zeit geschehen
Die Studentinnen und Studenten der Universität Bamberg sind mit ihrem Aktfotokalender ganz schön ins Gerede gekommen – was wohl auch eine der Absichten war.
Die Hochschulleitung indessen war von der Idee überhaupt nicht angetan: Sie könne, so wollen Presseberichte wissen, „die Kommerzialisierung des nackten Körpers“ nicht befürworten. Muss sie ja an sich auch nicht – aber sie könnte den Erfindungsreichtum ihrer Studierenden loben – beispielsweise. Tut sie aber auch nicht, sondern sie behauptet, „bei ähnlichen Aktionen in anderen Städten“ seien „negative Erfahrungen“ gemacht worden. Das ist allerdings neu.
Völlig neu ist auch, dass eine „als Aktmodell abgebildete Pflegekraft“ ihren Arbeitsplatz verloren haben soll. Falls der spektakuläre Fall der „grünen Dame“ gemeint sein sollte: Diese Dame hatte keinen „Arbeitsplatz“, sondern leistete einen freiwilligen sozialen Dienst. Damals hatte nicht etwa die Öffentlichkeit, sondern lediglich die Leiterin der „Grünen Damen“ Anstoß genommen – und damit einen beispiellosen Verkaufserfolg des Kalenders bewirkt.
Nun ja, aber bei der Leitung der Universität zu Bamberg wird der Mond ja möglicherweise mit der Gardinenstange geschoben.
Die Hochschulleitung indessen war von der Idee überhaupt nicht angetan: Sie könne, so wollen Presseberichte wissen, „die Kommerzialisierung des nackten Körpers“ nicht befürworten. Muss sie ja an sich auch nicht – aber sie könnte den Erfindungsreichtum ihrer Studierenden loben – beispielsweise. Tut sie aber auch nicht, sondern sie behauptet, „bei ähnlichen Aktionen in anderen Städten“ seien „negative Erfahrungen“ gemacht worden. Das ist allerdings neu.
Völlig neu ist auch, dass eine „als Aktmodell abgebildete Pflegekraft“ ihren Arbeitsplatz verloren haben soll. Falls der spektakuläre Fall der „grünen Dame“ gemeint sein sollte: Diese Dame hatte keinen „Arbeitsplatz“, sondern leistete einen freiwilligen sozialen Dienst. Damals hatte nicht etwa die Öffentlichkeit, sondern lediglich die Leiterin der „Grünen Damen“ Anstoß genommen – und damit einen beispiellosen Verkaufserfolg des Kalenders bewirkt.
Nun ja, aber bei der Leitung der Universität zu Bamberg wird der Mond ja möglicherweise mit der Gardinenstange geschoben.
sehpferd - am Montag, 27. September 2004, 19:09 - Rubrik: zeit geschehen
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Das Nachrichtenmagazin FOCUS behauptet, in deutschen Beziehungen würde mehr geprügelt, vergewaltigt und gedemütigt, als dies in vielen anderen europäischen Ländern üblich wäre. Man beruft sich dabei auf eine angeblich „repräsentative und international kompatible Untersuchung“, die im Auftrag des Bundesfamilienministeriums durchgeführt wurde.
Die meisten Gazetten zogen aus der Studie die reißerische Nachricht, dass ein Drittel der Frauen Opfer körperlicher Gewalt würden.
Man wird sich ansehen müssen, was in der Studie wirklich steht. Die voreilige Ankündigung von Renate Schmidt, man werde nun eine bundesweite Rufnummer für die Betroffenen einrichten, ist nichts als blinder Populismus.
Die meisten Gazetten zogen aus der Studie die reißerische Nachricht, dass ein Drittel der Frauen Opfer körperlicher Gewalt würden.
Man wird sich ansehen müssen, was in der Studie wirklich steht. Die voreilige Ankündigung von Renate Schmidt, man werde nun eine bundesweite Rufnummer für die Betroffenen einrichten, ist nichts als blinder Populismus.
sehpferd - am Sonntag, 19. September 2004, 13:13 - Rubrik: zeit geschehen
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Soll man nun einer Frau auf die Titten gucken oder nicht? Auf diese Frage lässt sich Harald Hordych von der Süddeutschen Zeitung im Kulturteil ein. Klar im Kulturteil, denn es geht um das Lesen, genau genommen um das Lesen von Botschaften auf T-Shirts. Wer sie lesen will, muss nun mal den Frauen auf die Titten gucken – die Texte stehen immer dort, wo die Brüste ihre größte Ausdehnung haben. So einfach ist das.
Er habe, so der Autor, unter anderem auch ein T-Shirt gesehen, auf dem der Kernsatz stand: „Ich habe auch einen Kopf über den Brüsten“. Mag ja sein. Die meisten Frauen, die ein T-Shirt mit Botschaft tragen, haben allerdings genau die Botschaft im Kopf, die auf dem T-Shirt draufsteht – eine klare Warenkennzeichnungs-Verpflichtung, wie man annehmen könnte: Was drin ist, muss auch draufstehen.
Vielleicht dies: „Wenn du mich für eine Nutte hältst, solltest du erst meine Mutter kennen lernen“. Erhältlich in London. No further comment.
Er habe, so der Autor, unter anderem auch ein T-Shirt gesehen, auf dem der Kernsatz stand: „Ich habe auch einen Kopf über den Brüsten“. Mag ja sein. Die meisten Frauen, die ein T-Shirt mit Botschaft tragen, haben allerdings genau die Botschaft im Kopf, die auf dem T-Shirt draufsteht – eine klare Warenkennzeichnungs-Verpflichtung, wie man annehmen könnte: Was drin ist, muss auch draufstehen.
Vielleicht dies: „Wenn du mich für eine Nutte hältst, solltest du erst meine Mutter kennen lernen“. Erhältlich in London. No further comment.
sehpferd - am Samstag, 18. September 2004, 22:31 - Rubrik: zeit geschehen
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Jeder Mensch hat eine soziale Verantwortung, und wer Menschen beschäftigt, hat sie in besonderer Weise. Das weiß zwar auch Michael Rogowski, der gegenwärtige BDI-Präsident, aber er will diese Fürsorgepflicht dennoch einschränken: In der „Zeit“ äußerte er sich so. "Unternehmen sollen Arbeit schaffen, während die Beschäftigten die soziale Sicherung und das Gesundheitssystem selbst finanzieren (sollen)". Auch die soziale Verantwortung will er nicht mehr tragen: Aus der Verantwortung dessen, was er im interview als "Sozialfürsorge" bezeichnete, will er die von ihm vertretene Industrie offenbar heraushalten.
Herr Rogowski wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass er sich damit aus der Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland ausgrenzt: seine Denkweise ist nicht nur peinlich sonder ungehörig und zudem höchst gefährlich: es ist Öl für das Feuer der linken Eiferer, die sich gegenwärtig den Vorwurf gefallen lassen müssen, das Volk zu verhetzen.
Thomas Hauser, Redakteur der „Badischen Zeitung“ traf den Nagel auf den Kopf, als er schrieb: „Der BDI-Präsident hat getroffen. Vor allem sich selbst“. Ich würde es noch etwas anders sagen: Der BDI würde sich einen großen Gefallen tun, sich von Herrn Rogowski zu trennen – falls dieser nicht vorzieht, selber seinen Hut zu nehmen.
Gelesen in mehreren deutschen Zeitungen, unter anderem im Spiegel und in der "Badischen Zeitung".
Herr Rogowski wird zur Kenntnis nehmen müssen, dass er sich damit aus der Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland ausgrenzt: seine Denkweise ist nicht nur peinlich sonder ungehörig und zudem höchst gefährlich: es ist Öl für das Feuer der linken Eiferer, die sich gegenwärtig den Vorwurf gefallen lassen müssen, das Volk zu verhetzen.
Thomas Hauser, Redakteur der „Badischen Zeitung“ traf den Nagel auf den Kopf, als er schrieb: „Der BDI-Präsident hat getroffen. Vor allem sich selbst“. Ich würde es noch etwas anders sagen: Der BDI würde sich einen großen Gefallen tun, sich von Herrn Rogowski zu trennen – falls dieser nicht vorzieht, selber seinen Hut zu nehmen.
Gelesen in mehreren deutschen Zeitungen, unter anderem im Spiegel und in der "Badischen Zeitung".
sehpferd - am Freitag, 17. September 2004, 09:06 - Rubrik: zeit geschehen
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Die BBC soll eine Menge Protestschreiben bekommen haben, weil ihre Kommentatorin Sharron Davies während der olympischen Schwimmwettbewerbe angeblich zu viel von ihren Brustwarzen gezeigt hat. Offenbar hatten einige Zuschauer mehr auf die Brüste der Kommentatorin gesehen als auf die Schwimmerinnen und Schwimmer. Immerhin hofft man, dass die Kontoverse mehr Zuschauer für die BBC-Berichterstattung über die Schwimmwettbewerbe bringt. Frau Davies allerdings soll jetzt nur noch „von den Schultern aufwärts“ gezeigt werden. Sehr schade, wie man hier sieht.

© 2004 by robbs (?), Ausschnitt
© 2004 by robbs (?), Ausschnitt
sehpferd - am Montag, 23. August 2004, 23:14 - Rubrik: zeit geschehen
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Die ehemalige schwedische Gleichstellungsministerin Margareta Winberg hat sich zu den olympischen Spielen geäußert, genauer gesagt zum Beach Volleyball der Frauen. Es sei kein Sport, meinte die Ex-Politikerin, sondern „sexorientierte Unterhaltung“. Der Original-Artikel erschien in der schwedischen Zeitung Aftonbladet (in schwedischer Sprache). Der Grund für die Aufregung: Die Vorschrift, angeblich äußerst knappe Bikinis tragen zu müssen.
Ihre norwegische Kollegin Long Litt Woon ist offenbar ebenfalls kein Fan des bikinibehafteten Sandsports: Sie sieht darin eine „Sexualisierung der Öffentlichkeit“, und man müsse es in diesem Licht sehen, sagte sie der Tageszeitung Aftenposten.
Wie immer „frau“ es sieht: Beach Volleyball ist eine der wenigen Sportarten, in denen noch fröhliche Menschen gezeigt werden, die offenbar ebenso viel Spaß am Sport wie Freude am Leben haben, und zwar völlig unabhängig davon, was eine schwedische Ex-Ministerin dazu meint. Ich jedenfalls habe einmal alle Fotolinks über diesen „sexfixierten“ Sport zusammengetragen.
Bilder in "Netavisen" - You can find pictures here
Nur Bilder, aber eine Menge davon - quite a lot of pictures here
Ein großes Einzelstück - a single photo, rather large here.
English in short:
The former Swedish equality minister Margareta Winberg told Aftonbladet that Women’s sand volleyball is sex-fixated and discriminating Her Norwegian colleague Long Litt Woon said in an interview she gave Aftonbladet that this kind of volleyball is “a problem in the sexualisation of the public”. On this page, we try to link to all photos and articles about this ‘sex-fixated’ sport.
The Swedish source:
Winberg rasar mot bikinibrudar
Ihre norwegische Kollegin Long Litt Woon ist offenbar ebenfalls kein Fan des bikinibehafteten Sandsports: Sie sieht darin eine „Sexualisierung der Öffentlichkeit“, und man müsse es in diesem Licht sehen, sagte sie der Tageszeitung Aftenposten.
Wie immer „frau“ es sieht: Beach Volleyball ist eine der wenigen Sportarten, in denen noch fröhliche Menschen gezeigt werden, die offenbar ebenso viel Spaß am Sport wie Freude am Leben haben, und zwar völlig unabhängig davon, was eine schwedische Ex-Ministerin dazu meint. Ich jedenfalls habe einmal alle Fotolinks über diesen „sexfixierten“ Sport zusammengetragen.
Bilder in "Netavisen" - You can find pictures here
Nur Bilder, aber eine Menge davon - quite a lot of pictures here
Ein großes Einzelstück - a single photo, rather large here.
English in short:
The former Swedish equality minister Margareta Winberg told Aftonbladet that Women’s sand volleyball is sex-fixated and discriminating Her Norwegian colleague Long Litt Woon said in an interview she gave Aftonbladet that this kind of volleyball is “a problem in the sexualisation of the public”. On this page, we try to link to all photos and articles about this ‘sex-fixated’ sport.
The Swedish source:
Winberg rasar mot bikinibrudar
sehpferd - am Samstag, 21. August 2004, 10:27 - Rubrik: zeit geschehen
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“America's Olympians had promised to march into these Olympics with class and dignity. They weren't supposed to start that march straight out of a Playboy photo shoot.” Das meinte der Kolumnist Ian O’Connor von USA Today.
Kann man im Playboy eigentlich nicht mit Klasse und Würde posieren, oder, anders gefragt, ist extremer Leistungssport eigentlich immer mit Klasse und Würde verbunden? Ich bezweifle dies.
Kann man im Playboy eigentlich nicht mit Klasse und Würde posieren, oder, anders gefragt, ist extremer Leistungssport eigentlich immer mit Klasse und Würde verbunden? Ich bezweifle dies.
sehpferd - am Samstag, 14. August 2004, 22:45 - Rubrik: zeit geschehen
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Die Basler frönen an warmen Sommertagen einer eigenartigen Freizeitbeschäftigung: Sie gehen an die Rheinpromenade und ziehen sich dort so weit aus, wie es für eine Schweizerin oder einen Schweizer in der städtischen Öffentlichkeit eigentlich unschicklich ist. Indessen muss gesagt werden, dass sie dies in der Absicht tun, Schwimmen zu gehen – diese Tätigkeit kann man schließlich nicht im langen Kleid vollziehen.
Was wohl auch noch erwähnt werden sollte, ist dass die Baslerinnen und Basler nur mit dem Strom schwimmen, was unweigerlich dazu führen würde, am Ende der Strecke wieder am Rhein zurückzulaufen und sich dabei leicht bekleidet promenierend am Ufer zu zeigen. In der Tat tun dies manche Basler – völlig unbeeindruckt von gaffenden Touristen und offenbar nicht in der Absicht, ihre bisweilen durchaus schönen Körper zu präsentieren. Nein, sie schreiten ebenso einher, wie man sich bewegt, wenn man vom Büro heimwärts geht, und dies gilt auch für Damen, die durchaus auffällig knappe Bikinis tragen.
Wer nicht leicht geschürzt zurückgehen will, nimmt die Kleider einfach mit – in einem wasserdichten Schwimmsack. Ich muss gestehen, dergleichen noch nie zuvor gesehen zu haben – allerdings war ich auch schon lange nicht mehr im Sommer am Basler Rheinufer.
Was wohl auch noch erwähnt werden sollte, ist dass die Baslerinnen und Basler nur mit dem Strom schwimmen, was unweigerlich dazu führen würde, am Ende der Strecke wieder am Rhein zurückzulaufen und sich dabei leicht bekleidet promenierend am Ufer zu zeigen. In der Tat tun dies manche Basler – völlig unbeeindruckt von gaffenden Touristen und offenbar nicht in der Absicht, ihre bisweilen durchaus schönen Körper zu präsentieren. Nein, sie schreiten ebenso einher, wie man sich bewegt, wenn man vom Büro heimwärts geht, und dies gilt auch für Damen, die durchaus auffällig knappe Bikinis tragen.
Wer nicht leicht geschürzt zurückgehen will, nimmt die Kleider einfach mit – in einem wasserdichten Schwimmsack. Ich muss gestehen, dergleichen noch nie zuvor gesehen zu haben – allerdings war ich auch schon lange nicht mehr im Sommer am Basler Rheinufer.
sehpferd - am Freitag, 30. Juli 2004, 12:06 - Rubrik: zeit geschehen
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Der Deutschlandfunk wusste heute zu vermelden, dass ein „großer Teil unserer Literaten“ die Rechtschreibereform ablehne. Nun, die Herren befinden sich in erlauchter Gesellschaft, denn erst neulich hat der als „ehrwürdig" bezeichnete „Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste“ beschlossen, zur alten Rechtschreibung „zurückzukehren“.
Es müssen wohl ganz bestimmte Dichter sein, die solches fordern, und ich wette beinahe, dass sie alle von den Literaturkritikern der FAZ (die ebenfalls noch keine neue Rechtschreibung kennt) mit Lob bedacht werden: Welch edlere Ziele könnte ein Mensch denn haben, als die deutsche Rechtschreibung zurückzudrehen?
Die Dichter, die sich beklagen, sind sehr schnell als Nörgler identifiziert: Kein Mensch verbietet ihnen nämlich, Eygenschreib zu finden. Zwar würden sie dann in kein Schulbuch mehr eingehen, doch mit dem Lektor wird sich wohl ein Wörtchen reden lassen: Hier das Buch des berühmten Dichters Franz von Rosinenpicker, in seiner eigenen Sprache verfasst.
Ansonsten, liebe Dichter, erwarten wir von eurem Stand Worte, keine Wörter. Wir hätten gerne mehr Worte von euch gehört zu den Konflikten der Welt: Erst jüngst hatten wir eine ganze Reihe kritisch distanzierter Stellungnahmen zu Israels und Amerikas Krieg erwartet, und wer meint, es sei Iraks und Palästinas Krieg, der hätte sich eben so äußern dürfen. Wir haben erwartet, dass ihr die Zeichen der Zeit aufnehmt, beschreibt, in Büchern weiter tragt. Von der Wiedervereinigung bis zum Sozialabbau, vom Email bis zum SMS.
Ihr tatet es nicht, jedenfalls nicht ausreichend. Statt dessen beglückt eine Gruppe von euch uns jetzt mit einer neuen Diskussion über die Rechtschreibreform. Ich hätte da einen Vorschlag: Da ihr uns offenbar nichts mehr zu sagen habt als eine oberlehrerhafte Botschaft bitte ich euch, sofort Zulu zu lernen und nach Südafrika auszuwandern. Vielleicht findet ihr dort ein Publikum für eure Haarspalterei. Eure Plätze, da bin ich sicher, würden andere gerne einnehmen – auch mit neuer Rechtschreibung.
Es müssen wohl ganz bestimmte Dichter sein, die solches fordern, und ich wette beinahe, dass sie alle von den Literaturkritikern der FAZ (die ebenfalls noch keine neue Rechtschreibung kennt) mit Lob bedacht werden: Welch edlere Ziele könnte ein Mensch denn haben, als die deutsche Rechtschreibung zurückzudrehen?
Die Dichter, die sich beklagen, sind sehr schnell als Nörgler identifiziert: Kein Mensch verbietet ihnen nämlich, Eygenschreib zu finden. Zwar würden sie dann in kein Schulbuch mehr eingehen, doch mit dem Lektor wird sich wohl ein Wörtchen reden lassen: Hier das Buch des berühmten Dichters Franz von Rosinenpicker, in seiner eigenen Sprache verfasst.
Ansonsten, liebe Dichter, erwarten wir von eurem Stand Worte, keine Wörter. Wir hätten gerne mehr Worte von euch gehört zu den Konflikten der Welt: Erst jüngst hatten wir eine ganze Reihe kritisch distanzierter Stellungnahmen zu Israels und Amerikas Krieg erwartet, und wer meint, es sei Iraks und Palästinas Krieg, der hätte sich eben so äußern dürfen. Wir haben erwartet, dass ihr die Zeichen der Zeit aufnehmt, beschreibt, in Büchern weiter tragt. Von der Wiedervereinigung bis zum Sozialabbau, vom Email bis zum SMS.
Ihr tatet es nicht, jedenfalls nicht ausreichend. Statt dessen beglückt eine Gruppe von euch uns jetzt mit einer neuen Diskussion über die Rechtschreibreform. Ich hätte da einen Vorschlag: Da ihr uns offenbar nichts mehr zu sagen habt als eine oberlehrerhafte Botschaft bitte ich euch, sofort Zulu zu lernen und nach Südafrika auszuwandern. Vielleicht findet ihr dort ein Publikum für eure Haarspalterei. Eure Plätze, da bin ich sicher, würden andere gerne einnehmen – auch mit neuer Rechtschreibung.
sehpferd - am Donnerstag, 15. Juli 2004, 18:43 - Rubrik: zeit geschehen
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen
Sommer – einfach Sommer. Auf den Markt gehen. Je ein Pfund Himbeeren und Johannisbeeren von einer älteren Marktfrau kaufen, sich wundern, dass sie englisch spricht. „680 please“, sehr preiswert für die Stadt, doch auf dem Lande würde man diesen Preis schon als entsetzlich hoch ansehen. Vorne, bei den teuren Ständen, trägt die auffälligste Marktfrau sonst vor allem einen Push-Up-BH, der sie, wie ich mittlerweile feststellen konnte, keinesfalls schöner, sondern älter macht. Doch in dieser Saison hat sie sich offenbar für sommerliche Blusen entschieden – und siehe: so sieht sie wesentlich jünger aus. Noch ein kurzer Gang durch den Millennium Park, den zu dieser Tageszeit noch kaum jemand besucht, ein paar Fotos von den merkwürdigen Pappfiguren, die ein paar Künstler hier hinterlassen haben.
Im Laufe des Tages werden sich hier, wie überall, die Liebespaare einfinden, und aufeinander sitzend schmachtende Blicke tauschen und von der Zukunft reden – einer wunderbaren Zukunft, was sonst?
Nein, ich bin gerade nicht in Deutschland. Dort redet kein Mensch mehr von einer schönen Zukunft, auch im Sommer nicht.
Im Laufe des Tages werden sich hier, wie überall, die Liebespaare einfinden, und aufeinander sitzend schmachtende Blicke tauschen und von der Zukunft reden – einer wunderbaren Zukunft, was sonst?
Nein, ich bin gerade nicht in Deutschland. Dort redet kein Mensch mehr von einer schönen Zukunft, auch im Sommer nicht.
sehpferd - am Samstag, 3. Juli 2004, 12:57 - Rubrik: zeit geschehen
noch nichts dazu gesagt - etwas dazu sagen