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Der Abgesang der Wahlblogs ging sehr friedlich vonstatten – sozusagen friedhofsfriedlich, denn in den Blogs ist es nicht anders als bei den Wahlplakaten: Ein paar bleiben immer hängen. Der Rest hat die Nase voll.

Kein Wunder. Das einzig Positive, was ich von Wahlblogs zu berichten weiß, ist die Konzentration vieler Meinungen an wenigen Plätzen im Web. Ich konnte nicht umhin, mir anzusehen wie Leute die Weblogs vollschmierten, deren Leserbriefe jeder Redakteur mit Recht in den Papierkorb geworfen hätte.

Manche der Kommentatoren, die dort schrieben, erinnerten mich leibhaftig an die verwirrten Menschen, die auf Märkten und in Einkaufspassagen lauthals Parolen vor sich hinblubbern. Offenbar hatten geschickte Wahlkampfmanager auch ein paar U-Boote ausgeschickt, die Blogs mal ein bisschen aufmischen sollten – ich selbst habe einen WASG-Mann gefunden, der solches tat. Da Blogger offenbar verschwörungstheorieempfänglich sind, wurde ich selbst des U-Boot-Daseins verdächtigt: so ziemlich das Dümmste, was man mir unterstellen kann.

Blogger – echt öffentlich, echt geil. „echte veröffentlichte Meinung von Privat Personen“, schrieb mir ein Kommentator. Na und? Was soll ich mit diesen „echten“ Meinungen? Ist der Kommentator meiner Zeitung nicht wesentlich kompetenter als die Leute, die kommentierend über Blogs herfallen? Selbst mein ehemaliger Friseur Franz war da kompetenter: Er konnte zuhören. Blogger können es oft nicht.

Was bleibt? Ein paar gute Artikel, ein paar gute Kommentare, hier und da ein Seelenverwandter. Und die Erkenntnis, dass man mit viel Lebenserfahrung und guten Presserzeugnissen weiter kommt als damit, stundenlang Blogs zu lesen. „Echt veröffentlichte Meinung von Privatpersonen – geil was?“ reicht mir eben nicht.

Bei Lyssa lese ich heute mit Erstaunen Weisheiten über Männer – von Sophie, der Haushälterin ihrer Mutter. Ich wusste natürlich schon immer, dass nur die Putzfrau und der Hausmeister wissen, was sich im Leben tatsächlich abspielt, und so gebe ich dann hier wieder: „Und wenn du 30, dann anderre Frau immärr jünger. Und blondiger. So gett Leben. Reden nix hilft. Hilft nur wegwerrfen alte Mann und suchen anderre Mann. Gleich wegwerrfen, nix ärrgern. ...Neues Mann kein Problem. Mann ist wie Sand von Meer. Viel da. Einfach aufheben.“

Bei dieser Gelegenheit viel mir auf, dass Miss Understood gerade einen 11-Punkte-Entscheidungsplan für Frauen vorgelegt hat, nachdem sie Männer beurteilt. Sie schreibt unter anderem „er muss für sich selbst sorgen können … (und) muss absolut selbstständig handeln und denken können“.

Wie ich schon sagte, kann ich eine Linie zwischen zwei Punkten ziehen, wo andere nicht einmal Punkte sehen, und so sage ich mal dies: Der Mann, der absolut selbstständig denken und handeln kann, wird auch wissen, wann und wofür er eine Frau braucht (beispielsweise zum Naschen) und wofür nicht (beispielsweise, um sie zu heiraten) – das ist dann sozusagen die umgekehrte Haushälterinnen-Philosophie.

Wobei mir angesichts eines neuen Blog-Magazins noch etwas anderes einfiel: Welches Mindesthaltbarkeitsdatum haben Männer derzeit eigentlich?

Die Politiker im fernen Berlin mögen sich noch eine Weile darüber zanken, wer mit dem in den Sandkasten gehen darf und wer nicht – ich für meinen Teil habe die Wahl, das Wahlbloggen und damit letztendlich auch meine Blogvielfalt zu den Akten gelegt. Das Nachkarteln, das jetzt überall stattfindet, möchte ich nicht mitmachen: Ich bin nicht derjenige, der ständig zurückschaut. Für mich muss der Blick nun wieder nach vorne gehen: Zukunft ist angesagt.

Mein Ziel ist eindeutig: Möglichst viele meiner Fähigkeiten an die Allgemeinheit zu verschenken, und dafür eine Kleinigkeit zurück zu bekommen. Ich habe es schon einmal kundgetan, aber ich wiederhole es nochmals: Ich ziehe Ihnen schreibend die Verbindungslinie zwischen zwei Punkten, wo andere nicht einmal die Punkte selbst erkennen. Wem das nützt? Ihnen natürlich, denn einer dieser beiden Punkte kann Ihre Idee sein.

Im Moment kann ich Ihnen, wer immer sie sind, ein Zeitfenster für Aktivitäten öffnen: von Oktober bis Mitte Dezember und dann nochmals vom Januar bis zum Mai 2006. Ab Juni schließt sich das Fenster zunächst wieder – aber schon ab September 2006 wird es sich wieder öffnen.

Womit ich mich wirklich beschäftige? Vor allem damit: Man sagt, die Blogger in Deutschland zahnten noch, doch ich habe meine Zweifel, ob sie wirklich einmal einen festen Biss bekommen. Sehen sie, ich, bin nicht gerne bei den Verlierern, das färbt mit der Zeit ab. Doch wo sind die Gewinner? Sind es zwei oder drei? Zwanzig oder dreißig? Zweihundert oder dreihundert? Ich bin sicher: Es sind unter tausend.

Aber es muss doch außer dem BILD-Blog, das auch langsam in die Jahre kommt, noch andere Menschen geben, die tatsächlich etwas zu sagen haben. Ist es Lyssa? Oder das Fräulein Modeste? Eines weiß ich: Es ist keiner der (mir) bekannten männlichen Verdächtigen. Sie sind überhaupt nur noch populär, weil sie sich in ihren freakigen, links- und techniklastigen Blogs gegenseitig die Bälle zuwerfen, sodass man denkt, dort würde tatsächlich noch etwas gespielt.

Sollte ich mich überhaupt umdrehen? Ich, dessen Name für das starke Geben steht? Ich, der den guten Kampf des Glaubens ausfechten sollte, wie mein Pastor meinte, als ich noch evangelischer Christ war? Ich, der gelernt hat, die Brücken hinter sich zu verbrennen, die Gegenwart zu lieben und mit Freude in die Zukunft zu blicken?

Nein, ich werde mich nicht umdrehen. Und zur Seite drehe ich mich nur noch, wenn jemand mit mir auf Augenhöhe reden will. Sie ahnen gar nicht, was für einen guten Zuhörer sie dann bekommen.

Also entscheiden Sie sich doch nun einmal, liebe Leserinnen und Leser, Mitbloggerinnen und Mitblogger. Ich sagte ja schon: Das Fenster zu mir ist offen für alle bloggerischen, schriftstellerischen und journalistischen Kontakte – privat freilich ist da nichts mehr zu machen: Da hat schon eine andere zugegriffen.

Die Wahl ist vorbei, und ich habe mir erst einmal jegliches Nachkarteln in den Wahlblogs versagt - und es meinen Kommentatoren ebenso nahe gelegt.

Wenn Sie wissen wollen, wer nach meiner Meinung

- die zehn Verlierer oder
- die zehn Gewinner

waren, und welche

zehn Chancen nach der Wahl

ich nun sehe, dann müssen Sie in das Wahlblog wechseln. Es ist ziemlich verwaist, aber kommentiert wird noch immer.

 

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