anstoss

  sehpferdvs sehpferds magazin für anstöße und anstößiges
rosinentexte_500_x
Blogger erkennt man bisweilen daran, dass ihnen jedwede Maßstäbe abhanden gekommen sind. Sie greifen auf, was sie im Internet aufschnappen, und nehmen es meist ohne weitere Prüfung des Informations- und Wahrheitsgehalts in ihr Blog auf. Dies trifft natürlich vor allem dann zu, wenn sie schon mit Hass vorgeheizt sind.

Diesmal trifft es „Du bist Deutschland“. Wir wissen seit Langem, wie hasserfüllt der größte Teil der deutschen Politblogger, namentlich die Retrolinken und Salonsozialisten, diese Kampagne bekämpft – so stark, dass man sich manchmal fragt, wer eigentlich die Steuermänner und Steuerfrauen im Hintergrund sind, die diese Anti-Kampagne lenken.

Nun will man entdeckt haben, dass angeblich die Nazis diesen Spruch verwendeten. Es ist nicht einmal eine Publikation, auf die man sich beruft, sondern ein simples Foto, das ein Transparent zeigt, auf dem "Denn du bist Deutschland" zu lesen ist. Wer auch nur einen kleinen Schimmer von Geschichtsbewusstsein hat, weiß natürlich, dass die Nazis und ihre Presse sämtliche Kombinationen von „Deutsch sein“ mit positiven Attributen missbraucht haben – und so eben auch ein einiges Mal (soweit bekannt) in Ludwigshafen.

Nun mag Ludwigshafen eine bedeutende Industriestadt sein – aber sie kann nicht stellvertretend für das ganze Deutschland stehen, und außerdem – ohne Hitler-Porträt (wie man deutlich sieht, fehlen die Nazi-Embleme) wäre dies ein ganz gewöhnliches Bild, das niemals Aufmerksamkeit erregt hätte.

Die Leute, die sich heute Gedanken darüber machen, ob dies nun eine Photoshop-Fälschung ist sollten sich Gedanken machen, ob das Bild nicht schon im Entstehen verfälscht wurde: Das Hitler-Porträt steht offenbar separat, und es gehört nicht zum Banner – aber das interessiert nur am Rande.

Was wirklich stört, sind die deutschen Ohnemichels, die erst mal ihr „anti“ in die Welt hinausdröhnen. Man mag „nein“ zur Kampagne „Du bist Deutschland“ sagen – das ist diskutierbar. Aber als Deutscher kann man nicht „nein“ zu Deutschland sagen und nicht „nein“ zu Europa, nur weil es einem gerade in die linksgerührte Suppe passt – das wissen natürlich auch Sozialdemokraten und sogar andere politisch Interessierte, die noch weiter links stehen. Es ist merkwürdig, dass sie dazu schweigen.

Was mich nun aber ganz besonders stört: dass so viele Blogger diese ungeheuren Mengen an Energie dafür verwenden, Hass zu sähen – ohne jeglichen Realitätssinn und ohne Augenmaß und allzu oft auch mit Geschichtsscheuklappen. Könnten sie diese Energien nicht produktiv verwenden?

Immerhin findet nun sogar Herr Hauesler (Spreeblick) mahnende Worte an die voreiligen Verächtlichmacher. Indessen war er einer der Ersten, die das Feuer des Hasses gegen die Kampagne „Du bist Deutschland“ entfacht haben. Inzwischen rät er allerdings, „dass man auf dem Teppich bleiben sollte und dass allein die Veröffentlichung in diversen Foren und Blogs schon dazu reichen sollte, um mal wieder über die verschwindenden Grenzen zwischen Propaganda und Marketing nachzudenken“.

Vielleicht dämmert es inzwischen manchem Blogger, was der Unfug, der mit Blogs derzeit betrieben wird, anrichten kann, und auch Hauesler hat in diesem Fall ein Janusgesicht: Die Presse liest Spreeblick, und der Name des Johnny Hauesler wird in den meisten dieser Artikel nicht als weiser Mahner, sondern als namhafter Initiator der angeblichen Sensationsmeldung genannt – der Ruhm, so scheint es, beginnt seine Kinder bereits auszufressen.
Webcat72 meinte am 2. Dez, 12:51:
... ich möchte jetzt nicht eine Lanze für alle Blogger brechen, da wird sicher viel Mist gemacht. Aber ich habe die Texte bei der Zeit dazu gelesen, da ist das Archiv in Ludwigshafen angesprochen und dass das Ding so echt sei - angeblich !?

Ich denke, Grund warum das so durchläuft als Sensation ist eher, dass das Bild ein Unbehagen trifft, das viele Deutsche unbewusst mit dieser Kampagne hatten. Mir gings nämlich genau so. Ich fand die Kampagne an sich eine gute Idee - den Spruch irgendwie daneben, hatte aber nicht näher darüber nachgedacht. Aber ich denke, er klingt vielen Deutschen einfach wirklich zu "national" und das wurde vielen erst ansichtlich des Bildes klar !?? 
sehpferd antwortete am 2. Dez, 19:01:
Das Unbehagen mit der Nation
Vielleicht trifft manche Menschen ein Unbehagen, wenn sie den direkten Vergleich zwischen „Du bist Deutschland“ und „denn du bist Deutschland“ ziehen. Freilich können wir als Deutsche nicht immer gleich umkehren, wenn irgendein Besorgtheitskrämer an der nächsten Straßenecke steht und uns die rote Nazikelle vorhält: Wer seine Geschichte kennt, wer sich selbst kennt und wer unterscheiden kann, der weiß sehr wohl, wann man innehalten muss und wann man den Besorgniswecker getrost ignorieren kann.

Sehen Sie, wir Deutschen hatten es nie leicht mit dem Begriff der „Nation“, der ja an sich nichts Negatives ist: Selbst in der alten EG sprach man ja vom „Europa der Vaterländer“. Was die Zugehörigkeit zu einer Kultur angeht, fühle ich mich den Dänen oder Engländer oft weit mehr verwandt als mit einem Rheinländer, Schwaben oder Bayern. Aber es geht gar nicht um die Nation – sondern darum, wieder als Deutsche zusammenzustehen und diejenigen aus den schwarzen Löchern herauszuholen, die darin schon ihren Stammplatz sehen. Ob „Du bist Deutschland“ nun glücklich ist oder nicht – „Du bist das Volk“ wäre bestimmt auch einem dieser ewigen Kritisierer zwischen die Kiemen geraten.

Die Sache hat freilich etwas Positives – die Leute, die den Karren „Deutschland“ ziehen, hatten ja schon immer Namen – aber diejenigen, die ihn mit all ihrer Kraft bremsen wollten, hatten keine. Jetzt, in den Blogs, werden die Namen deutlich. Nun, die Blogger, die es betrifft, haben es offenbar so gewollt, und nun müssen sie sich nicht wundern, wenn plötzlich das fahle Licht des Zweifels auf ihre einst so überheblichen Minen fällt. 
 

Add to Technorati FavoritesMy Popularity (by popuri.us)

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma