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Damit sie nicht den Glauben an die Menschheit verlieren: Ausgangspunkt war eine Satire mit virtuellen Bildvorstellungen. Ich wurde gebeten, diese Vorstellungen in Prosa zu verwandeln, was die Sache natürlich verkompliziert. Dabei habe ich noch schnell Nachtfalter erfunden, weil die Geschichte von einer Dame geschrieben sein muss. Also, hier ist sie:

(sehpferd, so weit)

Wandlung (1. Episode der Nachtfalterin).

Wo war doch noch die Ampulle? Dort. Der Stoff, rot wie Blut, gleich werde ich ihn virtuell einspritzen. Aber ich, Dr. J., ich werde diesmal nicht Mr. H. – ich werde eine dieser bloggenden Schlampen, verstehen sie? High Heels, Strapse, schwarze Unterwäsche. Ich werde Nachtfalter.

<Hier beginnen, wenn sie vom Ende her kommend weiter lesen wollen>

Nachtfalter sitzt stets in jedem kleinen Café am Ende der Straße. Sie kennen mich. Ich bin die im schwarzen, etwas zu eng geschnitten Kleid – ja, die mit dem etwas zu kurzen Rock. Ja, die mit dem schmalen, etwas traurigen Gesicht, die mit den tief liegenden, dunklen Augen. Ich lese ein Buch, das ich von Zeit zu Zeit verträumt zur Seite lege. Ich schließe dann die Augen halb und streiche mir mit den Fingern den Rest des Kaffees von den Lippen.

Ich warte, bis sich ein Herr zu mir setzt. Es dauert meist nicht lange. Er schenkt mir ein Glas Sekt und flirtet mit mir. Wenn er nett ist, lade ich ihn nach Hause ein. Ich bin darauf eingestellt, dass er nur eine Nacht bleibt. Aber ich will es wissen. Ich werde drei Bilder von mir machen: vorher, währenddessen und nachher. Wenn sie den dritten Artikel gelesen haben, müssen sie wieder zu diesem zurückkehren.

Bilderstellung (2. Episode der Nachtfalterin).

Ein Bild. Klick. Das bin ich, verführerisch. Frisch rot belippt, Hauskleid, das viel von meinen Brüsten zeigt. Appetitlich. Verführerisch? Man wird sehen.

Er kommt, sieh mich: Augen, Lippen, Brust. Trinkt anstandshalber ein Glas Wein mit mir, bekommt den Blick gar nicht mehr los von der Brust, sitzt unruhig: Hat keine Zeit, aber einen Steifen. Verheiratet, vermutlich.

Hat auch keine Fantasie. Legt mich auf den Rücken, küsst mich ein paar Mal. Der Form halber. Schiebt das Hauskleid hoch, öffnet die Hose, drückt gegen die Stelle, von der er meint, dass sie sich öffnet. Ich kann gerade noch ein Kondom aus dem Nachtkästchen holen, ihm Latex über das Fleisch streifen. Er arbeitet schwer für seine Lust, keucht, verströmt sich in das Kondom, strahlt mich an. Ein Bild. Klick.

Er entschuldigt sich, gehen zu müssen, lässt das Kondom im Bett liegen, küsst mich flüchtig, Tür zu. Ich lege mich wieder ins Bett, versuche, an gar nichts zu denken. Ein Bild. Klick. Das war es also.

Ich stelle die Bilder ins Netz. Schreibe einen Text dazu. Diesen Text. Was, um Himmels willen, schreibe ich eigentlich morgen?

Bildbeschreibung (3. Episode der Nachtfalterin).

Drei Bilder. Davor. Dabei. Danach. Davor - erkenne ich mich. Ich will es wissen. Dabei – fahl, gelangweilt, die Pupillen mäßig geweitet. Muss vom Blitz kommen. Danach – ich sehe beschissen aus. Morgen muss es besser werden. Wenigstens dabei.

(Bitte wieder von vorne zu lesen).
_sophie_ meinte am 14. Mai, 20:32:
Ich bin beeindruckt. Sehr sogar. 
sehpferd antwortete am 14. Mai, 20:41:
Ich würde ja ...
... noch viel häufiger Nachtfaltern. Aber dann sagen die aufrechten Mädchen wieder, dass die erotischen Blogs ja alle von Kerlen geschrieben würden, und dann hätten sie tatsächlich einmal Recht. 
_sophie_ antwortete am 14. Mai, 21:00:
Mir ist es egal, ob ein Kerl sich hinter einem Frauenpseudonym versteckt, wenn die Texte gut sind und mich ansprechen. Sie sollten den Nachtfalter öfter flattern lassen. 
 

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