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America's Olympians had promised to march into these Olympics with class and dignity. They weren't supposed to start that march straight out of a Playboy photo shoot.” Das meinte der Kolumnist Ian O’Connor von USA Today.

Kann man im Playboy eigentlich nicht mit Klasse und Würde posieren, oder, anders gefragt, ist extremer Leistungssport eigentlich immer mit Klasse und Würde verbunden? Ich bezweifle dies.

“They are playing a game.
They are playing at not
playing a game.
If I show them I see they are,
I shall break the rules and they will punish me.
I must play their game, of not seeing I see the game.”

R.D. Laing ("Knots") Penguin Books, 1970 (Meine Ausgabe)
Wieder zu haben bei Amazon.

Ich schrieb bereits vor langer Zeit, dass der Psychiater Ronald D. Laing mit diesem Gedicht die Psychogruppen entlarvt hat. Aber gilt es nicht auch für andere Gruppen, vom Ehepaar über die "Bloggergemeinde" bis zum ganzen Volk?

Der kritische Schriftsteller oder Journalist hat die ehrenwerte Aufgabe, das Spiel zu entlarven, auch wenn es noch so schmerzhaft ist. Täte er es nicht, er würde seine Berufung verfehlen.

Am Beispiel von Sigmund Freud will ich gerne einmal die Welt des Diagonaldenkers vorstellen. Für den einfachen Denker ist Dr. Freud der Begründer der Psychoanalyse, die sich seither offenbar linear in irgendeiner Form entwickelt hat. Wenn es hoch kommt, wissen kluge Gymnasiasten noch etwas von Alfred Adler und C.G. Jung, danach verliert sich meist das Schulwissen im Nebel.

Der Diagonaldenker geht von vornherein anders an die Sache heran: Er fragt sich, in welchem Licht man Dr. Freud sehen könnte: Vielleicht zunächst als Mediziner (dies war schließlich sein Beruf), als Ausdruck des Zeitgeistes? Als Verkörperung des niedergehenden Bürgertums? Als Revolutionär des Selbstverständnisses der Menschen? Vielleicht als wichtigtuerischen Schriftsteller, der nicht abwarten konnte, bis seine Erkenntnisse gesichert waren?

Schon allein die Betrachtung zeigt zweierlei: Erstens würde man sich solche Fragen nicht stellen, wenn Dr. Freud nicht wichtig gewesen wäre, und zweitens, dass es eine Fülle von alternativen Sichtweisen geben könnte, die sich aber durchaus wieder an den Enden verknoten lassen.

Wir Menschen haben, so denke ich, einen Vorteil, wenn wir uns die Möglichkeit des Andersdenkens erschließen. Hinzu muss freilich noch die Fähigkeit kommen, sich von der Ideologie frei zu machen und zu einem der vielen lösungsorientierten Möglichkeiten des Handelns aufzuschwingen.

Einem Buchhalter kann man kein X für ein U vormachen, und auch einem Dachdecker nicht: Beide verfügen über gesicherte, fundierte Erkenntnisse ihres Fachs, zu denen andere selten Zugang haben. Anders ist es freilich bei sozialen, psychischen oder religiösen Problemen: Hier wird das Eis der Wissenschaftler schnell dünn, und wir erleben ein seltsames Phänomen, dass wir sonst nur vom Biertisch kennen: Je mehr wir dem Saufkumpel seine Automarke madig machen, umso mehr rudert er dagegen und beginnt, Unsinn zu reden.

Man muss, so denke ich, ein gewisses Verständnis für die Geisteswissenschaftler und Geistlichen haben, die so reagieren: Sie wissen natürlich, dass ihr Eis sehr dünn ist. Bezeichnen es nun aber andere als dünn und beweisen sie es gar, so behaupten sie sofort, dass ihre Scholle auch Eisbären tragen würde, wenn denn nur welche da wären. Ich verrate ihnen, meine lieben Leser, eines: Es sind nie Eisbären da.

So stehen sie denn da, die Angegriffenen, Aufgeplusterten und um Atem ringend, was nicht gerade gesund ist. Ich empfehle Ihnen, meine Damen und Herren, vorsichtig zu sein: Wenn das Eis unter ihnen erst bricht, brauchen sie fremder Menschen Hilfe. Ich hoffe, dass sich dann ein Rettungsfahrzeug mit den notwendigen Realitäten in der Umgebung befindet.

Klingt ein bisschen satirisch, meinen Sie? Selbstverständlich. Aber es hat einen wahren Kern. Wer glaubt, dass ich auf aktuelle Ereignisse hier und anderwärts Bezug nehme, mag Recht haben.

Die Art, in der wir Wissenschaft betreiben, funktioniert auf eine höchst zweifelhafte Weise: Meist greifen wir auf die Antike zurück, in der wir ja ein kleines Repertoire von bereits Vorgedachtem finden. Nehmen wir also das "Ich". Nach allgemeiner Auffassung, der sich schwerlich widersprechen lässt, kann der Mensch zwischen sich selbst und seiner Umwelt unterscheiden - daher also das Ich.

Als Herr Freud auftrat, verdreifachte sich das ICH

So weit, so gut, jedenfalls bis Herr Freud kam, jener Herr, der missionarisch die menschliche Psyche erforschen wollte, und dies dann auch ebenso vehement wie schlampig tat. Jener also pfropfte dem Gedankengebilde schnell noch ein "Es" auf, das den wuseligen Urgrund symbolisieren sollte und, da dies immer noch nicht hinlangte, auch noch ein "Über-Ich" als regulierende Super-Instanz. Der heiligen Dreifaltigkeit nicht unähnlich, war das Ganze eher die Konstruktion eines fantasievollen Autors als das Forschungsergebnis eines Arztes, aber, nun ja, mit Präzision hatte es Herr Freud nicht so. Nachdem nun einmal klar war, dass Wissenschaft, wie Freud eindrucksvoll vorführte, keines eigentlichen Beweises bedufte, kamen dann auch Generationen von Nachahmern, die ihrerseits kühne und fast immer mit einem esoterischen Heiligenschein umkränzten Theorien vorschlugen, allen voran der unsägliche Carl Gustav Jung, dem die zweifelhafte Ehre gebührt, den Aberglauben in die moderne Wissenschaft eingebracht zu haben.

Moderne Menschenbilder finden kaum Eingang in die Psychotherapie

Die moderne Psychologie hat immerhin geschafft, den Begriff der psychologischen Dreifaltigkeit wieder auf das "Selbst" und schließlich auf die "Persönlichkeit" zu reduzieren, doch wollte man nicht weiter gehen. Eine der modernsten Wissenschaften nämlich, die Kybernetik (und die mit ihr verbundene Informationstheorie) entwirft nämlich ein ganz anderes Bild: Demnach ist für den Zustand der Psyche, soweit sie sich überhaupt geistig seelisch erfassen lässt (sie ließe sich nämlich auch biologisch-seelisch erfassen) eine Instanz im Gehirn zuständig, die wir als ein lebendes Modell der Wirklichkeit bezeichnen können. Je zutreffender die dort gespeicherten Informationen und je unproblematischer sie zur Verfügung stehen, umso besser funktioniert das Mensch-Umweltverhältnis und desto "gesünder" ist die Psyche. Selbstverständlich kann das Modell optimiert werden, zum Beispiel durch Lernen, aber es kann ebenso auch "gestört" werden, beispielsweise durch biochemische Einflüsse wie eine aufkeimende Liebe.

Psychoanalyse ist eine wissenschaftliche Untote

Selbstverständlich ist eine solche Erklärung der Psyche noch zu einfach, sind Details nicht zu Ende gedacht. Dennoch aber scheint ein solches Modell transparenter zu sein als das Gewusel von Ahnen, Kindheit und Tiefgrund, das sich letztlich niemandem öffnet als einem Psychoanalytiker.

Manche Zweige der Psychotherapie wissen um solche Modelle, die Mehrheit jedoch wird abwehrend die Hände heben: Was nicht sein kann, das darf auch nicht sein. Machen wir uns nichts vor: Die alte Tante Psychoanalyse ist die größte wissenschaftliche Untote, die unsere Universitäten pflegen.

Weitere Informationen zur Psychoanalysekritik: hier, mehr Kritik dann hier.

An diesem trüben Wochenende habe ich endlich Zeit, meine Möbel in meinem Blog zu verrücken und endlich aufzuräumen. Dabei habe ich, wie ich gerade feststelle, auch ein paar Artikel gelöscht, zu denen bereits verlinkt wurde. Ich bitte dafür um Entschuldigung.

In der Diskussion um Blogs glaube ich nicht nur den längeren Atem zu haben, sondern auch die sorgfältigeren Recherchen – und den bei weitem besseren Riecher, denn diese These stimmt: Blogs werden mehr und mehr kommerziell genutzt, weil sie einfach und effektiv handhaben sind - und damit steigt auch ihr Wert. Dabei dürfte den Unternehmen, die jetzt Blogs verwenden, das ganze Gerede um „Bloggosphären“ piepschnurzegal sein.

Letztendlich läuft es auf die bekannte Auto-Diskussion hinaus: Ein Freak kauft sich ein Auto, das er sich nicht leisten kann und das er auch eigentlich nicht braucht, um Leuten zu imponieren, die er nicht mag, und schwätzt nächtelang in der Bar über die Vorzüge seines Modells. Ein Geschäftsmann kauft sich ein Auto, das er sich leisten kann, um mit seiner Hilfe den Erfolg seines Geschäfts noch zu vermehren und redet nie über das Auto. Es muss ja nur fahren.

Wie sagte ich doch?

„Leider sind beide bislang genannten Gruppen nicht besonders klug, denn die Möglichkeiten des World Wide Web lassen sich am besten kommerziell nutzen: zur Repräsentation des Unternehmens unter verschiedenen Gesichtspunkten, zur Verbreitung von Neuigkeiten, als Pressezimmer und möglicherweise sogar als Empfangsraum zur Weiterleitung an andere Webseiten. Denn ein Weblog ist nichts anderes als ein Medium, mit dem sich Tagesereignisse unkompliziert verbreiten lassen. Kein Wunder, dass in Amerika gerade Meinungsbildung im Wahlkampf über Weblogs gemacht wird - mit großem Erfolg, wie es scheint.“

Zitat aus meiner Webseite Lechzen.de.

Aber man muss nicht bei mir nachlesen. Vielleicht scheint Ihnen diese Quelle verlässlicher: Knallgrau.

 

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