anstoss

  sehpferdvs sehpferds magazin für anstöße und anstößiges

einig fallerland

Selbst bezahlte Schulbücher waren schon immer durchaus sinnvoll: man kann sie nach belieben mit Anmerkungen versehen und vor allem später behalten.

Das deutsche Bundesland Niedersachsen stellt den Schülern die Lernmittel nun nicht mehr kostenfrei zur Verfügung – das ist, auch aus meiner Sicht, bedauerlich. Doch wer seine Schulbücher nicht mit Anmerkungen versieht, so wie es in früheren Zeiten war, kann sie am Ende des Schuljahres wieder verkaufen - und so wird in die Familienkassen eben doch kein so großes Loch gerissen.

Wobei ich noch erwähnen möchte: Deutsche Eltern können eigentlich froh sein, kein Schulgeld zahlen zu müssen. Im wirklich armen Südafrika ist die Zahlung von Schulgeld ganz normal, und siehe: Plötzlich fühlen sich die Eltern auch mitverantwortlich für die Schulen ihrer Kommune.

Nein, nein: Kein Modell für uns. Aber ein Hinweis darauf, wie soziale Leistungen in der Bundesrepublik Deutschland ganz selbstverständlich von jedem Bürger in Anspruch genommen werden.

Fünf Tatsachen zeigt die Wahl an der Saar: Erstens, dass die SPD bei den Wählern als die schlechtere Alternative unter den Volksparteien gilt (Über 14 Prozent Verluste), zweitens, dass die Menschen den Sinn der Demokratie verlernt haben (55,5 % Wahlbeteiligung) und drittens, dass die alternativen Kräfte, Grüne und FDP, durchaus noch nicht ausgedient haben. Hinzu kommt viertens, dass links von der SPD im Westen kein Blumentopf zu gewinnen ist, was für die Demokratie beruhigend ist, aber leider auch fünftens, dass die Ultrarechten aus dem Potenzial der Unzufriedenen reichlich abschöpfen können - da muss die Demokratie auf der Hut sein.(etwa 4 Prozent gingen an die NPD).


Mit einer angeblichen „Ablehnung der Reformpolitik“, die manche Kommentatoren heute aus dem Kaffeesatz herauslesen werden, hat das alles herzlich wenig zu tun, sondern wohl damit: Die Idee der Sozialdemokratie hat sich überlebt. Wir werden sehen, dass die Zukunft Deutschlands nicht im Spannungsfeld der christlichen und sozialistischen Parteigrundlagen, sondern nach Tradition und Erneuerung bewertet wird – ein Thema, mit dem beide großen Volksparteien heute auch innerlich kämpfen. Dennoch hat die Sozialdemokratie den schlechteren Stand, denn ihr zerbröselt die Basis unter den Fingern: Wer sozialen Fortschritt hier und jetzt sucht, wird immer weniger die SPD wählen und immer mehr die Grünen, und wer die Zukunft als soziale Herausforderung begreift, findet in der CDU/CSU und in der FDP oft die überzeugenderen Alternativen. Auch wer an Europa denkt, wird in der SPD immer weniger eine Heimat finden: in ihr sammeln sich inzwischen eher die regionalen und nationalen Eigenbrödler als die europäischen Macher.


Mag sein, dass die Wähler bei einer kommenden Bundestagswahl noch einmal Schröder wählen – aber das heißt noch lange nicht, dass sie die SPD wollen. Vielleicht wollen sie nur die wie einen Korken auf bewegtem Wasser herumhüpfende Oppositionsführerin nicht.

Der Mainzer Parteienforscher Jürgen Falter rechnet nach Presseangaben damit, dass eine „neue Linkspartei“ mit Herrn Lafontaine an der Spitze auf „15 bis 20 Prozent“ der Stimmen kommen können. Wie er das ermittelt hat, bleibt schleierhaft, vielleicht hat er einfach einen Blick auf die Reichstagswahlergebnisse. 1920/1922 geworfen, als die Absplitterung USPD der SPD auf einen Schlag etwa 16 Prozent der Stimmen weg fraß. Aus dieser Situation erholte sich die damalige SPD nie wieder – auch als es längst keine USPD mehr gab. Sollte sich die Geschichte wiederholen, dann könnte Herr Lafontaine nicht nur der Totengräber der SPD Geschichte machen, sondern auch noch als Zerstörer des sozialdemokratischen Wählerpotenzials. Das betrug 1933 noch 18,25 Prozent der Stimmen, wobei ein großer Teil auch an die Kommunisten verloren ging.

Man kann nur hoffen, dass das deutsche Volk nicht noch einmal so dämlich ist, auf eine Absplitterung der SPD hereinzufallen.

Die Zahlen.

Die meisten linken wie rechten Abweichler in den traditionellen Parteien haben eines gemeinsam: sie argumentieren von einem deutschnationalen Standpunkt aus: „wir“ müssen unser Volk unterstützen, beschäftigen und versorgen. Sie vergessen dabei, dass wir inzwischen ein Teil Europas sind. Europa sieht auf uns, hoffend, dass wir endlich, endlich unsere Kraft wieder in die Wirtschaft investieren. Unsere Nachbarn würden gerne sehen, dass wir wieder zu Sinnen kommen und gemeinsam die lächerlichen sozialen und kulturellen Grabenkämpfe aufgeben.

Doch was tun wir? Wir lassen rechte Sozialromantiker, national orientierte Sozialisten und nationaltümelnde Autoren für uns sprechen, so wie es gerade der alternde Schriftsteller Gerhard Zwerenz in „Ossietzky“ tat. Der ist inzwischen „Stolz, ein Ostdeutscher zu sein“. Auch eine Möglichkeit, den neuen Nationalismus auszudrücken.


Zwerenz-Zitat:

„Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein«, ist ein saudummer rechter Spruch. »Ich bin stolz, ein Ostdeutscher zu sein« dagegen eine nützliche, notwendige Aussage. Ohne aufrechte Ostdeutsche und ihre Erfahrungen ist der Adler, das alte Wappentier, ein kranker Vogel mit gebrochenem linken Flügel.“

Eines haben die ostdeutschen Protestler von der Demokratie begriffen: dass man demonstrieren darf, und dass man auf Transparenten so gut wie jeden Unfug mit sicher herumtragen kann. Etwas anderes haben sie nicht begriffen: den Unterschied zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft.

Als Deutschland den Krieg verloren hatte, gab es im Westen (jedenfalls in der amerikanischen Zone) Programme, um den braunen Mief aus den Hirnen zu blasen – fröhliche Programme für die Demokratie, wie sie beispielsweise in den Amerikahäusern geboten wurden. Damit hatte man, wenigstens bei der Jugend, große Erfolge.

Als Deutschland wiedervereinigt wurde, gab es keine Programme, um den roten Mief nachhaltig aus der Gedankenwelt zu entfernen - er blieb drin. So kommt es, dass in der ehemaligen DDR noch immer einige tausend Menschen empfänglich sind für das neu-sozialistische Rattenfängertum. Sie haben gestern wieder demonstriert: Fragt sich, für wen das gut sein soll. Gegen wen es sich letztlich richtet, ist hingegen keine Frage: gegen die parlamentarische Demokratie. Hartz ist nur das Vehikel.

Da tut schon der erste Schritt gut, den Namen „Hartz“ aus dem Sprachgebrauch zu entfernen. Der zweite Schritt, zu dem sich die Presse entschließen muss, ist das Wort „Montagsdemos“ endlich in Anführungszeichen zu setzen. Der gleiche Name kann nicht einmal für Freiheit und Demokratie und dann wieder für den Sozialismus stehen.

Die Bundesrepublik Deutschland ein Einwanderungsland? Mitnichten, wie die ZEIT jetzt berichtet. Nicht einmal aus den neuen EU-Länder kommen Menschen in Massen, und sie werden auch nicht kommen, wenn einmal die volle Freizügigkeit gegeben ist. Stattdessen wandern Menschen von Ost nach Ost: die neuen EU-Länder Polen, Tschechien und Ungarn werden zu Einwanderungsländern, und für manche Berufe in der Industrie, bei Dienstleistungen und in der Hochtechnologie fehlen in fast allen europäischen Wirtschaftszentren geeignete Fachkräfte. Deutschland wird auch bald auf die Suche gehen müssen – mindestens bei technischen Spezialisten und Putzfrauen..

Keine Arbeit in Deutschland? Keinesfalls. Arbeit gibt es an jeder Ecke. Putzen, Kinder versorgen, Hunde ausführen. Nur will sie niemand machen. Niemand? Auch nicht wahr. Illegale Einwanderer tun, wozu sich Deutsche zu fein ist. Die ZEIT beschreibt es.

Merkwürdige Koalitionen gibt es in Deutschland: PDS und Attac rufen neben ein paar isolierten Gewerkschaftlern gemeinsam das Volk auf, zu Demonstrationen zu kommen und dafür zu streiten, dass der nicht durch Versicherungen gedeckte Teil unseres Sozialwesens so bleibt, wie er ist.

Damit könnten PDS und Attac vor allem erreichen, dass das „liebe Vaterland“ ruhig wird und man die Reformen zurücknimmt, damit wieder Eierkuchenstimmung in Deutschland herrscht. Die Wirtschaft wird sich derweil überlegen, ob man nicht noch mehr Jobs ins Ausland verlagern kann, was problemlos möglich ist, wenn sich Deutschland durch Zögerlichkeit als reformunfähig erweist. Um sie zurückzuholen, werden dann noch erhebliche stärkere Einschnitte im Sozialwesen nötig sein, weil man ja mit den Steuern und Abgaben herunter muss.

Und dann werden PDS und Attac wieder zu neuen Montagsdemos aufrufen können, in denen wieder Transparente hoch gehalten werden: wie schön, wenn man politisch so verantwortungslos sein kann.

Man kann nur hoffen, dass Regierung und Opposition zu dem stehen, was sie vereinbart haben. Gegen eine mögliche Stärkung der PDS bei den nächsten Wahlen gibt es ein Mittel: die große Koalition der traditionellen Demokraten, vielleicht gar mit grüner Beteiligung. Wenn der Unverstand die Straße regiert, sollten wenigstens die bewährten demokratischen Kräfte zusammenhalten.

Zur Wirtschaft und ihrer Denkweise auch ein Beitrag von jim.

Warum verwenden Jugendschützer „Sex und Gewalt“ eigentlich immer in einem Satz? Sex, liebe Mitmenschen, ist (zumeist) etwas Wunderschönes, und Gewalt (im Sinne von Brutalität) ist etwas ganz Schlechtes. Noch Fragen? Vielleicht weiß Frau Familienministerin darauf ja eine Antwort. Der Link für ganz Unerschrockene ist hier.

Was nicht falsch ist, muss nicht unbedingt richtig sein – nach dieser Maxime und mit dem Seitenblick auf neugierige Leser titelte gerade die Wochenzeitung DIE ZEIT etwas reißerisch „Nur die Reichen werden reicher“. Im Text freilich – dies muss man der ZEIT zugute halten, wird dieser Hohlspruch wieder relativiert. „Reicher“ sind nämlich vor allem die wohlhabenden Haushalte im Osten geworden, wo das Vermögen des „reichsten Viertels“ sich seit 1993 fast verdoppelt hat. So wächst denn auch die „Kluft“ zwischen Arm und „Reich“ nur im Vergleich – die Anzahl der so genannten „reichen Haushalte“ mit mehr als 150 Prozent des Durchschnittseinkommens wuchs mal gerade von 12,3 auf 12,4 Prozent – kein Grund also, in Deutschland eine Neiddiskussion anzufangen –das tut die ZEIT auch nicht, denn bis auf die Überschrift stimmt alles.

Mich wundert, dass Bezieher von mehr als 150 Prozent des Durchschnittseinkommens in Deutschland bereits als „reich“ gelten, während die Armutsgrenze bereits bei 50 Prozent beginnt. Das sind immerhin noch 1177 Euro – kein fürstliches Einkommen, aber immer noch mehr als das Dreifache dessen, was einem durchschnittlichen ungarischen Bürger übrig bleibt.

Korrektur nach Neuberechnung.

Letztes ermiiteltes Durchscnittseinkommen in Ungarn: 84.000 HUF (etwa 340 Euro) entspricht weniger als einem Drittel des deutschen "Armeneinkommens".

Sozial ist, wenn alle Menschen Wohnungen haben. Sehr sozial ist, wenn diese Wohnungen noch preiswert sind, weil kaufmännisch gut gerechnet wurde, denn dann kann sich der Mieter für die eingesparten Beträge noch etwas Schönes für sich und seine Familie kaufen.

Im Osten sitzen die Wohnungsbaugesellschaften auf ihren Wohnungsbergen aus ehemaligen Plattenbauten und geben mit den Preisen nach, nur um Mieter anzuziehen oder zu behalten. Das ist die freie Marktwirtschaft, doch würden viele diese Preise nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten bereits als „Dumpingpreise“ bezeichnen, die sich eben nur die großen Nachlassverwalter des Sozialismus leisten können. Freilich können auch sie dies nur für begrenzte Zeit. Dann muss „rückgebaut“ werden – zu Deutsch: Abgerissen.

Derweil sitzen die privaten Vermieter auf den Bankkrediten, die sie für ihre Elternhäuser aufnehmen mussten. Vermieten? Nicht zu Kostenmieten, und nicht einmal ein Viertel darunter – oft bleiben private Wohnungen leer stehen, weil sie unvermietbar sind. Die Folgen? Man treibt die kleinen privaten Vermieter, die mithalfen, unsere ostdeutschen Städte vor dem Verfall zu retten, ins Elend - einige von ihnen jedenfalls. Zwangsversteigerungen sind nicht mehr ungewöhnlich. Das ist nicht sozial.

 

Add to Technorati FavoritesMy Popularity (by popuri.us)

twoday.net AGB

xml version of this page

xml version of this topic

powered by Antville powered by Helma