarsch kann ich auch noch verzichten“. Dabei ist es gleich, ob man das Trinkgeld auf den nächsten Euro aufrundet, oder gar auf 20 Prozent – kein Danke, kein Türaufhalten, kein freundliches Wort – einfach: Gar nichts.

Frankfurt eben. Die Stadt täte gut daran, ihr Geld nicht in Imagebroschüren anzulegen, sondern etwas zu tun, was andere Städte auch mussten: Eine Freundlichkeitskampagne starten: „Wir sind freundliche Frankfurter“ oder so.

Bliebe zu erwähnen, dass ich nicht nur Deutsche in Frankfurt traf: die waren fröhlich, hatten Humor und einer zeigte mir Stolz das neue Mercedes-Taxi: „Mach ich mit meinem Bruder gemeinsam – uns geht es sehr gut“. Ich muss lange nachdenken, bevor ich von einem Taxifahrer hörte, es ginge ihm gut. Muss wohl in Kopenhagen gewesen sein. Dort sind Taxifahrer entweder Ausländer wie fast überall oder sehr alte Dänen.

Nun, ich verlasse die Steinwüste in ein paar Tagen, in deren Ghettovorstadt mein Hotel steht – eigentlich eine Zumutung, Hotels zwischen irgendwelche Super- und Baumärkte zu bauen. Aber das gibt es nicht nur in Frankfurt. Ach ja: im Hotel versucht man nett zu sein. Man merkt deutlich an den Gesichtern des Hotelpersonals, wie schwer es ihnen fällt, und meint hinter die Stirn sehen zu können: „was willst Du eigentlich von mir, du lästiger Gast, morgen kommt doch sowieso wieder ein neuer“. Nun ja, vielleicht sollte man in Frankfurt bereits das Bemühen anerkennen.

 

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