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In den 50er Jahren sahen die Menschen mit Staunen die neue Republik aus der Asche des Krieges steigen. Das alte Mütterchen, von dem ich schreiben will, sahen sie nicht.. Eine etwa 70-jährige Frau, die ein einziges schwarzes Kleid besaß die so mager blieb, wie alle Menschen in den Nachkriegsjahren einmal gewesen waren. Sie war arm, heute würde man sagen: wirklich arm. Sie hätte auch damals schon Sozialhilfe bekommen können, aber sie weigerte sich konstant, dies zu tun: „So etwas tut man nicht, das ist entwürdigend“, pflegte sie zu sagen. Doch beim Krämer und Bäcker fragte sie gelegentlich danach, ob wohl Waren übrig geblieben wären vom Vortage, die hätte sie ihre für ihre Kaninchen, und den Metzger fragte sie nach Knochen für ihren Hund. Jeder wusste, dass die Dame weder Hund noch Kaninchen besaß, aber jeder gab ihr: Entwürdigend fand sie dies nicht.

In den 90er Jahren dann lernte ich eine Dame über 65 kennen, deren Schicksal ähnlich gelagert war: Ihre Rente reichte gerade, um das Existenzminimum zu sichern – nicht das, was die Regierung für ein „Existenzminimum“ hält. Weniger. Viel weniger. Die Dame sagte ebenso, dass sie bis zum heutigen Tage keine Hilfe des Staates in Anspruch genommen hätte. Nun aber wolle sie doch aufs Amt. Es ginge zwar noch gerade so aber sie sähe etwas nicht mehr ein.. „Sehe sie“, sagte sie mir, „wenn all diese jungen Leute, die noch nichts geleistet haben und eigentlich arbeiten könnten, dem Staat das Geld wegnehmen, dann habe ich schon lange ein Recht dazu..“ Dem hatte ich nichts entgegenzusetzen, aber ich denke seither anders über diejenigen, die Sozialhilfe lautstark einfordern.
 

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