anstoss

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Im freien Bereich (Mitgliedschaft erforderlich, aber kostenlos) von NERVE ist diesmal ein Fotograf zu sehen, der im Stil des vorvergangenen Jahrhunderts fotografiert. Dabei ist es weniger die fotografische Platte, die den Effekt der Bilder erzeugt, sondern die lange Belichtungszeit: Wie zu Zeiten des Ur-Ur-Urgroßvaters müssen die Modelle die einmal eingenommene Stellung bis zu zwei Minuten halten – und die Anstrengung darf natürlich nicht zu sehen sein.

charlie schreiner

(c) 2004 by Charlie Schreiner

Katrina war ein Aktmodell, bevor sie selbst zur Künstlerin wurde, und sie verkauft heute Schenkel in Schachteln. Nein, nein, sie ist keine Kannibalin – aber ihre sehr naturalistischen erotischen Skulpturen werden alle in Schachtelform ausgeliefert. Sie sollen sich sehr gut als Bücherstützen eignen – falls man geeignete Bücher hat.

„Die Klage wurde abgewiesen“ war die lakonische Auskunft des Pressesprechers am Verwaltungsgericht Ansbach. Dort hatte nämlich ein 35-jähriger Sozialhilfeempfänger daruf bestanden, dass es ein bisschen Extra-Stütze für den Puff geben müsste: 16 Besuche zu je 100 Euro wollte der blauäugige Mann vom Sozialamt haben - und als er sie nicht bekam, zog er vor den Kadi.

Das will er auch weiterhin tun: Die nächste Instanz ist schon anvisiert, schrieb die Mainpost.

Selten hat es um eine Kunstausstellung so viele Kontroversen gegeben wie um die des Aktionskünstlers Otto Mühl. Ausgestellt wird in Wien, in der Ausstellungshalle im Obergeschoss des MAK in der Wiener Weißkirchnerstraße, und wer hingehen will, der kann es. Eine Zensur findet (noch) nicht statt.

Indessen flammt unter den Wienerinnen und Wienern eine heftige Diskussion auf: Weniger um die Kunst des Otto Mühl, als um seine Person. Kunstkritik, dezent, ganz wie es sich für zivilisierte Gesellschaft gehört, schreibt Markus Mittringer im Standard, den ich zunächst zu lesen empfehle. Auch noch Moderat, aber nachdenklich und betrioffen, fordert der Ex-Kommunarde Michael Pfister, alles aus der Ausstellung zu entfernen, was mit dem Kommunenleben in Verbindung steht. Heftigst und ziemlich reißerisch hingegen gehen alte Freunde mit ihm um, die jetzt keine Freude mehr sein wollen – sie haben dazu eine eigene Webseite aufgemacht. Auch in der „Kommune“, innerhalb derer ich schreibe, hat es Isenberg zum Thema gemacht. Otto Mühl selbst ließ eine Pressemitteilung zu den Vorwürfen, die gegen ihn erhoben wurden, verbreiten.

Was ich dazu sage? Gar nichts. Ich beobachte. Das Ganze ist ein Zeitzeugnis der besonderen Art: Es sagt viel über Herrn Mühl – aber auch viel über Wien und den Kunstbetrieb generell. Nur über eines sagt es gar nichts aus: über den Verfall der Sitten.

Immer, wenn ein spektakuläres Verbrechen verhandelt wird, werden die Emotionen der Menschen bewegt. Das war so, als in Deutschland der „Kannibale“ angeklagt wurde und es ist nun ebenso, wenn jetzt in Belgien dem mutmaßlichen Kindermörder Marc Dutroux der Prozess gemacht wird.

Die Ereignisse eigenen sich für ehrliche Mahner – und das ist auch gut so. Ob man gleich vom „Missbrauch als Wohlstandsphänomen“ reden muss, wie dies „3Sat“ etwas vorschnell tat, ist zu bezweifeln. Es ist vielmehr der Mythos der bürgerlichen Wohlanständigkeit, dem das Feigenblatt genommen wurde: Bisher galten „Direktoren, Staatsbedienstete, Pädagogen und Kirchenvertreter“ eben als unverdächtig, weil sie das Mäntelchen bürgerlicher Tugenden schützte. Der Beweis, dass sie früher edlere Gedanken gehabt haben, kann hingegen überhaupt nicht erbracht werden: es ist eine Medienerfindung. Vermutlich hat eher der Abbau der „Respektschranken“ dazu geführt, dass wir ihre Taten heute erkennen.

Was wir wissen, ist nur so viel: Die Medien, über die Verbrechen vorbereitet werden, haben sich verändert. Kontakte können über alle Grenzen (auch über die Grenzen der eigenen Scham) schnell hergestellt werden, und so hat auch das Verbrechen ein neues Forum bekommen.

Es ist Erntezeit für Mahner. Hoffen wir, dass sie ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren: Es müsste heißen, Verbrechen zu verhindern und nicht, das Elend anderer in der Öffentlichkeit zu vermarkten: Betroffenheitskostüme sind schnell ausgeliehen und ebenso schnell wieder abgelegt.

Ein Beispiel, gefunden bei 3Sat

Hatten wir nicht schon von japanischen Höschenhändlerinnen gehört, die ihre Unterwäsche direkt ab Körper verkaufen? Und was war mit deutschen Höschenhändlerinnen, die sogar ein eigenes Forum besitzen?

Schluss mit derlei zweifelhaften Geschäften, und zurück zur Realität! Der „kleine Kolonialwarenladen“ macht es möglich (keine Angst, es handelt sich nicht um Kolonialwaren). Aber sinnlich sind sie laut Eigenangaben in jedem Fall:

"Alte Schlüpfer aus dem kleinen Kolonialwarenladen sprechen alle Sinne an. Wählen Sie aus den Farben "weiß", "bunt" und "gestreift" Ihren Favoriten aus! Alle Unterhosen sind frisch gewaschen und wurden mit Kuschelweich weichgespült (Frühlingsduft)"

Sagte da jemand gerade gedehnt: ach so?

 

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