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Nein, diesmal nicht von Friedrich Holländer, und diesmal nicht über Wien: „Das ist der Schnulz im Dreivierteltakt! Rattengift her! Rattengift her“!. Diesmal auch nicht von einer braven Bremer Bürgersfrau, die nach und nach alle ihr lästigen Menschen (inklusive einiger Ehemänner und Kinder) mit Rattengift ins Jenseits schickte.

Denn nun hat das Rattengift in die Geschichte der Blogs Einzug gehalten: Eine junge Japanerin hatte versucht, ihre Mutter damit nach und nach zu töten – und veröffentlichte die Geschichte des langen, qualvollen Leidens im Internet.

Inzwischen tut sie es nicht mehr: Ihr jüngerer Bruder kam ihr auf die Spur und alarmierte die Polizei.

Blogs? Meine Leser meinen ja, ich würde die Blogs verkennen: Sie seien doch so wichtig für die Kommunikation, und die Impressumspflicht sei einfach nur eine Behördenwillkür. Nachdenklich geworden? Man kann also im Internet heute ohne Probleme über die Vorbereitung und Ausführung von Verbrechen berichten, ohne dass davon Notiz genommen wird – es sei denn, der eigene kleine Bruder würde es bemerken.

“Financial slavery is my favourite way of torturing males. Nothing excites me more than spending your money, leading you into ruin causing you mental anguish and degrading you to the limits of possibility”.

Wie schön für Lisa. Ich frage mich nur, welche Art von Männern auf diesen Blödsinn hereinfällt, und bevor ich vergesse, Ihnen zu erzählen, warum ich darüber schreibe: Sie führt ein Blog. Ach ja, und nur für den Fall, dass Sie den geringsten Zweifel daran haben, mit welchen Mitteln diese Webseitenbetreiber arbeiten: Achten Sie mal auf die Bilder der Homepage einerseits und der Galerie andererseits.

Während ein großer Teil der Bloggerinnen und Blogger stets und vergeblich bemüht ist, ständig die persönliche, politische und vor allem weltanschauliche Seite ihres oder seines schönen Wesens sehr ernsthaft herauszustellen, versuchen andere ständig, ein paar Kunstfiguren ins Spiel zu bringen. Von den unglaublich potenten Männern und den allzeit bereiten lustvollen Frauen will ich hier schon gar nicht reden, sondern von jenen, die sich sehr bewusst ins Netz stellen, um Experimente mit Kunstpersonen zu versuchen.

Wenn Ihnen aber gar nichts mehr einfällt, womit Sie ihre Welt zum Narren halten könnten, was dann? Und wenn, sagen wir mal, Ihr Sexleben nicht so interessant ist, dass sie darüber jede Nacht drei Blogeinträge verfassen können?

Dann wäre doch ein Reinkarnationsblog richtig, nicht wahr? Sie können wahlweise schreiben, dass Sie selbst der/die X oder Y sind oder dass sie jedenfalls in permanentem Kontakt mit jener oder jenem stehen. Für ihre ersten Versuche würde ich von den Religionsstiftern Buddha, Mose und Christus abraten, obwohl das Interesse natürlich gigantisch wäre. Auch von Politikern wie Stalin, Mussolini und Hitler sollten Sie die Finger lassen.

Nun habe ich doch die Frauen vergessen – sehr schade. Vielleicht wäre die ungarische Gräfin Erzsébet Báthory die richtige Seelenpartnerin? Das streiche ich mal lieber, sonst denken meine Leser noch, ich hielte alle Frauen für blutrünstig.

Sollten sie freilich ihr Blog zu ernsthaft betreiben (Tipp: Von vielen berühmten Leuten gibt es posthum erstellte Biografien, die man alle sehr geschickt in Zweifel ziehen kann) könnte dies zur Folge haben, dass plötzlich ein großes Auto vor ihrer Haustür steht und sie an einen Ort bringt, an dem sie voraussichtlich nicht bloggen können.

Ich weiß nicht, wer Nina Hagen für eine Jugendliche hält, aber wie auch immer – ein neuer Bloganbieter wirft mit ihrem Namen und auch noch einigen anderen Sprüchen herum, so wie diesen „Die führende deutsche Jugendcommunity im Internet will mit so genannten Beeplogs den internationalen Trend zum offenen Onlinetagebuch beschleunigen“. Na, denn, du führende Jugendcommunity – viel Glück – und seid bitte so lieb, das Internet nicht total mit euren Stimmungslagen vollzumüllen – die interessieren nämlich eigentlich kaum jemanden, den ihr nicht ohnehin schon kennt. Was wir so erwarten dürfen, steht beispielsweise hier.

Den Vogel schoss diese Webseite ab:

Das Unternehmen hat diese Meldung noch nicht freigeschaltet - für den Zugriff wird daher eine Verwaltungskostenpauschale erhoben“. Auch eine Masche, um zu Geld zu kommen. Hier gibt’s die Meldung taufrisch.

Irgendwie kam mir doch eine der Nominierten des DW-Wettbewerbs um die BOBs bekannt vor – und siehe

Bad Cover Version ist Sick Girl und Sick Girl ist Bad Cover Version.

Ich sollte wahrscheinlich mal den Rotwein weglassen – oder glauben, was ich sehe.

Nun sucht sie wieder, die Deutsche Welle: Die Best of Blogs.

Na schön – nach meiner Meinung im Westen nichts Neues. Jedenfalls bei den deutschsprachigen Blogs. Nominiert sind:

GERMAN
Lebensbeichte einer Tugendterroristin
kho: Bilder, Geschichten, Begegnungen
Anke Gröner
Lyssa's Lounge
Piranh@se
Bad Cover Version
argh
Riesenmaschine
das brandneue Universum

Man darf sie sich ansehen und man darf abstimmen. Aus meiner Sicht hätte etwas frischer Wind nicht geschadet – aber man kann eben nur aufnehmen, was es gibt. Was es nicht gibt, kann man nicht aufnehmen. Sinnreich, nicht wahr?

Bevor ich vergesse, Ihnen dies über Blogs zu erzählen: Wenn Jesus ein Blogger gewesen wäre, was hätte er in sein Blog geschrieben?

Das wäre in der Tat interessant gewesen. Damm hätte er mit den Nachfolgern der damaligen Schriftgelehrten (ich denke, dass sie heute Pfarrer heißen) ja mal diskutieren können, warum die Huren und Zöllner ins Himmelreich kommen, während sie selbst kaum Chancen hatten, dorthin zu gelangen, und ob sich dies inzwischen geändert hat.

Die Damen und Herren Christenblogger, die es in den USA zu Ruhm und Ehre gebracht haben, treffen sich jedenfalls dieser Tage beim 'GodBlogCon 2005'. Dicke Backen werden auch gleich gemacht: „Bloggen sei wie 95 Thesen anzuschlagen“, sagte einer der Redner.

Na denn – aber ein jeder ist eben nicht Luther. Und Blogger können auch kein Tintenfass mehr nach dem Teufel werfen – bestenfalls den Hamburger, den sie während des Bloggens mampfen.

Wobei sich die Frage ergibt: Fressen Teufel eigentlich Hamburger, oder graut es selbst den Teufeln davor?

Mit Hilfe des so genannten "Moodbloggings" liefern die Jubiiblogger ein echtes Abbild der Stimmungslage in der Community, in dem sie jedem Eintrag in ihr persönliches Online-Tagebuch eine bestimmte Gefühlslage zuweisen. Die Stimmungen der letzten 100 Einträge werden im "Mood-o-Meter" auf der Startseite der Jubiiblogs zusammengefasst, der damit auch als Navigator durch die jeweiligen Blogs dient“.

Keine Ahnung, wer solchen Schwachsinn zusammendichtet – wahrscheinlich irgendwelche Werbefritzen. Wie gut, wenn man ein „echtes Abbild der Stimmungslage in der Community“ liefern kann. Heute waren immerhin 66 Prozent der Blogger(innen) glücklich. Wie schön für die Welt, und wie schön für die Lycos-Leute, die es mit diesem Werbegag offensichtlich auf weibliche Teenager abgesehen haben.

Sie wissen wahrscheinlich, warum man in fremder Leute Bloggärten Stöckchen wirft. Nein, nicht wegen der Kommunikation. Auch nicht wegen der damit möglicherweise ansteigenden Zugriffe sonder einzig und allein, damit die arme Bloggerin oder der arme Blogger endlich wieder Schreibfutter findet. Es geht natürlich noch dämlicher: „Schlage das Buch auf, dass die am nächsten liegt, Seite 23, fünfter Satz. Natürlich muss man dazu erst einmal ein Buch besitzen (das Telefonbuch eignet sich nicht).

Sehen Sie, und nun las ich doch gerade, dass Blogger manchmal sogar zwei Artikel am Tag schreiben – die Frage ist nur: Über was?

Also: Ich mache Ihnen mal Vorschläge: Suchen Sie sich alle Wortgruppen, die häufig vorkommen, zum Beispiel (nur für Intelligenzler) Mann-Frau. Kapiert? Oder war das schon zu schwer? Dann sagen wir mal „Piep und Papp“:

piep

mein kararienvogel piep wie mein haustür

papp

mein freund sacht das ich zu sehr an ihm papp


Wobei mir einfällt, dass ich doch noch en automatischen Eintragsgenerator für Faulblogger entwickeln wollte: Wort eingeben, Satz kommt heraus. Gibt es eigentlich schon – nehmen wir an, sie hießen Anne, dann hat Googlism die Lösung für Sie:

anne is awesome = Anne ist Superklasse
anne is a bitch = Anne ist ein Miststück
anne is the greatest = Anne ist die Größte

Keine Angst – dies sind nur Beispiele. Ihr Vorrat würde für mindestens einen Monat reichen. Was? Ihnen fällt immer noch nichts ein? Dann suchen Sie sich doch einfach mit Google irgendeinen Artikel aus dem Web. Zitieren mindestens fünf Sätze daraus und schreiben darüber: „Geil, was?“ Dazu zwei kleine Hinweise: Erstens können sie wegen des Copyrights trotzdem Problemen bekommen, und zweitens müssen sie beim zweiten Artikel dieser Art die Überschrift ändern, also „schnuckelig, dies hier“. Damit kommen Sie einen weiteren Monat über die Runden. Die positiven Überschriften können sie wechseln, wenn sie eine Frau sind und über andere Frauenblogs schreiben: „Was Zicken so meinen“ (Vorsicht, könnte Beleidigungsklagen auslösen) oder, pseudointelligent, „wenn die blöde Tusse wieder PMS hat“.

Falls Ihnen auch das noch zu aufwendig ist: Titel schreiben (was für einer spielt keine Rolle), dann zu irgendeiner vielgelesenen Blogseite verlinken.

Wie bitte? Ja, sie haben Recht, damit gewinnen Sie kein Preisbloggen in der Zeit und keine Best of Blogs der Deutschen Welle, aber mit etwa zwölf Dutzend Fans können sie dennoch rechnen.

„Wer als Blogger etwas auf sich hält, liest jeden Tag mindestens 100 Weblogs und schreibt dann noch ein bis zwei Texte in sein eigenes Weblog.

Das schrieb Mario Sixtus in der „Frankfurter Rundschau“. Ich überlege gerade, wie jemand überhaupt 100 Weblogs täglich „lesen“ kann, und dann, wie derjenige dies übersteht, ohne komplett meschugge zu werden. Ach, und dann noch zwei Texte schreiben? Vorher oder nachher? Ich empfehle: vorher. Nachher könnte man ja auf die Idee kommen, dass man den großen Haufen – nun sagen wir freundlicherweise einmal „Wörter“ dazu, ja nicht noch um ein weiteres Häufchen vermehren müsste. Schließlich ist man ja kein Hund.

 

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