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"Für mich bedeutete Bloggen nur, irgendwelchen Schmarrn zu schreiben".

(Rainer Meyer, aka „Don Alphonso“, Jahrgang, 1967, Blogger), gegenüber "webwatching".

Mein einziger Kommentar: Das hätten sie nicht erst im Interview sagen müssen, Herr Meyer – man merkt es Ihrem Blog an.

Der Schuster hat oft die schlechtesten Schuhe – aber die Psychologen besohlen ihre Theorien auch nicht immer mit dem besten Leder. Auch der Experte vergisst beim Anblick einer schönen Frau manchmal, das alles wahr sein kann - auch das Gegenteil – und so kann es dann zu dieser Geschichte kommen.

Vorhang auf.

Es war im Restaurant „Puck“ in Kopenhagen, irgendwann vor zehn Jahren: Die Kollegin, deutlich jünger- und englisch-italienischer Abstammung fragt mitten beim Hauptgericht: „Was hältst du eigentlich von mir?“

Es ist eine jener Fragen, denen uns die Kommunikationstheoretiker sagen, dass die Informationsaspekte gering sind, während die Gefühlsaspekte dominieren – und sie ist ein bisschen infam, weil man mit der Antwort sehr leicht in das eine oder andere Fettnäpfchen eintauchen kann. Nach meiner Auffassung sollte sie ohnehin erst beim Dessert gestellt werden und nicht, wenn gerade das Hauptgericht verzehrt wird.

Persönlich war die Sache noch heikler für mich: die junge Frau war äußert begehrenswert, was ihr Äußeres betraf, und deutlich weniger attraktiv, was ihre Persönlichkeit anging. Die Zusammenarbeit war leicht, solange man ihr keine Grenzen setzte und schwer, wenn es galt, eine gemeinsame Linie zu finden. Zudem befanden wir uns gerade auf einer längeren gemeinsamen Dienstreise – im Allgemeinen eine Situation, die auf die gegenseitigen Beziehungen Auswirkungen hat und bei alle dem hatten wir uns noch verabredet, am nächsten Tag den Film „Bird“ (über Charly Parker) zu sehen – in Ihrem Hotelzimmer.

Eigentlich hätte ich die Frage nutzen sollen, um eine Gegenfrage zum Verständnis zu stellen: „Meinst du dies sehr allgemein oder willst du es für einen speziellen Bereich wissen?“, doch wer kommuniziert schon schulmäßig beim besten Essen auf der Karte? Also sagte ich: „Oh, ich halte dich für eine attraktive Frau, eine interessante Engländerin und eine gute Kollegin“ – und führte noch manches dazu aus.

Ich sah dennoch, dass ich lauter falsche Antworten gab. Offenbar wollte sie all dies nicht wissen. Sehen Sie, liebe Leserinnen und Leser, und jetzt sind Sie wahrscheinlich auf der Fährte, auf die uns die Psychologen dauernd setzen wollen: „Sieht denn der Blödmann nicht, dass sie ganz andere Gefühle für ihn empfindet?“

Nach einer Weile jedenfalls sah sie mich an, richtete den Oberkörper gerade und sagte: „Das will ich alles gar nicht wissen. Ich will wissen, was du von meiner Arbeitsleistung hältst“. Also gut, nun wusste ich es. Gefühle spielten eine Rolle – auch in diesem Gespräch. Aber sie spielen eben oft eine völlig andere Rolle als die, die angeblich nahe liegt.

Vorhang zu.

 

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