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einig fallerland

Dass die CDU Frieden findet, glaube ich auch nach dem Rücktritt von Herrn Meyer nicht. Aber jedenfalls steht dies fest: Ich habe die richtige Prognose gestellt. Das beruhigt.

Es ist nicht zu glauben: die CDU Meyert weiter. Gerade haben die Pressedienste verkündet, dass die Vorsitzende der CDU, Angela Merkel, an ihrem Generalsekretär trotz dessen Fehlverhaltens festhalte. Als Grund gab sie "vertrauensvolle Zusammenarbeit" an.

Mittlerweile heißt das Problem der CDU offenbar nicht mehr Meyer, sondern Merkel. Aber neu ist das eigentlich auch nicht: Gerade erst hat die Parteivorsitzende in der Föderalismusdebatte kläglich versagt.

Obwohl meine erste Prognose falsch war, wage ich eine Zweite: Wenn die CDU noch lange Meyert, wird sie nicht mehr lange Merkeln.

In Kürze wird Herr Meyer der CDU von der Schippe springen – oder besser: Die CDU wird ihn aus seinem Amt hinauswerfen. Aber das ist noch das beste, was der Christenunion passieren kann – eine innere Reinigung.

Die Union ist in die Sackgasse geraten: Ihre Verhinderungspolitik hat gerade wieder dazu geführt, dass dieser Staat erneut auf Jahre, wenn nicht auf Jahrzehnte gelähmt ist. Dabei geht es nicht um politische Themen, sondern um einen ebenso feigen wie lächerlichen Kampf um die Macht aus der Trickserposition heraus.

Nur: Inzwischen wird die Herumlaviererei nicht mehr akzeptiert. Mag das Volk auch noch in Ruhe seinen politischen Winterschlaf halten, die Presse hat es jedenfalls erkannt. Das Scheitern der Reformen in Deutschland trägt den Namen einer politischen Partei: Sie heißt CDU. Die „Badische Zeitung“ will sogar einen prominenten Akteur im Hintergrund ausgemacht haben: Roland Koch. (*)

Sehr typisch für den Zustand der Partei ist, dass die Vorsitzende mucksmäuschenstill in der Kemenate saß, als es um Deutschlands Zukunft ging. Wir wissen nicht einmal, ob sie überhaupt daran interessiert war. Sie scheint sich mit der Ideologie zu beschäftigen, namentlich mit dem christlichen Glauben, und sie will, wie es scheint, ihre persönliche Auffassung von der Kultur des Abendlandes gegenüber dem Rest der Welt durchsetzen. In Brüssel hat sie gerade eine schwere Niederlage einstecken müssen – nicht nur, weil die Parlamentarier mehrheitlich für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Türkei votiert haben, sondern auch, weil sie innerhalb der europäischen Volksparteien keine Mehrheit für ihren Standpunkt fand.

Die CDU pfeift aus dem letzten Loch – sie hat in Europa gegen ihre Schwesterparteien verloren, sie hat sich mit ihrem Abendlandkurs aufs ideologische Glatteis begeben, und sie hat dem deutschen Staat durch ihren aberwitzigen Widerstand gegen die Staatsreform nachhaltig geschadet. Dass in dieser Situation noch ein beachtlicher Prozentsatz der Deutschen diese Partei wählen will, verwundert schon – vermutlich sind es jene, die von der Regierung enttäuscht sind. Das könnte man verstehen.

(*) aus dem Kommentar „Die Blockade geht weiter“ vom Sa., 18. Dezember 2004.

Kochs Äußerung dann hier.

Zwei von Herrn Stoiber:

Patriotismus gibt unserem Land inneren Halt.
Patriotismus macht unser Land krisenfest.

Zwei von Herrn Sehpferd:

Patriotismus bringt unser Land zum Halt.
Patriotismus macht die Krise in unserem Land fest.

Ich brauche Brot, Zwiebel, Früchte, Gemüse und dann und wann ein Glas Rotwein. Ich brauche die Liebe meiner Frau, eine schöne Wohnung, in der ich mich wohl fühlen kann und eine Verbindung in die Welt hinein. Ja, und ich brauche Formen, Farben und Töne.

Aber eines brauche ich nicht: Ein Vaterland. Kein deutschliberales, kein deutschchristliches und erst recht kein deutschsozialistisches oder deutschnationalistisches.

Warum Frau Merkel und Herr Stoiber so etwas brauchen, weiß ich nicht. Vielleicht haben sie kein Brot, oder keinen Wein, keine Farben oder keine Töne.

Ich habe schon eine Heimat. Sie liegt im Norden Deutschlands. Treffe ich einen katholischen Rheinländer, so ist die einzige Gemeinsamkeit zwischen ihm und mir, dass wir uns möglicherweise auf Deutsch verständigen können. Seine Alltagssprache aber, wie auch seine sonstigen Sitten und Gebräuche aber sind mir so fremd, dass ich ihn nicht einmal zu meinem Kulturkreis rechnen würde: Engländer und Dänen lägen mir da schon näher.

Nein, ich brauche keinen deutschen Patriotismus. Schon allein, weil ich in einer Zeit geboren wurde, als noch die Zeugen deutschen Größenwahns standen: Ganze Stadteile, die in Trümmern aufgegangen waren. In ihrem Schutt sehe ich, auch heute noch, das Vaterland begraben. Wenn es wieder Patridioten in Deutschland gibt, sollen sie meinetwegen einen Klub gründen. Ich trete ihm nicht bei.

Bevor ich vergesse, Ihnen dieses mitzuteilen: Die Menschen in ihrer Stadt Ihre Stadt sind gerade dramatisch gescheitert. Was, glauben Sie nicht? Also, sie werden doch vielleicht eine Eisdiele haben, oder? Eine Italienische, nicht wahr? Und können sie nun immer noch nicht sehen, dass sie gescheitert ist? Und das sie an ihr gescheitert sind? Und das somit das gesamte Zusammenleben gescheitert ist? Nein?

Das bleibt natürlich nicht bei der Eisdiele. Der Türke, der als einziger Händler reifes, frisches Obst in Ihrer Straße verkauft, ist gescheitert, und ihr Grieche an der Ecke bei dem es immer diese leckeren Lammgereichte gibt, der ist auch gescheitert, und mit ihm die Spanier, Portugiesen, Kroaten, Chinesen und Russen, die hier Lokale oder Läden eröffnet haben – alle gescheitert. Wissen sie, die bilden nämlich in Wirklichkeit Parallelgesellschaften und weil die so was machen, kommt dabei nichts raus. Multikulti Mist, Multikulti gescheitert. Verstanden?

Sie verstehe nicht, was ich schreibe? Vielleicht gucken Sie mal auf der Webseite der Fachfrau für solche Fragen. Die hat es nämlich gerade gesagt: „Die Idee einer multikulturellen Gesellschaft (ist) dramatisch gescheitert“.

Hoffentlich darf wenigstens meine türkische Änderungsschneiderin noch an ihren Erfolg glauben: Bei der habe ich nämlich gerade ein paar Hemden zum Ärmelkürzen. Nicht auszudenken, wenn die auch noch scheitert. Aber die gehört ja wahrscheinlich auch nicht zur Kultur.

Ein Geisterschiff ist ein ehemals stolzes Handelsschiff, dessen Besatzung ein schauriges Schicksal erlitt: Irgendwann einmal gab es ein Ereignis, bei dem nach einem Streit der erste Mann über Bord ging, dann wieder einer, dann mehrere, so lange, bis sich nur noch der Steuermann an Bord befand, der sich mit letzter Kraft an das Ruder gebunden hat, um doch noch Kurs auf Einigvaterlandien zu nehmen und wenigstens die Ladung zu retten.

Wie, es waren bislang nur zwei Seeleute, die von Bord gingen? Nun, immerhin waren es Offiziere: Der eine ist ein junger, tollkühner Navigator, der für die Zukunft steht, der andere ein alter, erfahrener Seebär, der notfalls die Säcke auch von unten dichthält. Nein, nein, das waren nicht irgendwelche Leichtmatrosen, die wegen eines Kartenspiels aneinander geraten sind. Das, Frau Kapitänin, waren zwei ihrer besten Seeleute.

Doch die Kapitänin hört nicht auf die Winde noch auf die Sterne, die ihr schon lange sagen sollten, dass sie sich inzwischen auf dem politischen Meer total verfahren hat. Indessen denkt sie wohl, dass sie die Flaute ganz gut überleben könne, in der sie sich gerade befindet. Schon ihr Ziehvater, der olle Kapitän Helmut, hat ja gewusst, dass auf Flauten auch immer wieder Winde folgen und deshalb immer gewartet, bis der Wind den alten Kahn von selber wieder flott macht. Doch heute ist der Wind eigensinnig und lauert schon als neuer Sturm, der nur darauf wartet, ein bisschen Katz-und-Maus zu spielen mit dem alten, maroden, an Rumpf und Takelage bereits reichlich mitgenommenen Unionsschiff.

Die nächsten Wochen werden spannende Fortsetzungen ergeben: Wer wird als nächstes über Bord gehen? Wird der Rest der Mannschaft gegen die Kapitänin meutern? Oder wird gar der Klabautermann persönlich das Schiff in den Strudel des Abgrunds reißen?

Fortsetzung folgt. Aber nicht hier. In der Tageszeitung Ihrer Wahl.

Es gab einmal eine Zeit, in der die studierende Jugend nicht nur unbequem und aufrührerisch, sondern auch witzig und zukunftsweisend war. Heute lesen sich die Weblogs der Linken wie die Mitteilungsblätter der Hobby-Geflügelzüchter und sie denken an nichts anderes mehr mehr als an sich selbst.

Doch es gilt das Gleiche wie 1968: Wir brauchen auch in Zukunft gute Ärzte, Rechtsanwälte und Physiker, und sie werden heute an den Hochschulen ausgebildet.

Hoffen wir, dass wenigstens einige von ihnen Humor haben werden.

In Österreich muss man die Kaffeekultur verstehen, wenn man halbwegs wie ein Mensch behandelt werden will, und in Finnland ist es die Schweigekultur, für die man besser einen Lehrgang machen sollte. Wer man in London war, weiß, dass man sich unbeliebt macht, wenn man nicht die landesübliche Wartekultur einhält, und in Frankreich fällt man negativ auf, wenn man so gar keine Esskultur an den Tag legt.

Anders in Deutschland. Hier werden Ausländer bedroht, sie möchten sich bitte schleunigst an die „Deutsche Leitkultur“ halten.

Vielleicht erklären mir die Herren politischen Großsprecherinnen und Großsprecher doch bitte einmal, was denn eine „Leitkultur“ ist (vielleicht im Unterschied zu den Richtlinien zur Hundehaltung), und falls sie dies zustande bringen (woran ich sehr zweifele), dann bitte ich doch noch sehr höflich darum, in Erfahrung zu bringen, was denn wohl eine „deutsche“ Leitkultur ist.

Nur mal so nebenbei: Meine Damen und Herren Intellektuellen, dazu haben sie natürlich wieder nichts zu sagen, nicht wahr? Dachte ich es mir doch.

Offenbar schadet eine DDR-Vergangenheit manchmal doch. Der Weg hinaus aus der Ideologie ist nämlich nicht allein der Weg hindurch, er ist vielmehr ein Weg, auf dem sich eine freie und demokratische Geisteshaltung erst bilden muss. Leider hinkt dieser Prozess bei vielen Osdeutschen.

In dieses Land wandern viele Menschen ein. Keinesfalls sind sie alle Christen, und sie sind auch nicht alle Muslime. Als sie nach Deutschland kamen, bildeten sie alle, ob sie Italiener, Griechen oder Spanier waren, ihre „Parallelgesellschaften“ – aber damals war eine gewisse Angela Merkel ja in der DDR. Wäre sie in Stuttgart gewesen, sie wüsste es besser.

„Parallelgesellschaften“ entstehen zwangsläufig, wenn eine Gruppe von Menschen in einem anderen Land lebt, zu deren Wohnbevölkerung sie nicht gehört. In Budapest gibt es selbstverständlich eine deutschsprachige „Parallelgesellschaft“, die deswegen aber doch auf dem Boden der dortigen Gesetze steht, und in der deutschen Kirche wird selbstverständlich deutsch gepredigt. Dies alles ist im Ausland ganz normal, und niemand glaubt, dass man daran Schaden nimmt.

Das Problem der Deutschen (und auch Frau Merkels Problem) scheint zu sein, dass sie noch nicht in Europa angekommen sind, ja eigentlich noch nicht einmal in Deutschland. Wer einmal in England war, weiß, dass es dort ganze Straßenzüge gibt, in denen kein Wort Englisch gesprochen wird und in der die englische Kultur völlig unbekannt ist: Diese Straßenzüge werden von Indern und Pakistani beherrscht, während andere Stadtteile ganz in der Hand der Chinesen sind. Ob die Integration dieser „Einwanderer noch nicht gelungen“ ist, interessiert keinen Menschen: Die Stadt stellt Straßenschilder in indischer Sprache auf, damit sich niemand verläuft.

Vielleicht sollten Frau Merkel und ihresgleichen auch einmal nach Südafrika gehen. Ich gebe zu, das ist ein bisschen weit. Aber hier kann man sehen, wie Christen, Juden, Moslems und Hindus zusammenleben – und doch getrennt. Jeder in seiner Parallelgesellschaft und dennoch alle gemeinsam in einem Regenbogenstaat. Dieser Staat zeigt auch deutlich, dass Toleranz eben keine Einbahnstraße ist – wenn man die Kultur von vornherein mehrbahnig anlegt.

Und auch dies mutet merkwürdig an: Deutschsprachige Kultur ist zu einem großen Teil auch deutsch-jüdische Kultur. Früher hat die Christenunion immer noch von den christlich-jüdischen Wurzeln dieses Landes gesprochen: Jetzt sind davon gerade noch einmal die christlich-abendländischen übrig geblieben.

Man könnte auf die Idee kommen, dass es Frau Merkel und all den anderen gar nicht um Kultur geht, sondern darum, eine trutzige deutschchristliche Kampfhaltung an den Tag zu legen. Man wird als Bürger scharf beobachten müssen, was aus dieser Ideologie noch entsteht.

 

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