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Denke ich an die zarten Liebesbeziehungen, die sich manchmal per Mail nach Webkontakten anbahnen und sich dann vielleicht später als Luftblasen erweisen, so denke ich an E.T.A. Hoffmann und seine Novelle „Der Sandmann“. Der junge Nathanael verliebt sich in Olimpia, die Tochter des Physikers Spalanzani. Sie ist freilich nicht wirklich seine Tochter, sondern nichts als ein Automat, den der Professor konstruiert hat.

Das an sich wäre nicht besonders erwähnenswert, wenn der arme Nathanael nicht erst durch ein Perspektiv des Optikers Coppola den Liebreiz der Olimpia wahrgenommen hätte.

Haben die kleinen Manipulateurinnen und Manipulateure unter uns nicht schon oft solche Wesen erschaffen? Die Kaspernasen ihrer Geschöpfe in Chats, Foren und nicht zuletzt Blogs herausgehängt? Und haben sie sich etwa nicht amüsiert, wenn sich eines der realen Webgeschöpfe an ihren Fliegenleim verfing?

Und die anderen, die den Zuckermündern und blassrosa Nippelchen verfallen, die jene Wesen haben? Wollen Sie nicht die Illusion? Ziehen sie nicht bewusst und gerne dieses hervorragende Perspektiv aus der Tasche, mit dem die Mondstrahlen auf die Gesichter gezaubert werden?

Irgendwann fällt der Vorhang. Der Schaubudenbesitzer sieht noch dann und wann eine Person, die verzückt auf ihrem Platz sitzen bleibt, nimmt ihre Hand und führt sie zum Ausgang. „Wie müssen abbauen“, entschuldigt er sich, „wir können nicht anders – morgen müssen wir in der nächsten Stadt auftreten“. Die Person stutzt – doch sind dort hinten nicht andere bunte Lichter? „Vergessen sie Ihr Perspektiv nicht“, sagt der Schaubudenbesitzer, der den fernen Blick erhascht, „ohne diesen Gegenstand sind sie hier verloren“.
 

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