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Wie ich gerade lese, muss es ein Riesenbrimborium um den so genannten Muttertag gegeben haben. Ich, für meinen Teil, habe mich diesem Tag komplett entzogen: Meine Mutter erinnert sich beim Muttertag ohnehin nur an den Affentanz, den die braunen Machthaber einst darum gemacht hatten.

Auch Miss Understood erinnerte sich an den Muttertag und beschenkte dazu die beste Mutter, die sie kennt: sich selbst.

Die ultimativen Antworten finden sie ohnehin dort, wo man immer die besten Antworten findet - hier.

In Berlin ist eine Menge Beton eingeweiht worden: Der Holocaust, so heißt es, entziehe sich der Beschreibung, also müsse auch das Denkmal unbeschreiblich sein. Wer es so sehen will, mag es tun, doch für die Anderen gibt es bereits genügend Gedenkstätten, die beeindruckender sind als die Betonklötze.

Glaubt denn irgendjemand wirklich, dass ein Jugendlicher, der irgendwo zwischen den Klötzen steht, einen Bezug findet zu einer Zeit, die er ohnehin nicht verstehen kann? An einer S-Bahn-Station aussteigen, zwischen die Klötze gehen, stehen bleiben, Bezug finden, Weg hinaus finden, zurück in die S-Bahn?

Alsdann, man hat Gedenken zum Vorzeigen – in der Hauptstadt. Ich würde mir inzwischen mehr Denkstätten in diesem Land wünschen und weniger Gedenkstätten – denn die Gefahren kommen nicht mehr aus der Vergangenheit, sondern liegen in einer oberflächlich-geschwätzigen Gegenwart.

Acht Männer und 16 Frauen wurden von der Stockholmer Polizei nach einer Schlägerei vor einem Stockholmer Nachtlokal festgenommen. Bei den Frauen handelte es sich um eine feministische Gruppe, die sich nach Polizeiangaben mit „Baseballschlägern und Schirmen“ bewaffnet hatten.

Ungefähr 30 der jungen Frauen hatten sich in zunächst angeblich friedlicher Absicht vor dem Nachtklub versammelt, wobei ihre Vorstellungen von „friedlich“ offenbar nicht mit der Einstellung des Personals und der Kunden des Nachtklubs übereinstimmten.

Die prügelnden Frauen bekannten sich zur feministischen Organisation „Feministas", deren Vorsitzende sich allerdings gegenüber der Presse von der militanten Aktion distanzierte.

Während Millionen von Internetbenutzern Wikipedia nicht nur als eine verlässliche Quelle, sondern als die beim weitem verlässlichste, aergiebigste und dabei noch aktuellste Quelle des gesammelten Menschheitswissens ansehen, behauptet ein kürzlich lancierter Pressetext das Gegenteil, ohne freilich Begründungen dafür zu geben.

Der im Internet weit verbreitetet Text nimmt Bezug auf eine Information des Redaktionsbüros Diehl, das eine Webseite mit dem Namen „Bildungsklick.de“ betreibt. In einem ausgesprochen polemischen Beitrag, der ebenfalls als Pressemitteilung lanciert wurde, wird „Wikipedia“ aufgrund der offenen Struktur diffamiert. Wörtlich heißt es im Pressetext: „Denn tatsächlich ist Wikipedia kein im herkömmlichen Sinn verlässliches Lexikon, sondern eine 'freie' Enzyklopädie, nämlich ein Vorschlagewerk.“ An anderer Stelle wird an der Rechtschreibequalität herumgenörgelt: „Auch ist auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, dass die Beiträge in Einklang mit den gängigen Regeln des richtigen Schreibens und Interpunktierens gebracht werden.“

Welche Absicht mit der Pressemitteilung verfolgt wird, ist weitgehend unklar – und lässt gerade wegen dieser Unklarheiten diverse Möglichkeiten der Spekulation offen.

Völlig unverständlich ist jedoch, warum ausgerechnet die Tele-Akademie der Fachhochschule Furtwangen den Pressetext verwendet, um für ein eigenes „Online-Workshop für Blogger und Wikis“ zu werben, wie man sich denn überhaupt fragt, welcher Sinnzusammenhang zwischen dem Artikel des Redaktionsbüros Diehl und der Pressemitteilung der Fachhochschule Furtwangen besteht.

Inzwischen hat auch die Online-Gazette "Computerwelt" auf den Artikel Bezug genommen - kritiklos und unkommentiert. Da könnte man sich noch fragen, was derartige Medien eigentlich wert sind.

Windmühlen hatten schon immer etwas Magisches an sich, und nicht selten wurden diese Orte verdächtigt, Spuk und Hexenwerk zu beherbergen – und die schell rotierenden Mühlenflügel waren ein beliebtes Thema für Horrorgeschichten, in denen Mensch und Tier von Windmühlenflügel erfasst und getötet wurden.

Nun ist es die Zwergfledermaus das Opfer, und das Geschrei über die toten Blutsauger* ist so groß, dass es die heute die Titelseite der Badischen Zeitung füllt. Die hat auch schon eine Lösung: die Fledermauszwerge lieben die lauen Sommernächte, und an eben jenen könnte man die Rotoren doch eigentlich abschalten.

Mal sehen, wie es ausgeht – und ob es dabei ausschließlich um Fledermäuse geht. Dann vielen Badenern sind die neumodischen Windmühlen ohnehin ein Dorn im Auge – mit oder ohne das Sterben der Blutsauger.

Quelle: Badische Zeitung vom 3. Mai 2005 – unverlinkbar.

(Bevor die Biologen über mich herfallen: Mir ist klar, dass Zwergfledermäuse Insektenfresser sind)

Der Wortschatz, den die Universität Leipzig uns im Web zur Verfügung stellt, in Ehren, aber die „Wörter des Tages“ geben mir doch zu denken – wie ich bereits einmal schrieb, habe ich aufgegeben, sie in aktuelle Nachrichten zu verarbeiten – man könnte höchstens noch Glossen darüber schreiben.

Laut der Universität werden „verschiedene Tageszeitungen und Newsdienste täglich ausgewertet“ um die wertvollen Informationen zu gewinnen – lassen sie uns also mal sehen, was am 25. April relevant war:

B-Klasse · Bidet · Gastgeber · Handy · Kapitalismus · Kapitalismuskritik · Logo · Steuerklasse · iPod

Nach der Quelle der ungeheuren Erkenntnis forschend, warum ausgerechnet das Bidet ein so wichtiges Wort war, werden wir im „Tagesspiegel“ fündig – und kaum anderwärts. Das ist nun aber wirklich nicht der Sinn der Schlagwörtersammlung, und deshalb, liebe Uni Leipzig: Entweder ihr modifiziert eure Schlagwörtersammlungssoftware oder ihr stampft die „Wörter des Tages“ ein.

Immerhin: Wer kein Bidet hat, kann sich ja mal informieren, wozu man es (nicht) braucht, weil man sich ja heute duscht – und ich hatte immer gedacht, man duscht, wenn überhaupt, vorher.

„Früher“ sagte mir gestern ein Mittsechziger mit fröhlichem Jungengesicht, also, früher habe er wenigstens gewusst, was Freizeit war: Entweder es war Schicht oder es war Freizeit. Aber jetzt, als Rentner? Nein, er habe nie Zeit. Mal sei dies, mal sei jenes. Heute müsse er einen dringenden Auftrag für seinen Bruder erledigen. Aber irgendwas sei immer. Nicht als Arbeit.

Nun, da habe ich ja noch Chancen, mich nicht zu langweilen. Ich hatte im letzten Jahr zahlreiche Gespräche mit Rentnerinnen und Rentnern: Alle tun irgendetwas, von Oma spielen über Taxi fahren bis hin zur Unternehmensgründung. Für den Schrebergarten bliebe da kaum noch Zeit. Nichts als Arbeit eben.

Südafrikanische Patienten können sich freuen: Die Krankenschwestern kommen nach Presseberichten dieser Tage in Pyjamas und Nachthemden zum Dienst. Freilich tun sie dies nicht, um männlichen Patienten noch besser zu gefallen, als dies ohnehin schon der Fall ist, sondern um höhere Zuschüsse zu ihren Uniformen durchzusetzen.

Sport hat etwas damit zu tun, in Bewegung zu bleiben, und da dies möglicherweise alleine nicht sehr interessant ist, braucht man Mannschaften (heißt dies Wort noch „Mann“-schaften?) und Wettbewerbe. Nun, und weil Wettbewerbe auch nicht interessant sind, wenn keiner hinguckt, braucht man Stadien, in denen man Sport begucken kann. Sie ahnen, was jetzt kommt? Klar, und weil nicht jeder da hinkommt, wo der Sport ausgetragen wird, braucht man Öffentlichkeit. Seit jemand eine Kiste erfunden hat, aus der Bilder auch ins Haus kommen, sitz man also auf dem Sofa und glotzt die Bilder an.

Athletinnen und Athleten werden dabei von ganz nahe gezeigt, und da Sport (das ahnten sie auch schon, nicht wahr?) ein gigantisches Geschäft ist, wollen die Damen und Herren auch schön sein, weil man da bessere Werbeinnahmen hat.

Markige Muskelmänner für die Zuschauerinnen, sehnige Gazellen für die Zuschauer. Freilich verkaufen sich Frauen etwas besser, vor allem, wenn sie schön sind, vor allem, wenn sie wenig Kleidung tragen.

Was bitte, sollen dann die Äußerungen der „Woman’s Sport Foundation“, dass Frauen zu Sexobjekten erniedrigt würden und ihre Leistungen kaum zählen würden? Offenbar hat man dort noch das Sportverständnis des Turnvaters Jahn. Und noch etwas: Wenn eine Frau die schnellste Schwimmerin ist, ist sie die schnellste Schwimmerin, bekommt ein Metallstück um den Hals gehängt und das war es. Glaubt irgendjemand auf der Welt ernsthaft, dass dies für eine intelligente Geschäftfrau auf Dauer befriedigend ist? Sportfunktionäre haben ganz offenbar andere Interessen als Sporler, denn Funktionär bleibt Funtionär, während die sportliche Leistung der Aktiven schnell verraucht ist.

Der Artikel hier ist nicht mehr ganz neu, aber er zeigt die Großmütterliche Tendenz.

Aufgegriffen habe ich das ganze aus der „Badischen Zeitung“ vom 11. April. Die verweist allerdings darauf, dass „die körperlichen Vorzüge der Männer“ in Sportberichten immer häufiger vorkommen. Herausgefunden hat es eine Frau: Bettina Rulofs. Der Artikel der BZ von Bianca Fritz wurde unter dem Titel: "Blonde Haare, lange Beine, kurze Höschen" veröffentlich. Leider kann ich zur „Badischen“ nicht verlinken.

Wäre da nicht die „WELTt“ gewesen, ich hätte glatt nicht gewusst, dass Christa Meves noch lebt. Aber nun ist sie 80 Jahre alt geworden und da hat sie der Welt noch einmal ein Interview gegeben.

Die WELT stellt das Fazit vorsichtshalber an den Anfang: „Beruf und Familie nebeneinander geht nicht. Kinderhorte können gefährlich sein. Mütter sollten vom Staat entlohnt werden“ - wie schön, dann müssen wir den Rest also nicht mehr lesen.

Schade, dass manche Menschen nicht einmal mit 80 weiser geworden sind – und da nützt es sicher auch nichts, darauf hinzuweisen, dass es außer den bösen Bolschewistenstaaten auch noch andere Länder gibt, in denen das Nebeneinander von Familie und Beruf durchaus funktioniert.

Fragt sich nur, warum die Welt so etwas überhaupt veröffentlicht.

 

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