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Die Gesichter sind düster: Ach, die Frau Merkel wird den Durchbruch auch nicht schaffen, und ach, uns geht es ja so schlecht, und ach, sehen sie doch, Familien mit Kindern können sich doch jetzt gar nichts mehr leisten.

Ich weiß nicht, was noch hilft, um diesem Geheule endlich ein Ende zu machen: Tatsachen offenbar nicht, denn deutschen Familien geht es glänzend. Sie sacken ein, wo es nur geht: Vor allem beim Ehegattensplitting und beim Kindergeld. Das Nettoeinkommen der angeblich so „armen“ Familien liegt bei über 3700 Euro, da kann man manchen Euro auf die hohe Kante legen, und zwar auch noch dann, wenn die Hypothekenzinsen bezahlt sind: Natürlich hat eine satte Mehrheit der deutschen Familien mit zwei Kindern ein Eigenheim.

Ja, aber. Die Gebühren, die Energiekosten, die Kommunikationskosten – nichts als Steigerungen. Und dann die Rente, für die man „ja nun selbst sorgen“ müsste, so, als ob 628 Euro, der durchschnittliche Sparbetrag einer solchen Familie, nicht bereits eine gute Grundlage für das dritte Bein der Altersversorgung wäre.

Wenn den Familien dann gar nichts mehr einfällt, worüber sie noch herumjammern könnten, sind es die gestiegenen Kosten für Pauschalreisen oder die erhöhten Kosten für „das Essen gehen wegen des Euros – das sei mit Kindern ja nun schon gar nicht mehr möglich“. Mir kommen angesichts dieser Argumente die Tränen.

Arme Familien, ich sehe ein, dass man soziale Suppenküchen für euch einrichten muss.


Quelle der Zahlen
hoppladihop meinte am 31. Mai, 12:10:
Danke für den Hinweis auf die Quelle.
Ich habe das im Autoradio gehört und konnte es nicht glauben. Es handelt sich hierbei schließlich um einen Durchschnitt - und der soll diesen Wert erreichen? Ich selber habe vier Kinder, Nummer fünf ist unterwegs. Ich glaube auch nicht, dass die Familien so viel herumjammern. Dafür fehlt den richtigen Familien sowieso die Zeit. Man sollte die Frage nach den Gründen der sinkenden Geburtenraten in Deutschland auch nicht nur in den finanziellen Situationen suchen? Wonach wird man denn heute eher gesellschaftlich beurteilt? Dicker Schlitten in der Garage führt zur Aufwertung, Kinder im Schlepptau führt zur Abwertung.
Kurzes Beispiel: Meine Frau und ich betreten ein Restaurant und fragen nach einem Tisch für 6 Personen - kein Problem. Die vier Zwerge folgen in den Raum und - hups - plötzlich sind alle Tische reserviert. Und das beim Italiener, wo dieser Nation doch eine besondere Kinderfreundlichkeit nachgesagt wird. 
Der_Eisenschmyd antwortete am 31. Mai, 13:10:
Sehr geehrter Herr Sehpferd,

dieser Durchschnittswert ist aber eben nur dann erreichbar,WENN beide Elternteile eine gut (durchschnittlich) bezahlte Arbeit haben.
Hat ein Elternteil keine (meist die Frau) sieht es schon problematischer aus, ein Grund zum Jammern liegt dann vor.
Ich muß allerdings sagen, das die Familien in meinem Umfeld und seien es die Nachbarn sicher auch nicht jammern, denn diese haben mit mindestens 2 Kindern alle nebst Eigenheim mindestens den neunen 3er vor der Tür stehen und sie sehen auch nicht gerade ungepflegt aus.
Wobei das Eigenheim doch meist noch von den Eltern mitfinanziert wird.
Andererseits ist das im Münchner Raum auch etwas anderes, denn die Mehrheit wird sicher keine 3700 bis 4000 Euro netto im Monat haben.
Es sei denn die ganzen Mütter die erzählen sie fänden keine Arbeit und selbst wenn sie eine bekämen könnten sie sie nicht annehmen, weil sie kein Kindergartenplatz bekommen, würden alle lügen...


freundliche Grüße

Eisenschmyd 
sehpferd antwortete am 31. Mai, 16:02:
Junge Familien sind die Ausnahme
Nun, dann differenzieren wir mal: Die statistische Aussage gilt natürlich für Familien. Sie sagt nichts über „Familien mit kleinen Kindern“, die tatsächlich vergleichsweise schlechter gestellt sind. Erfahrungsgemäß ändert sich dies aber, wenn die Kinder größer werden.

Das Beispiel mit dem Tisch beim Italiener ist natürlich wirklich schlimm – damit würde ich mal zur örtlichen Zeitung gehen. Die freuen sich über so etwas.

Die „sinkende Geburtenrate“ ist allerdings nach meiner Auffassung nicht in der finanziellen Situation zu suchen – wenn sie den Vergleich mit anderen Ländern in Europa suchen, in denen Elternpaare mehr Kinder haben, werden sie feststellen, dass man dort keine besseren Familieneinkommen als in Deutschland erzielt. 
sehpferd antwortete am 31. Mai, 16:25:
Der Durchschnittswert wurde schon erreicht
Der Durchschnittswert ist ja bereits erreicht, völlig unabhängig davon, ob beide Elternteile arbeiten oder nicht, und ob sie gut oder schlecht bezahlt werden. Allerdings wäre wünschenswert, dass Mütter ihre Arbeit nicht zu lange unterbrechen, um den Anschluss an das Berufsleben zu halten. Dann allerdings können noch bei weitem höhere Nettoeinkommen erreicht werden. 
TheSource meinte am 31. Mai, 16:06:
Ein wenig obskur
ist das schon, sich über eine tatsächlich wachsende Armut lustig zu machen. Das wahre Problem Deutschlands ist tatsächlich die schwindende Solidarität und das - propagandistisch gesteuerte - Jeder-gegen-Jeden-kein-Mitgefühl-mit-den Schwachen.

Das ist der Untergang des Humanismus. Armes Deutschland. 
sehpferd antwortete am 31. Mai, 16:37:
Lustig machen?
Ich weiß, was Armut ist, und sicher hätte mein Vater 1946 gerne all das in Anspruch genommen, was heute eine „arme“ Familie ganz selbstverständlich begehrt, von der Heizung über fließend warmes Wasser und eine Dusche, tägliche warme Mahlzeiten mit Fleisch und Dessert bis hin zur regelmäßigen Kindergeldzahlung für das erste Kind, ein Automobil und mehrere Telefone.

Also: kommen sie mir doch bitte nicht auf diese billige Tour, und vor allem nicht mit solchen Sprüchen. Wer arm ist, bekommt in diesem Land, was er braucht. Aber wer 3700 Euro im Monat verdient, ist nicht arm. 
TheSource antwortete am 31. Mai, 19:15:
Eigentlich
"kam" ich Ihnen mit gar nichts - auf gar keinen Fall mit 3700 EUR *schmunzelt. Es ist auch nicht zwingend machbar, 1946 mit heute zu vergleichen, die Situation und die Anforderungen sind vollkommen andere. Es gibt tatsächlich Familien, die mit 1100 EUR auskommen müssen - zu fünft. Und das Märchen, hierzulande bekäme jeder "genug zum Leben" ist lange ausgeträumt.
(Ich sage dies als privilegierte Person. Mein Punkt ist schlicht der, dass ich mich weigere, einer unsolidarischen Polemik zu folgen, die ich gar nicht Ihnen ankreide, sondern den Meinungsmachern im Land).
Es gilt schon, zu differenzieren zwischen Menschen, die tatsächlich Hilfe brauchen und zuwenig bekommen und denen, die aus - ebenso unsozialen - Gründen, wie es Alle-über-einen-Kamm-scheren ist, diese "Bedürftigkeit" vortäuschen. 
 

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