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Ein britischer Kolumnist will festgestellt haben, dass die Deutschen ein deutliches Zeichen gegen den „Neoliberalismus“ gesetzt haben. Na schön. Nichts dagegen, wenn jemand die kommunistische französische Presse liest und dort abschreibt.

Freilich wären ein paar politische Kenntnisse des Briten über Deutschland nicht schädlich gewesen. „It is an extraordinary achievement and means that for the first time since the second world war the Social Democrats are faced with a rival party to their left”.

Also gut – es gab keine KPD, keine DKP und keine DFU, von den anderen Parteien einmal abgesehen, die sich “links” nannten, und die Grünen der vergangenen Jahre gab es auch nicht, die sich gerne extremsozialistisch darstellte – bis sie erkannte, dass ihre Wähler deutlich älter und mindestens zum Teil weiser wurden.

Aber davon will ich gar nicht sprechen, sondern von den so genannten Wahlanalytiker, die immer das als Fazit der Wahl annehmen, was ihnen ihre Ideologie schon vorher zu glauben befohlen hat: Dass nämlich die dicken Schlagworte wie „Globalisierung“ und „Neoliberal“ die Wahl bestimmt hätten. Klar, dass dies die extremen Kämpfer auf der Seite der Wirtschaft, der Gewerkschaften und der Linksphantasten in den Blogs behaupten – aber ist es real?

Wer wissen will, warum die Wahl so ausgegangen ist, fragt besser die junge Frau, die im nächsten Jahr gemeinsam mit ihrem Partner ein Heim bauen will: Sie hat errechnet, was sie eine Mehrwertsteuererhöhung von 2 Prozent kosten würde. Andere haben gar nicht erst gerechnet, sonder das Kreuz in dem Bewusstsein nicht bei der CDU gemacht, dass ihnen jede Steuererhöhung schaden würde. Für andere Parteien gilt dies in ähnlicher Weise: Besonders gut verdienende Angestellte, Vermieter und Kleingewerbetreibende fanden ihre faulen Eier im Nest von Rot und Grün, während die FDP wegen des unklaren sozialen Konzepts angezweifelt wurde.

Was sagt die Putzfrau? Sie bringt es auf den Punkt, wie es nur einfache Leute können: bei jeder Partei, so sagt sie, sei irgend etwas gut und irgend etwas schlecht – deswegen hätten sich die Leute nicht klar entschieden. Sie wollten eben ein bisschen von allem. Wie im Supermarkt.

Klar ist diese Sicht nicht besonders fundiert. Aber dies kann ich ihnen allen versprechen: „Globalisierung“ sagt den Leuten nichts, nicht einmal, dass sie dadurch ihre T-Shirts billiger kaufen können, und „Neoliberalismus“ halten sie für ein Kulturphänomen – und die Linkspartei? „Ach, die wo der Lafontaine jetzt ist“. Soweit zur Wahl „gegen dem Neoliberalismus“ - und soweit das Lesen im Kaffesatz - nur, dass ich noch ein bisschen dort herumhöre, wo tatssächliche Leute tasächlichen Kaffe trinken.

Fast wortgleich veröffentlicht auf meiner anderen Seite.
 

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