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Wenn man eine Frau sieht, die stets mit einem Blazer bekleidet ist, deutlich auf Haltung bedacht ist und jenen Blick hat, der außen Eis und innen Feuer ausstrahlt, hat man es meist mit einer Dame zu tun, die ihr erotisches Leben selbst bestimmt. Diese Damen verhalten sich oft wie Männer: Sie nehmen eine Person mit ins Bett, wenn es ihnen beliebt, und werfen sie heraus, wenn sie keine Lust mehr auf sie haben.

Nadja war so eine Frau. Ich war gerade frisch geschieden und erzählte von den wundersamen, aber kurzen Begegnungen mit den Damen, die Männern in dieser Situation gerne gefällig sind. Sie lachte mich an, weil sie offenbar ähnliche Erfahrungen mit kurzen, heftigen und skurrilen Begegnungen hatte – mit Frauen.

Selbst eine Turnierreiterin, rekrutierte sie ihre „Mäuschen“, wie sie sich gerne ausdrückte, meist im Reitstall. Sie schien auf diese jungen Frauen wie ein Magnet zu wirken. Meist stellte die jungen Damen ihr Fragen zum Frausein – dafür war sie als diplomierte Expertin anerkannt. Schon dabei wog sie ab: Konnte eine wirklich schön erröten und war sie genügend neugierig, wurde sie eingeladen – immer samstags nachmittags, und immer nur auf einen Kaffee.

Sie erzählte gerne, wie leicht es war, die Bedürfnisse herauszufinden. Gute Verführerinnen und Verführer setzen immer bei den Defiziten an, und das war fast immer Zärtlichkeit. Ein bisschen spielen – umarmen, vielleicht küssen, dann wieder loslassen, das Mäuschen einen Moment glauben machen, es würde ja doch nichts geschehen, um dann doch noch eine kleine Intimität zu beginnen. Alles intuitiv, und doch mit der Präzision eines Uhrwerks, bis sie morgens zu sagen pflegte: „Du könntest jetzt eigentlich mal für Frühstück sorgen“.

Sie sagte mir, es sei die Jagd, die ihr die Freude bereitete, ja, natürlich auch die Zärtlichkeit, und die Intimität, aber dann vor allem die Lust. Sie behauptete, die Mäuschen seine sehr lernfähig – man könne sie ganz schnell ein bisschen dressieren – doch daran habe sie kein Interesse. Katzen, so ergänzte sie gerne, würden niemals viel Zeit auf eine einzelne Maus verschwenden.

Ich verlor Nadja eine Zeit aus den Augen und als uns der Zufall einmal wieder zusammenbrachte, sah ich sie mit einem Herrn in schönem Zwirn. Sie muss mein Staunen bemerkt haben, denn sie sagte schnell: „Man kann nicht ewig Mäuschen jagen, weißt du“. Dann hielt sie den Finger vor den Mund und flüsterte: „kein Wort zu ihm“. Der Herr im schönen Zwirn war sichtlich erleichtert, als ich ihm sagte, wir hätten vor Jahren einmal kurz geschäftlich zu tun gehabt, ansonsten würden wir uns aber kaum kennen.
 

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