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Schlechte Zeiten für die Beamten und Angestellten des Bonner Stadthauses: Im Fahrstuhl, im Treppenhaus und aus den Schreibtischen dürfen die Damen und Herren nicht mehr der körperlichen Liebe frönen, weiß jedenfalls der Kölner "Express".

Schuld an allem war der Hausmeister: der hatte keine Lust mehr, die „ekelhaften Kondome“, die überall herumlagen, aufzusammeln. Für den kommenden Karneval hat man die Damen und Herren vorsichtshalber gleich in die Freiheit entlassen: Drinnen gilt ab sofort ein absolutes Alkohol- und Sexverbot. und um es einzuhalten, wird das Haus pünktlich verschlossen.

Irgendwo ist selbst in der Schweiz Alltag eingekehrt, wenn eine Sex-Messe stattfindet: Nein, das ist keine Veranstaltung zu Ehren des Antichristen, sondern eine Verkaufsaustellung für Erotikartikel mit Programm.

Jedenfalls sah man am vergangenen Wochenende nur noch zwei in Sack und Asche gekleidete Protestlerinnen, und auch die Aidshilfe fehlte – warum, blieb unklar. Gemeint ist eine Sexmesse im schweizerischen St. Gallen und die Quelle ist ein (kritischer) Artikel im Tagblatt.

Wer allerdings denkt, die Sache sei nur etwas für Männer gewesen, der irrt: Da waren die St. Gallerinnen offenbar ganz wild darauf, in einem abgeschotteten Separee einmal „etwas Großes“ zu sehen, wie sich die Autoren vornehm ausdrücken.

Freilich: Da gäbe es schon noch etwas anderes. Fotografen zum Beispiel, die auch harte Erotik künstlerisch darstellen können. Doch die schaffen einfach den Sprung in die so genannte Kulturwelt nicht – und so sind sie eben auf Sexmessen zu sehen. Schade eigentlich.

Es galt noch nie als besonders feinfühlig, andere Menschen heimlich zu fotografieren - vor allem, wenn sie sich mit recht unbeobachtet wähnen durften. Doch seit einiger Zeit wird heimlich fotografiert, was das Zeug hält - vor allem auf Toiletten und in Umkleidekabinen.

In diesen sowie anderen höchstpersönlichen Lebensbereichen soll nun in Duetschland ein erweiterter Schutz gelten: mit bis zu einem Jahr Haft soll bestraft werden, wer „von einer Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum aufhält, unbefugt Bildaufnahmen herstellt oder überträgt und dadurch deren höchstpersönlichen Lebensbereich verletzt". Dieselbe Strafandrohung soll denjenigen treffen, der eine Person zwar durchaus mit ihrer Zustimmung fotografiert hat, diese Bilder aber niemals veröffentlicht sehen wollte. Eingebracht werden soll das Gesetz im deutschen Bundestag noch in der zweiten Februarwoche.

Der Versuch soll allerdings weiterhin straffrei bleiben – sonst müsste, so eine Zeitung, jeder Fotograf befürchten, dass schon die Motivsuche dazu führen könnte, dass er strafrechtlich verfolgt werden könne.

Das Gesetz wird aller voraussicht nach auch Auswirkungen auf Fotoamateure haben, die von „freien“ Modellen oder einfach guten Bekannten Aktaufnahmen machen, denn während sich professionelle Fotografen mit Modellverträgen absichern, gehen Amateure mit der Rechtslage meist eher schlampig um.

Die Financial Times Deutschland macht sich Sorgen um das „Image" der deutschen Polit- und Wirtschaftsprominenz und empfiehlt den Herren (Damen sind hier, soweit erkennbar, kaum zu sehen), sich doch mal nach Art der „Calendar-Girls" (Pardon: Boys natürlich) mal auszuziehen: Für Wirtschaftsminister Wolfgang Clement empfahlen sie beispielsweise, er solle sich doch mal auf dem Börsenbullen entblättern - da würde er sich gut als „Aufschwung-Bunny" machen.

Das Monatsmagazin DER SPIEGEL macht sich in seiner Online-Ausgabe über Meinungsforscher lustig: Diese untersuchten jüngst im Auftrag eines Herrenmagazins, womit Frauen den Hormonspiegel von Männern nach oben schießen lassen können.

Wundersamerweise stellten die Meinungsforscher dabei fest, dass Bremer (stabile SPD-CDU-Koalition) auf wohlverpackte Brüste setzen, während Hamburger (CDU-Schill-Koalition in Auflösung) sich mehr für Strapse interessieren.Ulkt der SPIEGEL: „Ob es allerdings eine Korrelation zwischen Wahlverhalten ... und der Bewertung von Kleidungsstücken gibt, diese Antwort bleiben uns die Meinungsforscher schuldig - noch jedenfalls". Nun, da könnte man orakeln: Brüste kann man nämlich, zumindest teilweise, in der Öffentlichkeit durchaus zeigen - bestrapste Oberschenkel sind hingegen nicht gesellschaftsfähig.

Das klingt doch wie Musik in den Ohren, Schauspielerin und Autorin zu sein, nicht wahr? Jedenfalls hat der Kölner „Express" dies gerade von einer Frau behauptet, die alles andere als eine Autorin ist. Doch was soll es: Schließlich kann in diesem Land jeder werden, was er will: Michaela Schaffrath Autorin und Guido Westerwelle Politiker. Fragt sich nur: Wem habe ich jetzt Unrecht getan?

Wenn man Umfragen glauben kann, dann wollen alle Frauen im Leben vor allem lachen: Angebliche 35 Prozent suchen humorvolle Männer fürs Leben, 24 Prozent wollen gut aussehende und nur magere neun Prozent interessiert der Beruf des Mannes. Wie sie mit einem Witze reißenden arbeitslosen Adonis ihr späteres Leben bestreiten wollen, brauchten sie ja dem GEWIS-Institut nicht zu sagen, das der Herrenzeitschrift „Gentlemen's World" diese Zahlen lieferte.

Die meisten Zeitschriften, die die Umfrage bewerteten, nahmen aber in den Titel dieses Ergebnis auf: Nur ein Prozent der Frauen erwartet von der ersten Verabredung Sex, wohingegen sich fast die Hälfte „abwartend" verhalten will. Allerdings: Nimmt man die Verführerinnen und die offensiven Flirterinnen zusammen, so kommt man auch auf 46 Prozent. Wollen Frauen vielleicht doch beim ersten Mal ins Bett?

Sehpferd las die Print-Ausgabe von GQ

Was, ihr wisst nicht, wie man Frauen ins Bett kriegt? Das liegt zum großen Teil daran, dass ihr nicht genügend lest: wissenschaftlich geprüfte Rezepturen nämlich. Meint Gentlemen's World (GQ). Alles ganz einfach, setzt allerdings voraus, dass man schon ein Date hat - sonst geht der Datingtest ja nicht. Schade. Also überspringen.

Also was muss ich tun? Vor dem Date die Wohnung aufräumen und das Bett frisch beziehen. Ich glaube, der Autor hat mal 9 ½ Wochen gesehen – da wird das Bett erst bezogen, als sie schon in der Falle sitzt – und sie flieht darauf hin. Kein Wunder, wenn er „Strange Fruit“ auflegt.

Apropos Früchte: Zu essen bekommt sie nichts: Alkohol ist nötig, um sie gefügig zu machen, Essen erzeugt nur Blähungen. Meint GQ.

Wichtig auch: Natürlichkeitsgesicht auflegen, zu viel Ehrlichkeit schadet nur - da könnte etwas dran sein. Anschließend selbst bezahlen (wer sonst?) und wenn man sie zuvor viel berührt hat, geht es ins Bett. Glauben Sie nicht? Wissenschaftlich erwiesen. Laut GQ.

Aus der „Psychologie des Kennenlernens" erfahren wir sodann, dass „jedes Happy End einen Anfang" benötigt, dann etliche Zeilen pseudopsychologische Salbaderei. Könnte aus einer Frauenzeitschrift stammen. Wie sich Frauen hingegen verhalten, wenn sie uns treffen, dazu hätten wir keine GEWIS-Umfrage gebraucht: abwartend natürlich. Schließlich bringt GQ noch ein bisschen Anatomie, hier zur Lendengegend: „Frauen wollen manchmal gar nicht gefragt werden, wie weit ein Mann wie schnell gehen darf". Aha.

Eine Zusammenfassung? Also: Bett beziehen, dann Alkohol einsetzen, um sie hereinzubekommen, bei Erfolg nicht zu zimperlich sein. Habe ich jetzt alles falsch verstanden? Sie können es nachlesen: Februar 2004, GQ, 4 Euro, am Kiosk, ab Seite 117.

GQ, das ehemalige „Gentlemen's Quartely" und jetzige „Gentlemen's World tendiert in manchen Ausgaben zum Schnösel-Magazin dessen erotischste Beiträge in den Anzeigen zu finden sind und das durchaus auch in der Arztpraxis liegen könnte, ohne den Blutdruck in die Höhe zu treiben.

Diesmal freilich zeigt es wahrhaftig aufregende Bilder: für die Freunde der Fotografie ohnehin Kult, weil die Fotografin Ellen von Unwerth heißt, und für die Freunde der Erotik, weil Naomi Campbell hier etwas mehr zeigt als auf dem Laufsteg. Hinzu kommt das Arrangement, das Frau Campbell als fordernde, Peitschen schwingende Dominatrix zeigt - etwas für die lüsternen, lechzenden Sklavennaturen.

Anders Verena Kerth: Sie wurde als Freundin des Fußballers Oliver Kahn bekannt - vorher kannte man sie nur als Barfrau in der Diskothek P1. Fotografiert hat sie Giovanni Zaccagnini, doch das versprechen, man würde sie „so sehen, wie nur ihr Geliebter sie sieht" ist ein bisschen hoch gegriffen: Reichlich Weichzeichner-Nebel ertränkt die Nacktheit beim vollständigen Rückenakt und ein geschicktes Arrangement des Schattens verhindert, dass wie zu viel vom schönen Po der Verena K. sehen. Irgendwie erotisch wirkt sie dennoch.

Was sonst noch in GQ im Februar 2004 zu lesen ist? Nun, zwanzig „sichere“ Tricks für Verführer, die angeblich wissenschaftlich erwiesen sein sollen – doch davon ein andermal.

naomi in GQ
foto: © 2004 GQ / Ellen von Unwerth

verena oliver kahn GQ
foto: © 2004 GQ / Giovanni Zaccagnini

Ergänzung:

Ob die Dame Kerth selbst genügend Fähigkeiten hat, um im harten Show-Geschäft zu bestehen oder ob sie nur den Kahn-Effekt genutzt hat, wird sich demnächst erweisen: Beide haben sich mittlerweile getrennt.

Warum sollte ein Gerichtsreporter nicht einmal darüber berichten, was bei einem Vergewaltigungsprozess so Mode ist? WAZ-Redakteur Harry Seelhoff tat es:

„Der 35-jährige Angeklagte aus Rheinhausen trägt als einziger Grau - alle anderen Prozessbeteiligten sind schwarz gekleidet. Während der Verhandlung, die mit der Verurteilung wegen Vergewaltigung seiner Ehefrau endet, zuckt er oft mit dem Kopf.“

Sehpferd zuckt nicht mit dem Kopf, sondern schüttelt den Kopf.

 

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