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Glauben sie nicht, es wäre so einfach, über Erotik zu schreiben – nicht, wenn sie Nachrichten verarbeiten müssen – es gibt nämlich kaum welche. Zwar bemüht sich die Yellow Press nach Kräften auch erotische Sensationen zu erzeugen, doch erweisen sich die Meldungen meist als an den Haaren herbeigezogen – also fallen sie schon mal aus, zumal ich die Namen der „Berühmtheiten“, sie irgendwann irgendwie irgendwo im falschen Bett gelandet sind, sowieso nicht kenne.

Doch Abhilfe nahte heute: Da prasselten die erotischen Sensationen heute nur so herunter, und der erstaunte Zeitzeuge erfuhr, dass Luftballonfetischismus eine unheimliche Neuheit ist:

Relativ neu im Trend liegen so genannte "Looner" oder Luftballons-Fans. In einschlägigen Foren wird dabei zwischen "Poppern", "Non-Poppern" und "Semi-Poppern" unterschieden - die einen erfreuen sich am Platzenlassen eines Luftballons, die anderen spielen nur damit, und "passive Popper" beobachten gerne Frauen, die Luftballons zerstören.“ Müssen Wikipedia gelesen haben, die Jungs.

Was mir dazu einfällt? Dass dieses Thema ziemlich alt ist, dass fast alle Luftballonfetischisten ein bisschen unterbelichtet sind und dass es ziemlich laut knallt, wenn so ein Luftballon platzt. Ein Schelm, wer da an Kindergeburtstag denkt – Looner nehmen sich sehr ernst. Plushies auch – nur dass die noch infantiler sind.

Jugendfrei und ohne Nacktheit präsentiert sich diese Werbeseite, die für ein Looner-Video wirbt.

Jedenfalls wissen wir nun eins: Das Material für diesen Fetisch ist billig, überall erhältlich, absolut unverdächtig, ehefrauen-, töchter- und müttersicher, nicht jugendgefährdend und außerdem sehr leicht – notfalls kann man die Grundausstattung in der Hosentasche transportieren. – Günstig für Flugreisende.

Einst war es das Modewort der 68er: Frustration. Ich, du, er, sie, es sind frustriert. Der Arbeitgeber frustriert den Mann, der Mann frustriert die Frau, die Frau frustrierte die Kinder. Wir alle sind frustriert von den gesellschaftlichen Gegebenheiten – und was dergleichen mehr ist.

Es hat lange gedauert, bis das Wort von den Springer-Kritikern in die Springer-Presse wanderte – aber nun ist es da:

„Ostdeutsche sind viel frustrierter als Westdeutsche“, „Ob ... Frustration dominiert“, „gaben an ... eher frustriert zu sein“, „äußerten ... Frustration“, „bezeichnet sich als frustriert“, „sind frustriert“.

So ist es denn nun eben: Wo die Frustration dominiert, bezeichnen sich die Frustrierten als frustriert. Gemeint haben die Jungs eigentlich, dass die Menschen sich ihr Leben anders vorstellen, dass sie sich andere Lebensverhältnisse wünschen oder dass sie such ein zufriedeneres Leben vorstellen würden.

Wen es beruhigt, die Studie wurde „von Infratest Dimap im Auftrag der Bild am Sonntag" erstellt – hoffentlich sind deren Leser nun nicht frustriert, weil von denen voraussichtlich kein Mensch weiß, was „frustriert“ bedeutet – aber die „Infratest Dimap“-Mitarbeiter scheinen es auch nicht zu wissen - und auch bei WELT-Redakteuren habe ich inzwischen so meine Zweifel - wie denn auch bei den 63 anderen Redaktionen, die solchen Blödsinn durchgehen lassen.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – fast immer sonntags

Sie werden sich amüsieren, wenn ich ihnen sage, dass ich diese Woche sehr wenig aus den Algen zu berichten weiß. Irgendwo da draußen werden überall Blogfriedhöfe vermutet, und ich habe tatsächlich auch schon einige besichtigt. Auch "vorübergende" Stilllegungen geben mir zu denken, vor allem, wenn es sich um sehr erfolgreiche Blogs handelt. Auf der anderen Seite gibt es, wie es scheint, so etwas wie Wiedergeburten – Blogs, mit denen man schon gar nicht mehr rechnet, werden plötzlich wiederbelebt. So, wie beispielsweise Sophies Blog, das ich ganz besonders schätze, während die Autorin nach kurzen und heftigen Schreibanfällen offenbar wieder das Weite suchte. Geblieben ist eine Darstellerin in Filmen für ein erwachsenes Publikum, die allerdings, wie es scheint, von den bloggenden Gutmenschen weitgehehend gemieden wird.

Wie auch immer – die Idee der Blogs wird erwachsen, und wer erwachsen ist, will etwas mehr als nur herumspielen – das Blog muss einen Sinn haben, so, wie eine Zeitung oder ein Buch eben auch einen Sinn hat, und ich kann nicht umhin, meine eigenen Blogs bei solchen Betrachtungen mit einzubeziehen. Ich werde kritisch Bilanz ziehen müssen, wie dies Andere schon vor mir getan haben – nur soviel weiß ich schon jetzt: Das Budapest-Blog wird bleiben und weiter ausgebaut werden, sobald ich selbst häufiger in Budapest bin. Das neue Erotikblog, der „Nachtfalter“, wird zum 1. September offiziell eröffnet, und zwar auch dann, wenn sich bis dahin niemand zur Zusammenarbeit gefunden hat.

Nach und nach kommt mir wirklich in den Sinn, dass es aussichtslos ist, Blogger um Kooperation zu bitten: Alle arbeiten eigensinnig und ohne persönlichen Nutzen vor sich hin, und dennoch behaupten alle, persönlich von ihren Blogs zu profitieren. Sieht man freilich genau hin, so haben selbst die Topnamen in der deutschen Bloggerei so gut wie nichts mehr zu sagen – es sei denn, sie glauben, Gebetsmühlen könnten sprechen. Nehme ich die Polemik einmal weg, so bleibt dies: Wenn Menschen zusammenkommen und etwas zusammen planen, dann vervielfältigen sich die Potenziale und es entsteht Synergie – wenn Menschen von sich hinschreiben dann erschöpfen sich ihre Potenziale und die Ergebnisse werden von Monat zu Monat schlechter. Es ist, als ob man eine Zitrone auspresst: Irgendwie kommt immer noch etwas Saft, aber irgendwann ist es auch damit aus – neue Zitronen müssen her.

Wenn sie meinen, noch ein Paar Früchtchen im Ärmel zu haben, ist es ja nie zu spät, mal mit der Zusammenarbeit zu beginnen. Bei mir finden Sie jedenfalls immer ein offenes Ohr. Aber tun sie es bitte schnell – der erste September kommt bald, und zum Jahresende wird dann die erste Bilanz gezogen. Meine Einladung an Blogger(innen) geht selbstverständlich auch an alle Journalistinnen und Journalisten.

Was ich sonst noch zu sagen hätte? Ach, liebe Damen und Herren Herausgeber, ich wundere mich, dass Ihre Wochenendausgaben immer noch ohne Sehpferd auskommen. Sie wollten doch Leser, oder irre ich mich?

Mein Feedreader verfolgt, wie immer, die einflussreichsten deutschen Blogs, die sich nicht ausschließlich aus Linksparolen, Dummgeschwätz und Jungmädchengeplapper nähren, und siehe da: Einer hat mal wieder Sendepause. Urlaub? Solche Blogs wie das MEX-Blog mache doch eigentlich nie Urlaub, doch dann sehe ich:

„Das MEX-Projekt befindet sich in einer Umbruchphase. Im September 2005 wird es eine Versammlung der Gründungsmitglieder geben, auf der die neue Ausrichtung von MEX beschlossen wird. Solange bleibt das MEX-Blog etwas inaktiver, aber bestehen und es ist davon auszugehen, dass es weiter betrieben wird. Stay tuned."

Na schön, aber was hat das MEX-Projekt mit dem MEX-Blog zu tun? War es nicht eigentlich immer Robert Basics Projekt?

Mal sehen, wie es weitergeht: Vielleicht kommen wir der Ursache des Blogsterbens und der Wiedergeburten dann ein wenig näher. Vielleicht habe ich nicht den richtigen Beruf, um dies zu begreifen – man muss wohl ein Priester sein, um die Blog-Religion zu verstehen.

Das muss dem DPWV erst einmal jemand nachmachen: Eine Pressemitteilung zu veröffentlichen und diese dann in der Wirtschaftspresse wie auch in der Presse der Linksextremisten praktisch unter annähernd gleichen Titeln veröffentlicht zu sehen: „Hartz IV steigert Kinderarmut“ oder „Kinderarmut durch Hartz IV“. Dies ist folgendem Kernsatz entnommen: „Hat die Einführung von Hartz IV zum Jahresbeginn die Zahl der von Armut betroffenen Kinder auf eine Rekordsumme von 1,7 Millionen steigen lassen“. Dabei geraten die Zahlen der Studie schnell in den Hintergrund, wenn mit Emotionen hantiert wird: Nach einigen Zahlenspielen meldet sich wieder der DPWV-Chef Dr. Ulrich Schneider zu Wort: „Es ist verheerend für ein Gemeinwesen, wenn ein Drittel der Kinder vom normalen gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen sind“ und „Wir können es uns nicht leisten, 1,7 Millionen Kinder auf einem Einkommensniveau zu belassen, das ihnen schlicht Zukunftschancen nimmt“.

Die wirklichen Zahlen und ihre Hintergründe indessen sind schwer nachzuvollziehen: Selbst, wer sich durch die vier PDF-Dokumente wühlt, kann sich kaum ein klares Bild verschaffen, außer diesem: Kinderarmut existiert, und sie ist in einzelnen Regionen unterschiedlich, wobei sie im Osten deutlich zu hoch erscheint.

Unklar bleibt freilich, ob es sich bei den Zahlenspielen tatsächlich um eine neue Kinderarmut oder aber nur um eine neue Rechenmethode handelt. Insoweit erscheint es fragwürdig, wenn der Verband daraus gleich Forderungen an die Regierung erhebt.

Das Beispiel zeigt aber auch, wie unkritisch die deutsche Presse mit Wohlfahrtsverbänden umgeht. Wer Gutes tut, muss nicht zwangsläufig auch die Wahrheit gepachtet haben. Zudem bleibt die Frage, warum die Wohlfahrtsverbände sich nicht stärker bei den Einkommmenschwachen Personen engagieren: Selbsthilfe, Gegenseitigkeitshilfe und andere neue Formen sozialer Gerechtigkeit werden viel zu wenig erprobt: Der beschäftigungslose Germanist könnte den Kindern der Armen gut und gerne kostenlosen Nachhilfeunterricht in Deutsch geben – aber dazu bräuchte es ja Innovationen, zu deren Verweiblichung derzeit weder Parteien noch Regierungen beitragen – von den Betroffenen selbst, die ja eigentlich ein starkes Interesse daran haben müssten, ganz zu schweigen.

Das Fazit? Auch der DPWV hat nach Presseberichten keine besseren Ideen, als eine Revision von Hartz IV zu fordern, nämlich eine Anhebung um 19 Prozent – diesmal angeblich zugunsten der Kinder. Man muss nicht lange raten, wer das bezahlen soll: Der Staat, und das heißt, wir Steuerzahler. Es ist doch merkwürdig, dass inzwischen selbst der DPWV lgaubt, dass man die Probleme in Deutschland mit der Geldgießkanne aus der Welt schaffen kann.

(gleichlautend veröffentlicht bei sehpferd.blogg.de)

Im Politikblog kürzer und prägnanter, und bereits sehr qualifziert kommentiert.

Vermutlich die sensationellste Nachricht überhaupt: Psychotherapeuten sind lernfähig. Perversionen, so sagten einige von ihnen in Zeitungsberichten, seien meist eher harmlose Marotten. Gefährlich seine sie erst, wenn das „normale soziale Leben“ von dem Verlangen nach dem Fetisch gestört würde.

Fragt sich, was die Leser damit anfangen sollen, wenn Windel- und Urinfetischisten in einen Topf mit Pelz- und Seidenfetischisten geworfen werden. Es ist nun einmal nicht ganz das Gleiche, ob man eine Currywurst mit Zwiebeln, Ketchup und Mayo reindrückt oder Seezungen mit Morchelsoße verspeist.

Sagte jedenfalls ein Wellensittichzüchter. Gewonnen hat den Schönheitswettbewerb ein Hahn aus der Schweiz und eine Henne aus Deutschland – sie wollten doch immer schon mal wissen, welche Nachrichten es im Sommerloch in die Google-Schlagzeilen schaffen? Na also.

 

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