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Wie man einen unendlichen langen Artikel aus Versatzstücken schreiben kann und dennoch nichts zu sagen weiß, beweist die Redaktion von „Choices“. Die neuen Medien sind es, namentlich die Blogs – eine „wunderbare Entwicklung“. Natürlich sähen es die „etablierten Medien“ nicht gerne, fühlten sich gar „von der Konkurrenz bedroht“ und das Einzige, was ihnen einfiele, sei, die neuen Medien zu geißeln und lamentieren.

Was fällt einem da ein, wenn man so etwas liest? Dem Kundigen wird klar, dass die Redaktion offenbar an Realitätsverlust leidet, doch vielleicht glaubt es einer der Leser wirklich – und um dies zu unterstützen, wird gleich der (sehr ungeeignete) Fall des in den Blogs mit Häme bedachten – Jean Remy von Matt. Zwar wurden seine Klowände außerhalb eines harten Kerns der deutschen Bloggerei nirgendwo bekannt – doch wer will das schon noch glauben, wo die Sache doch angeblich im Spiegel Furore machte? Die Mücke ward zum Elefanten – für einen kurzen Moment. Heute ist sie wieder Mücke. Mehr verdient sie auch nicht zu sein.

So schafft man eine Pseudorealität, die mal so, mal anders untermauert wird: Mal sind Leser wichtig, gar solche, die ausdrücklich als „Konsumenten“ bezeichnet werden, mal sind sie offenbar doch nicht so wichtig: „Es käme nicht auf die bloße Zahl der Leser“ an, wird der SPIEGEL orakelnd zitiert,

Wer so hoch pokert, um sich wichtig zu tun, dem fällt offenbar schon gar nicht mehr auf, dass die Wahrheit, zwischen die Zeilen gebracht, ernüchternd ist: Zitat „Uns erwartet ein neues goldenes Medienzeitalter. Nicht unähnlich der Zeit, als … Journalisten an jeder Straßenecke auf eine neue Story lauerten. Nur mit dem Unterschied, dass die Journalisten heute nicht mehr an der Straßenecke, sondern am Computerbildschirm lauern müssen.“

Genau so ist es nämlich. Die so genannten „Journalisten“ sitzen vor Computerbildschirmen und schreiben ab, was andere in der Welt gefunden und recherchiert haben – und dann lamentieren nämlich genau sie, und verbreiten Meinungen und Vorurteile jedweder Geschmacksrichtung. Rebellen ohne Moral zusagen, aber mit dem festen Glauben in ihren Köpfen, dass sie – und nur sie – Zugang zu den allein selig machenden Wahrheiten hätten.

Wir paradox die Situation in Wahrheit ist, hat „Choices“ in einem Nebensatz aufgedeckt. Dort steht nämlich: „Wer immer die Inhalte bietet, die der Konsument wünscht, wird prosperieren“ – also werden die meisten der deutschen Blogs, über die heute noch diskutiert wird, wohl verschwinden, denn sie fürchten den Nachrichtenkonsumenten wie der Teufel das Weihwasser. Und wenn „Choices“ Recht behält, dann profitieren sie auch nicht: Sie gehören nämlich nicht zu denen, die sich mutig den Herausforderungen des neuen Mediums stellen, sondern eher zu den dort genannten „Selbstbemitleidern und Anklägern“, die in Wahrheit nicht weiter wollen, als die ausgelutschten Ideologien der 68er auch noch ins 21. Jahrhundert zu retten.
gisiger meinte am 15. Feb, 17:00:
Ooops
[ironie an]Hm, da habe ich wohl meinen Meister gefunden. Da will einer partout kein Blogger sein, sondern "Autor". Trotzdem stellt er eine Vielzahl von "Initiativen" ins Netz. Und - Häme, Häme - er ist in der "Kommunikationsbranche daheim...[ironie aus]

Ich habe den erwähnten Beitrag "verbrochen" - wie man sich denken kann. Er ist lang, er besteht aus "Versatzstücken". Und? Sie haben ihn gelesen und darauf reagiert. Was will man mehr?

Ach ja, entweder haben Sie fast ausschliesslich treue und gleichgeschaltete Leser - oder warum werden so wenige Kommentare hinterlassen auf dem Sehpferdchen?

Ein Teil der Kritik ist angebracht und auch angekommen. Ich gelobe Besserung. Nur, die "ausgelutschten Ideologien der 68er" finde ich doch eher auf Ihren Seiten:
"Das technische Medium mag man Blogs nennen – aber die Menschen, die dieses Zeichen verenden, sind keine Blogger, sondern freie Bürger, die hier schreiben, was sie für gut und richtig halten." APO goes Internet?
"Diese Seite ist mein bescheidener Beitrag für eine lebenswerte Welt. Ich finde, Menschen haben das Recht, sich zu entwickeln, wohin sie wollen - aber sie benötigen eben manchmal etwas Wegweisung. Mit dieser Webpräsentation und dem dazugehörigen Blog "Changes" will ich Ihnen zeigen, was ich in über 40 Jahren meines Lebens gelernt habe - und einen Teil davon gebe ich gerne an Sie weiter." Offenbar haben Sie die "allein selig machenden Wahrheiten" gepachtet, die Sie mir vorwerfen... Wo ist das Kreidedepot, das Sie leergefressen haben? Vielleicht ist ja noch etwas übrig für mich.

Genug für heute. Ich freue mich auf eine befruchtende Diskussion. Sie sind ja schliesslich ein "Wortwechsler"!

N.B.: Ich wollte noch erwähnen, dass ich "nur" ein Leser von Choices bin, der sich an der Seite beteiligt. Ich gehöre also nicht zur Redaktion. Die Kritik sollte sich daher an mich richten. 
sehpferd antwortete am 15. Feb, 19:02:
Wolf, Schaf, Kreidenahrung
Nein, hier meldet sich nicht das Zentrum allein selig machender Wahrheiten, und auch nicht die Außer Ploggianische Opposition. Allerdings steht Blog vorne drauf – aber es ist ja nicht immer drin, was draufsteht.

Zur Erklärung meines Tuns schnell ein paar goldene Worte: Erstens haben Menschen wie ich Facetten, die das Licht des Geistes, das auf sie fällt, durchaus in unterschiedliche Richtungen streuen. So erkläre ich denn, dass ich, Sehpferd, durchaus im Licht des Wolfes wie denn auch im Licht des Widders gesehen werden mag, wohingegen ich verabscheue, mich mit Schafen zu umgeben, die sich in nichts als dem Licht der Schafe sehen können. Dies mag erklären, woher der Eindruck kommt, dass Kreide zu meinem täglich Brot gehört. Im Übrigen bin ich heute schon satt – es war ein Erdbeetörtchen, und weder Großmütter noch Rotkäppchen, so nah sie mir auch kommen mögen, hätten eine Chance, gefressen zu werden.

Zur Sache: Ich mag, wenn man Dinge mit dem rechten Namen versieht. Die neuen Medien, die jetzt entstehen, werden zu einem Teil tatsächlich Erfolg haben – aber nur wenn sie aktuell, interessant und mit viel Chuzpe Interessantes berichten – und nun sehen sie Mal, was ist so interessant an der wöchentlichen Einlassung „wie Kapitalismus funktioniert“?

Betrachten Sie nun einmal die Diskussion um Jean Remy von Matt. Den kennt außerhalb der Werbebranche kaum jemand, und jetzt soll seine Aussage über Blogger plötzlich hohe Wellen schlagen? Ich sehe nicht mal das Meer, auf dem das passiert, geschweige denn die Wellen. Sein größter Fehler war, sich auch noch entschuldigt zu haben. Denn die Blogger, um die es geht, kennen keine menschliche Größe – ihr Geschäft ist die Häme – und Entschuldigungen bieten diesen Leuten offenbar einen Nährboden dafür, mehr Mistkübel auszuschütten. Abgesehen davon: Dass er vollgeschmierte Klotüren als vollgeschmierte Klotüren bezeichnet, wundert mich nicht, aber ich halte nicht für sinnvoll, es so zu veröffentlichen.

Im Übrigen gab mit der viel gepriesene, oft zitierte und dennoch gänzlich belanglose Blogger „Don Alphonso“ gerade das Stichwort: „Für mich bedeutete Bloggen nur, irgendwelchen Schmarrn zu schreiben". Da kann er sich mit tausenden die Hand reichen. Vielleicht bekommen diese Blogger deswegen so viel Kommentare, weil sie sich so ähnlich sind? 
 

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