Das wöchentliche Geblubber aus den Algen - meist sonntags
Manche Wahrheiten sind so einfach, dass sie kaum jemand erkennt: Selbst ein geübter Journalist oder Zeitzeuge kann kaum mehr als etwa zwei Dutzend Medien verfolgen- und selbst dies bedarf schon einer gehörigen Anstrengung. Gewiss ist manches leichter geworden, seit es Google News oder die diversen Feedreader gibt, aus denen man sich seine Interessengebiete ausfiltern kann – aber letztlich bleibt es dabei: Etwa zwei Dutzend ist die Grenze für professionelle Schreiber, und was der Normalbürger vom Zeitgeschehen aus Medien aufnimmt, ist nur ein Bruchteil dessen, was der qualifizierte Leser wahrnimmt.
Sehen Sie, liebe Leserinnen und Leser, das ist eine einfache Wahrheit. Kommen wir zu Blogs, so kann kaum jemand, der professionell Blogs liest, mehr als etwa diese 24 derselben im Auge behalten. Es werden durch Querverweise ein paar mehr, aber bei etwa 50 Blogs dürfte dann die Schmerzgrenze überschritten sein. Fragen wir uns, was mit dem normalen Medienleser passiert, so wird ihn neben seiner Tageszeitung, seinem ARD- oder ZDF- Programm bestenfalls noch einen Nachrichtensender erreichen. Falls er wirklich Blogs interessant findet, könnten noch ein oder zwei Blogs dazu kommen. Die müssten allerdings schon äußerst interessant sein - und dann, so ist zu vermuten, werden es sehr poluläre Blogs sein müssen, so dass sich alles wieder auf ein paar Blogs konzentrieren dürfte.
Sehen sie, wenn nun Privatleute beginnen, ihre Meinungen ins Netz zu stellen, also Blogs beginnen, dann interessieren sich zu Anfang viele Menschen dafür: Herz und Schmerz gab es sonst ja nur in den Sorayazeitungen (Pardon, in der Yellow Press), extremistische politische Agitation nur in der Presse der Retrolinken und der Neofaschisten, und so richtig auf den Putz, dass es spritzt, haute nun mal nur die Boulevardpresse. Nach und nach aber lässt das Interesse nach: Der Klatsch aus den Königshäusern und Prominentenvillen interessiert eben doch mehr als das Lamento der mimosenhaften Zicken aus dem Webbabylon, die linke und rechte Agitation langweilt spätestens nach dem sechsten Artikel, und selbst, wer immer in die Pampe schlägt, erreicht auch nicht mehr, als dass es spritzt: manchmal unterhaltsam, na ja. Und wenn schon? Blogs müssen sterben, weil es viel zu viele gibt. Weniger ist mehr.
Blogger lieben Blogger, die Blogger lieben: natürlich sehen sie all dies völlig anders. Selbst Leute, die es besser wissen sollten, schreiben manchmal, dass sie sich jetzt fast nur noch aus Blogs informieren würden – falls sie wissen wollen, wer sie sind: Blogger. entweder sie lügen (weil sie gerne ihr Wissen über Blogs verkaufen möchten) oder sie leben bereits in einer gefährlichen Scheinwelt: Blogs sind ein winziges Fenster zum Hinterhof der Wahrheit. Mehr als heimlich kopulierende Paare sieht man dort selten.
Ach, ich kenne sie alle, diese dümmlichen Einwände: Man schreibe ja gar nicht für die Öffentlichkeit, man kommuniziere schließlich mit anderen und was dergleichen Selbstbetrug mehr ist: Wer nicht für die Öffentlichkeit schreibt, kann ein Tagebuch führen und es gut in einer Schublade verschließen, und wer über eines dieser simplen Themen kommunizieren will, die in Blogs ständig behandelt werden, den muss man fragen, ob er nicht besser mal in die Kneipe, zu einem Diskussionskreis oder zur Volkshochschule geht – notfalls täte es zumeist auch der Friseur.
Dabei verkenn ich nicht, dass Blogs nützlich sein können: Für Menschen, die ihre Dienstleistungen verkaufen wollen, ist der Plauderton der Blogs ideal. Auch Firmen, soziale Organisation und nicht zuletzt Schriftsteller können mit Blogs an Popularität gewinnen.
Zum Schluss des Geblubbers heute noch ein Wort zu den Sexblogs: Ihr habt auch sinnlose Sorgen gemacht, liebe Gutmenschen. Solche Dinge sprießen aus dem Boden, werden vom Rindvieh abgefressen und manchmal dabei auch nachgedüngt, um bald wieder zu verschwinden. Um die meisten ist es nicht schade. Nur literarisch interessante Erotikblogs oder erotische Nachrichtenblogs werden überleben – und selbstverständlich die Blogs der Erotikdienstleister. Sie haben den Wert der Blogs längst erkannt, um sich bei vorhandenen oder potenziellen Kunden im Gespräch zu halten.
Ich habe aufmerksam verfolgt, wie der Bettflüsterer auf die Jahrmarktsbühne gegangen ist, habe seine Parade dort gesehen (schneidig, am Anfang mit den üblichen Miezen) und habe gesehen, wie er seine Bude letztlich immer voll gekriegt hat. Er ist dabei sehr geschickt in die Lücke gesprungen, die der Schmuddelblogger hinterlassen hat. Aber auch er hat (wie so viele andere) den Fehler gemacht, zwischen seinem wirklichen Leben und seinem Blog nicht genügend Distanz zu wahren. Als er es so klar wurde, dass er keinen Ausweg mehr sah, wie aus dem „ausgestrichenen“ Artikel vom 19. November 2005 hervorgeht, hat er am 20. November sein Blog geschlossen. Ich habe mich schon damals über die Schwierigkeiten des Bloggens ausführlich ausgelassen, aber der Bettflüsterer hat es nicht verstanden, dass dieser Beitrag an viele Blogger gerichtet war, nicht nur an ihn.
Was aber passiert nun? In manchen Blogs werden in Schmalz eingelegte Nachrufe verbreitet, ind anderen Krokodilstränen geheult. Jedoch: Blogger sind – einfach Menschen. Ich erkenne dies wohl. Sie kommen und gehen, wie es Menschen so tun. Ein Kommentator bei „dark obsessions“ bringt auf den Punkt, was Blogs letztlich häufig sind: Spielzeuge für Erwachsene. Instrumente, um kurzzeitig den Kopf aus der Masse zu heben.
Da ist alles, was ich Ihnen heute zu sagen hatte. Ich wünsche weiterhin einen schönen Sonntag.
Manche Wahrheiten sind so einfach, dass sie kaum jemand erkennt: Selbst ein geübter Journalist oder Zeitzeuge kann kaum mehr als etwa zwei Dutzend Medien verfolgen- und selbst dies bedarf schon einer gehörigen Anstrengung. Gewiss ist manches leichter geworden, seit es Google News oder die diversen Feedreader gibt, aus denen man sich seine Interessengebiete ausfiltern kann – aber letztlich bleibt es dabei: Etwa zwei Dutzend ist die Grenze für professionelle Schreiber, und was der Normalbürger vom Zeitgeschehen aus Medien aufnimmt, ist nur ein Bruchteil dessen, was der qualifizierte Leser wahrnimmt.
Sehen Sie, liebe Leserinnen und Leser, das ist eine einfache Wahrheit. Kommen wir zu Blogs, so kann kaum jemand, der professionell Blogs liest, mehr als etwa diese 24 derselben im Auge behalten. Es werden durch Querverweise ein paar mehr, aber bei etwa 50 Blogs dürfte dann die Schmerzgrenze überschritten sein. Fragen wir uns, was mit dem normalen Medienleser passiert, so wird ihn neben seiner Tageszeitung, seinem ARD- oder ZDF- Programm bestenfalls noch einen Nachrichtensender erreichen. Falls er wirklich Blogs interessant findet, könnten noch ein oder zwei Blogs dazu kommen. Die müssten allerdings schon äußerst interessant sein - und dann, so ist zu vermuten, werden es sehr poluläre Blogs sein müssen, so dass sich alles wieder auf ein paar Blogs konzentrieren dürfte.
Sehen sie, wenn nun Privatleute beginnen, ihre Meinungen ins Netz zu stellen, also Blogs beginnen, dann interessieren sich zu Anfang viele Menschen dafür: Herz und Schmerz gab es sonst ja nur in den Sorayazeitungen (Pardon, in der Yellow Press), extremistische politische Agitation nur in der Presse der Retrolinken und der Neofaschisten, und so richtig auf den Putz, dass es spritzt, haute nun mal nur die Boulevardpresse. Nach und nach aber lässt das Interesse nach: Der Klatsch aus den Königshäusern und Prominentenvillen interessiert eben doch mehr als das Lamento der mimosenhaften Zicken aus dem Webbabylon, die linke und rechte Agitation langweilt spätestens nach dem sechsten Artikel, und selbst, wer immer in die Pampe schlägt, erreicht auch nicht mehr, als dass es spritzt: manchmal unterhaltsam, na ja. Und wenn schon? Blogs müssen sterben, weil es viel zu viele gibt. Weniger ist mehr.
Blogger lieben Blogger, die Blogger lieben: natürlich sehen sie all dies völlig anders. Selbst Leute, die es besser wissen sollten, schreiben manchmal, dass sie sich jetzt fast nur noch aus Blogs informieren würden – falls sie wissen wollen, wer sie sind: Blogger. entweder sie lügen (weil sie gerne ihr Wissen über Blogs verkaufen möchten) oder sie leben bereits in einer gefährlichen Scheinwelt: Blogs sind ein winziges Fenster zum Hinterhof der Wahrheit. Mehr als heimlich kopulierende Paare sieht man dort selten.
Ach, ich kenne sie alle, diese dümmlichen Einwände: Man schreibe ja gar nicht für die Öffentlichkeit, man kommuniziere schließlich mit anderen und was dergleichen Selbstbetrug mehr ist: Wer nicht für die Öffentlichkeit schreibt, kann ein Tagebuch führen und es gut in einer Schublade verschließen, und wer über eines dieser simplen Themen kommunizieren will, die in Blogs ständig behandelt werden, den muss man fragen, ob er nicht besser mal in die Kneipe, zu einem Diskussionskreis oder zur Volkshochschule geht – notfalls täte es zumeist auch der Friseur.
Dabei verkenn ich nicht, dass Blogs nützlich sein können: Für Menschen, die ihre Dienstleistungen verkaufen wollen, ist der Plauderton der Blogs ideal. Auch Firmen, soziale Organisation und nicht zuletzt Schriftsteller können mit Blogs an Popularität gewinnen.
Zum Schluss des Geblubbers heute noch ein Wort zu den Sexblogs: Ihr habt auch sinnlose Sorgen gemacht, liebe Gutmenschen. Solche Dinge sprießen aus dem Boden, werden vom Rindvieh abgefressen und manchmal dabei auch nachgedüngt, um bald wieder zu verschwinden. Um die meisten ist es nicht schade. Nur literarisch interessante Erotikblogs oder erotische Nachrichtenblogs werden überleben – und selbstverständlich die Blogs der Erotikdienstleister. Sie haben den Wert der Blogs längst erkannt, um sich bei vorhandenen oder potenziellen Kunden im Gespräch zu halten.
Ich habe aufmerksam verfolgt, wie der Bettflüsterer auf die Jahrmarktsbühne gegangen ist, habe seine Parade dort gesehen (schneidig, am Anfang mit den üblichen Miezen) und habe gesehen, wie er seine Bude letztlich immer voll gekriegt hat. Er ist dabei sehr geschickt in die Lücke gesprungen, die der Schmuddelblogger hinterlassen hat. Aber auch er hat (wie so viele andere) den Fehler gemacht, zwischen seinem wirklichen Leben und seinem Blog nicht genügend Distanz zu wahren. Als er es so klar wurde, dass er keinen Ausweg mehr sah, wie aus dem „ausgestrichenen“ Artikel vom 19. November 2005 hervorgeht, hat er am 20. November sein Blog geschlossen. Ich habe mich schon damals über die Schwierigkeiten des Bloggens ausführlich ausgelassen, aber der Bettflüsterer hat es nicht verstanden, dass dieser Beitrag an viele Blogger gerichtet war, nicht nur an ihn.
Was aber passiert nun? In manchen Blogs werden in Schmalz eingelegte Nachrufe verbreitet, ind anderen Krokodilstränen geheult. Jedoch: Blogger sind – einfach Menschen. Ich erkenne dies wohl. Sie kommen und gehen, wie es Menschen so tun. Ein Kommentator bei „dark obsessions“ bringt auf den Punkt, was Blogs letztlich häufig sind: Spielzeuge für Erwachsene. Instrumente, um kurzzeitig den Kopf aus der Masse zu heben.
Da ist alles, was ich Ihnen heute zu sagen hatte. Ich wünsche weiterhin einen schönen Sonntag.
sehpferd - am Sonntag, 4. Dezember 2005, 11:07 - Rubrik: wochenschau