anstoss

  sehpferdvs sehpferds magazin für anstöße und anstößiges
„Ein nackter Oberkörper im Biergarten ist immer ein bisschen zu nackt“ – sehen sie, bevor noch das Ungeheuer von Loch Ness erscheint, spricht die Deutsche Presse Agentur offenbar mit einer Frau Inge Wolff.

Was die mit nackten Oberkörpern zu tun hat, wird allerdings nicht ganz klar, und auch nicht, ob sie ausschließlich Frauen gemeint hat, die besser keine Brüste im Biergarten zeigen sollten. Aber wie auch immer: die Tanzlehrerein und Autorin, die sich in der deutschen Presse so gerne in den Vordergrund spielt, hat mal wieder gesprochen.

drink_nude

Andere Sitten:
Man trinkt nicht nackt - sonder man zeigt, dass man nackt trinken würde

(c) 2005 by drinknudebeer.com

Das Kondom gehört immer ins Handtäschchen – es ist dort wesentlich wichtiger als der Lippenstift und selbstverständlich auch wichtiger als die süßen Plüschhandschellen.

Immerhin sollen deutsche Frauen zu 61 Prozent Kondome im Handtäschchen oder im Nachtkästchen haben – man weiß ja nie, wann einen der kleine Hunger überfällt.

bundeszentrale

(c) 2005 by Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – fast immer sonntags

Ein Sonntag im Sommer, wie er im Bilderbuch steht – da warte ich lieber die Mittagshitze ab, bevor ich in die Natur hinausgehe. Gestern war ich erst einmal in unserem schönen städtischen Rosengarten – eine der wenigen Attraktionen meiner „alten“ Stadt, die ich vermissen werde. Vielleicht wäre ich auch noch zur „ART“ in Basel gegangen – aber nicht bei dieser Hitze.

Also bleibe ich bei Wasser und Joghurt zu Hause und sinniere einmal wieder über die Woche nach – bloggerisch, versteht sich. Die Szenerie der so genannten Blogs verschiebt sich derzeit erdrutschartig: die besseren Autoren, von denen es in der Tat auch in Deutschland eine Menge gibt, besinnen sich auf ihre Fähigkeiten und kooperieren mit andren, um gemeinsam mehr gelesen zu werden. Zwar weiß man allgemein noch nicht, was einem die Autorenschaft in Blogs bringt, aber sicher scheint zu sein, dass nur dijenigen als Autoren überleben werden, die gerne und viel gelesen werden.

Natürlich – Stadtblogs sind nicht so der Renner. Sie werden es erst, wenn sie touristische Bedeutung erlangen. Reine Unterhaltungsmagazine, teils durchaus mit kulturellem Anspruch, sind besser dran. Ob Politblogs tatsächlich eine Bedeutung erlangen werden, ist trotz der großen Kampagnen noch lange nicht klar: es gibt zwar viel Wind, aber noch kaum Windmühlen. Auch bei den erotischen Blogs tut sich ganz wenig in Deutschland: Zu unterschiedlich im Stil, zu uneindeutig bei den Zielgruppen. Gepflegte Erotik, wie wir sie im amerikanischen „Nerve“ finden, gibt es in Blogform noch nicht einmal in den Vereinigten Staaten von Nordamerika – wie soll man sie dann hier etablieren? Interessant, dass es immer mehr bloggende Sexarbeiterinnen gibt – aber davon sprach ich ja schon. Wie so oft, erkennen Huren Veränderungen ihres Marktes offenbar schneller als andere Dienstleister – von Bloggern einmal ganz zu schweigen.

Ob es nun sinnvoll ist oder nicht – ich schreibe jedenfalls weiter, derzeit hauptsächlich im „wahlblog“, weil mich nach wie vor interessiert, was aus Deutschland wird. Hätte es nur damals, zu Roman Herzogs Zeiten, den „Ruck durch Deutschland“ gegeben! Doch die Deutschen blieben falsch gepolt: Sie glaubten damals, dass ihr Hochmut auf ewig Bestand haben würde – und sie müssen jetzt die bittere Zeche dafür bezahlen. Nur merkwürdig, wenn es dennoch immer wieder Leute gibt, die keine Menschen oder Ideen aus dem Ausland zulassen wollen und die am liebsten die Grenzen für Ausländer schließen würden. Die nächsten Monate werden zeigen, ob das hochmütige, zögerliche und nationalistische Dummdeutschland, das in allen politischen Parteien irgendwelche Vertreter hat, oder das weltoffene, mutige und europafreundliche Klugdeutschland gewinnt.

Ich habe dieser Tage eine kleine Kampagne gestartet, nach französischem Vorbild: „Ce n’est pas un blog“ – dies ist kein Blog. Sie können das Logo hier herunterladen und auf ihre Seite nehmen, wenn sie wollen. Ich jedenfalls habe es satt, mich dauernd mit „Blogger-Prinzipien“ auseinander setzen zu müssen. Blogs sind keine Religion. Wer eine daraus macht, fällt automatisch dorthin, wo alle Fanatiker früher oder später landen: in die Sinnlosigkeitsgrube.

Trotz alledem: genießen sie den Sommer – und holen sie sich heute keinen Sonnenstich.

Einen schönen Sonntag wünscht weiterhin ihr Sehpferd.

In der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ wird den Wahlblogs viel Aufmerksamkeit gewidmet – unter dem Titel „Die Blogfreiheit der deutschen Politik“ schreibt Stefan Niggemeier einen beachtenswerten feuilletonistisch aufgemachten Artikel über die jüngste entstandene Szenerie der deutschen Politblogs – die bevorstehende Wahl machte es möglich.

Allerdings – vorläufig ist alles nur ein Anfang. Das weiß auch Nico Lumma, der selber noch ein bisschen skeptisch auf sein Wahlblog blickt: Gut im Ansatz, aber es fehlen ihm eigentlich noch Autoren – Journalisten vor allem, aber auch Mitglieder der Parteien, die direkt vom Ort des Geschehens aus berichten.

Außer Nicos engagierten Projekt werden auch noch das „Wahlblog05“ erwähnt, und natürlich die Focus-Blogs. Der Focus, in seiner Online-Ausgabe bislang eher eine Art Boulevardzeitung für Menschen, die nicht mehr BILD lesen wollen aber dennoch alles, was BILD so veröffentlicht, wird nämlich mit den Blogs durchaus aufgewertet. Herr Niggemeier schreibt: „für die ‚Focus Online’-Leser, die sonst schlichteste Texte und halbnackte Frauen gewöhnt sind, ist es ein ziemlicher Kulturschock“.

Na bitte. Doch nicht nur der „Focus“ wird gewinnen – die deutschen so genannten „Blogger“ werden auch angespornt, besser zu werden, disziplinierter zu schreiben, präziser zur Sache zu kommen. In den Wahblogs trennt sich, wie überhaupt in der Szenerie unabhängiger Autoren, gerade die Spreu vom Weizen: die ständigen „Labervögel“ machen sich schnell selbst lächerlich, und die guten Leute werden bereits handverlesen weiter gereicht – wenn sie denn überhaupt in genügender Anzahl vorhanden sind.

Nico Lumma hat sicher Recht: Unabhängige Web-Autoren und Web-Journnalisten könnten der „Sabinechristianisierung“ entgegen wirken, also dem „dämlichen Gelaber“ (Lumma), das uns im Fernsehen ständig vorgesetzt wird. In dieser Aussage freilich liegen Chancen wie auch Risiken: Denn erstens gibt es im Fernsehen oft sehr qualifizierte Diskussionen, wenngleich niemals bei Sabine Christiansen, sondern zu diversen Gelegenheiten auf „Phönix“, und außerdem ist es mit den „qualifizierten“ Diskussionen oft auch in Blogs nicht weit her. Den so genannten Bloggern bleibt also wirklich nichts anderes übrig, als Qualität, Originalität und Witz miteinander zu kombinieren, um das zu werden, was sie gerne sein wollen: Medien, wie es keine anderen gibt.

Dieser Artikel erschien heute gleichlautend, jedoch mit einer anderen Überschrift, im Wahlblog.

Beim Kölner Stadtblog habe ich (das wissen meine Leserinnen und Leser ohnehin) Recht behalten: Das Blog ist chaotisch, der redaktionell betreute „Rheinblick“ hervorragend.

Die Redaktion zieht die Tagesmeldungen der lieben Konkurrenz durch den Kakao, zum Beispiel „wie ermordet man einen Tanga“ (wäre es nicht so traurig, könnet der Fall glatt für eine Satire gut sein). Selbstverständlich hält man auch die Augen offen: Wer eine große Frau sucht, kann die Anzeige ruhig (nachgemessene) zwei Meter fünfundsiebzig hoch hängen.

Ich finde: weiter so. Und trotz aller Pietät: Wenn ihr Liebhaber ihr Tanga-Höschen als Souvenir für die Liebesnacht haben will, lassen sie sich 50 Euro dafür geben – aber verweigern sie bitte nicht die Herausgabe – es könnte das Leben kosten.

Machen sie mit – bei der Kampagne „dies ist kein Blog“ und setzen sie sich damit ab vom täglichen Unsinn, aber auch von Blog-Ideologen und überhaupt jeder Art von Besserwissern.

Sie demonstrieren damit:
Sie sind Autor, kein Blogger.
Sie schreiben ein Journal, kein Blog
Sie sind nicht Mitglied der Blogger-Gemeinde
Sie pfeifen auf die Rituale der Blogger

Das technische Medium mag man Blogs nennen – aber die Menschen, die dieses Zeichen verenden, sind keine Blogger, sondern freie Bürger, die hier schreiben, was sie für gut und richtig halten.

Kopieren sie nur das Logo "dies ist kein blog" in ihr kleines Journal, und verweisen sie auf diese Seite - das ist alles.

cenestpas

 

Add to Technorati FavoritesMy Popularity (by popuri.us)

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma