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Natürlich weiß ich längst, wie wenig die Mittelgeneration – und wohl noch mehr die Jugend – in der Lage ist, differenziert zu denken. Jedes Wort, und sei es noch so hirnrissig, wird sofort aufgenommen, verbreitet und als Metabegriff in die öffentliche Diskussion eingeschleust.

Eines dieser Wörter ist “Bashing“ – deutsch mundartlich vielleicht mit „Abwatschen“ zu übersetzten, ansonsten im Hochdeutschen mit „in übler Weise beschimpfen“ zu übersetzen, wobei das bayrische „Abwatschen“ dem Ursprung näher kommt., weil „to bash“ eben „verprügeln“ heißt – schreibend auf Leute einprügeln also.

Da las ich gestern von „Freud-Bashing“ (NZZ), und das Wort „Blog Bashing“ wächst mir schon bald aus den Ohren heraus. Die Bloggerin Martina Kausch verwendet es ganz selbstverständlich für Blog-Kritik, und mit ihr tun es auch andere.

Die Journalisten und Blogger, die das Wort verwenden, haben zum großen Teil den kulturellen Sinn der Kritik nicht begriffen, und sie verwenden das Wort „Bashing“ überwiegend, um ihrerseits den Kritiker schreibend ein bisschen auf die Schnauze hauen zu können.

Freilich wird manchmal mit harten Bandagen argumentiert: Von den „Klowänden des Internets“ bis zu den „Rittern der Schwafelrunde“, wobei beides immerhin auch zu einem Teil zutrifft. Doch statt wirklicher Entgegnungen findet man die Rottenbildung vor den Burgen der Werbeunternehmen, Zeitungen und Zeitschriften, in denen so etwas steht. Blogger rechnen nicht mit Kritik – sie sind gewohnt, selber zu kritisieren. Was noch schlimmer ist: Sie vertragen auch keine Kritik.

Indessen ist Kritik nötig: An Freud sowieso, weil sein Werk weiterhin überschätzt wird und an Blogs schon deshalb, weil viele der Blogger den hohen Anspruch haben, moralisch höherwertig zu sein als der Rest der Welt. Würden Blogger nicht so häufig die Fahne der besseren Welt vor sich hertragen, niemand würde sie kritisieren – sie wären dann wirklich so unbedeutend, wie die meisten Studien vermuten.

Die Kritik richtet sich deswegen an die wenigen privaten Blogs, die tatsächlich einen gewissen Einfluss auf die Meinungsbildung haben. Ein großer Teil ist sozialistisch, antikapitalistisch und wirtschaftsfeindlich eingestellt – und das, bitte schön, soll reichen? Ein bisschen Robin Hood spielen, freilich ohne Verbindlichkeit und völlig risikolos? Wir sollten den Bloggern vielleicht sagen, dass Kritik ihnen dient: Sie könnten besser werden, differenzierter zum Beispiel. Sie könnten sich für dieses Land (Deutschland) einsetzen, für unser gemeinsames Europa – und für den demokratischen und liberalen Staat, der ihnen erst die Möglichkeit gibt, Ihre Meinung, sei sie auch noch so unqualifiziert, in die Welt hinauszuposaunen.

Tun sie es? Na schön, falsch gefragt: Tun Sie es schon? Warten wir einmal ab, welche Rückmeldungen dieser Artikel auslöst.
 

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