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Demokratie ist ein sich selbst regulierendes System. Man kann es an den Wahlen deutlich sehen: Vergreift sich der Souverän, weil er einmal von Emotionen getrieben war, so sieht beim nächsten Mal wieder die Vernunft: Der Rechtsschwenk der französischen Wähler ist uns noch gut in Erinnerung, und ebenso die spätere Korrektur.

Volksabstimmungen hingegen, insbesondere so wichtige wie die über die Verfassung, lassen sich hingegen kaum revidieren. Prozesse setzen Erfahrung voraus, und außer dem Schweizervolk hat niemand in Europa Erfahrungen mit ständigen Volksbefragungen.

Volksabstimmungen können schief gehen. Wir sollten uns dies eine Lehre sein lassen und sie in Deutschland gar nicht erst einführen.
jmo meinte am 3. Jun, 21:51:
Anm. zum CH System
Wesentlich wichtiger als allfällige "Erfahrungen eines Volkes" mit Volksabstimmungen, ist meines Erachtens ist die politische Kultur. Für Schweizer ist es in der Regel undenkbar politische Macht an irgendeine Person (Präsidium) oder an eine Parteienkoalition abzugeben. Das schweizerische System ist vom Grunde auf auf der Basis des Misstrauens des Volkes gegenüber dem Staat aufgebaut. "Macht wird nicht weggeben, die Notbremse bleibt in der Hand des Bürgers." Das ist meines Wissens in dieser Ausprägung etwas Spezielles. Weiter ist die Frage der Überschaubarkeit des politischen Einflussgebietes entscheidend. Je kleiner die Fläche, desto kleiner die Ausprägung eines politischen Gefälles und somit der Interessen.
Stimmungsschwankungen hatten in der Schweiz durchaus auch Einfluss auf den Ausgang einer Initiative/Referendum. Ich glaube aber nicht im Sinne eines krassen Umkippens der Ansichten kurz vor der Abstimmung.
Weiter gilt: Eidgenössische Volksabstimmungen (also CH-weite) sind stets Verfassungsänderungen, daher wirken vor und nach den Abstimmungen entscheidende Mechanismen. Vor: Lange Beratungszeiten, Befragungen (Vernehmlassungen) von Interessengruppen, Gegenvorschläge des Parlamentes, welche brisanten, aber nicht chancenlosen Vorlagen den Wind aus den Segeln holt. Nach: Die Verfassungsänderung ist noch nicht Gesetz und Verordnung. Sie muss interpretiert werden. Weiter ist es durchaus möglich, dass nach einer allf. durch Emotionen -hypothetisch- gewonnen/verlorenen Vorlage erneut eine ähnliche Abstimmung verlangt werden kann (typische Wiederholungsinitativen: Atomvorlagen der 70, 80, 90, 00 die gelegentlich auch als "Missbrauch" und "Zwängerei" bezeichnet wurden). Dass dies jedoch nicht häufiger bei mehr Themen geschieht, liegt meines Erachtens daran, dass jeweilen der Eindruck bleibt, dass das Volk mit klarer Stimme entschieden hat und dass diese Meinung als gut genug gefestigt erachtet wird. Somit eine neue Abstimmung keine Aenderung herbeiführen wird.
Als Schweizer bin ich glücklich in diesem System zu leben, auch wenn gewisse Nachteile damit verbunden sind (z.B. Behäbigkeit und der potentielle Missbrauch des Systems). Ich möchte es nicht eintauschen, anderseits masse ich mir nicht an behaupten zu wollen, dass dies für andere Länder einfach so anwendbar ist. 
sehpferd antwortete am 3. Jun, 22:44:
Vielen Dank
für die Erläuterungen. 
 

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