anstoss

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Er wäre mir fast nicht aufgefallen, der Schlampenladen. Aber dank D-E-S habe ich ihn denn doch gefunden und mir mal Samt und Seide angesehen, und natürlich Korsetts.

Irgendetwas hatte mir noch gefehlt zu meinem

wöchentlichen Geblubber aus den Algen.

Dank eines Bloggers habe ich dann noch das richtige Stichwort bekommen, der die denkwürdigen Worte schrieb „und das alles ... hat wenig bis gar nichts mit bloggern zu tun“. Das alles? ich will es aufgreifen, weil viele meiner Mitmenschen offenbar glauben, ein Blog sei ausschließlich ein Spaßprodukt der Überflussgesellschaft, das sich vorwiegend für Bürogags eignet.

Ich sprach von Europa. Irgendwie hatte mein Bloggerkollege mich falsch verstanden und sagte als sinngemäß, es habe nichts mit Bloggern zu tun. Wenngleich er dies später relativierte, ist dies doch die Meinung vieler anderer, so dass ich bei meiner Betrachtungen bleibe.

Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben demnach jedenfalls nichts mit Bloggern zu tun. Die Völker, deren frei Stimme fast nur über Webseiten zu hören ist, haben nichts mit Bloggern am Hut. Die schmutzigen Seiten des Krieges, die über Umwege den Weg ins Web finden haben nichts mit Bloggern zu tun, und letztendlich hat dies nur eine Konsequenz: Blogger haben möglicherweise auch nichts mit Bloggern zu tun, weil sie ihr eigens Tun und Unterlassen nur im Spiegel ihres Selbst sehen können. Nur das im Web herumvagabundierende „ich“ hat, wie es scheint, etwas mit Bloggern zu tun.

Ich-AGs schrieb ich noch heute Morgen über Blogger. Mittlerweile wäre ich geneigt, die Ohnemichel-AGs zu schreiben, aber damit würde ich nicht nur den Bloggern Unrecht tun, die ich bereits in diesem Artikel erwähnte, sondern auch jenen, die tatsächlich noch glauben, Menschen der Zeit zu sein – und als solche auch noch etwas verändern zu können, und sie alle kommen selbstverständlich auch hier vor.

Was mir seit Jahren uns sehr unabhängig von diesem Geblogger auffällt, ist die „Es“-Denkweise (hier bitte auch nur exemplarisch): „Wenn sich nicht bald etwas ändert“. Haben wir schon alle resigniert, dass wir darauf offen, „etwas“ möge sich ändern? Sind wir alle staunende Gläubige, die meinen, Manna würde vom Himmel fallen?

Ich meine, dass intellektuelle Mitteleuropäer ruhig ein klein wenig über sich hinauswachsen können – im Blog und auch sonst im Leben.

Ich habe die Aussage nachträglich etwas ins rechte Licht gerückt, und bitte alle, den betroffenen Blogger nur als Stichwortgeber für viele zu sehen - sein Stichwort freilich traf den Kern .

Die meisten Blogger schreiben über Umstände, die sie bewegen. Habe ich eigentlich schon einmal erwähnt, was mich bewegt? Es ist Europa. Meine (und auch ihre, liebe Leserin, lieber Leser) europäische Kultur, meine europäische Identität, meine europäische Heimat.

Ja, ich lebe auch hier, in einem vergessenen Zipfel Deutschlands, der nicht meine Heimat ist, sondern mein Aufenthaltsort. Aber wenn ich denke, denke ich nicht mehr Deutsch, oder besser, nur soviel davon, dass es meinem europäischen Denken nicht schadet.

Wir alle sind Europa. Wie wir dieses Europa mit zehn neuen Beitrittsländern gestalten, liegt ganz wesentlich an jedem von uns – und ich würde mir wünschen, dass jeder von uns schon einen Plan dafür hat. Doch das ist nicht der Fall. Nehmt eure Bloggs (meinen dürft ihr getrost mit einbeziehen). Wie oft haben wir in den letzten Tage von europäischer Politik, europäischer Kultur und europäischem Geist gesprochen? Was haben wir über die neuen Mitgliedländer in Erfahrung gebracht? Was werden wir ab dem ersten Mai persönlich für deren Integration tun?

Wahrscheinlich wenig. Ich hörte heute ein Gespräch im Schweizer Rundfunk, in dem ein Schriftsteller dazu aufrief, dass Europa in uns allen sein möge, und dann sagte er sinngemäß dies: „Wenn wir alle nur an unsere Ich-AGs denken, dann kann kein soziales Zusammenwirken entstehen“.

Wer bitte, meine Lieben, hat in den letzten Tagen an unser Europa gedacht? Ich tat es, weil ich gar nicht anders konnte. Europa ist ein Teil meines Lebens, meiner Arbeit und seit einiger Zeit auch meines Glücks.

Blog Virus der Erste

Die Mehrzahl der Blogger ist in permanenter Not: Sie haben wenig zu sagen, aber sie glauben, schreiben zu müssen. Also muss ihnen jemand Hilfsmittel an die Hand geben, damit sie überhaupt eine Aussage am Tag hervorbringen, die über „es ist kalt oder warm“ und „mir ist mies oder gut“ hinausgeht.

Manchmal finden sie ein Zitat in einem Buch: Das bringen sie dann ganz, weil es so schön ist. Wir, die Leser, dürfen uns dann denken, was sie meinen.

Doch es gibt Abhilfe: Von „schreibe, was du heute Morgen zum Frühstück hattest", bis hin zu „Schlage das Buch auf, dass die am nächsten liegt“. Gewitzte Blogger setzen so etwas in die Welt und beobachten dann amüsiert, wie schnell es sich verbreitet. Und in der Tat: wie schön, schon wieder ein Tag gerettet. Es sei denn, auf Seite 23, im fünften Satz, würde gar nichts stehen.

Blog Virus der Zweite

Fast alle Bücher haben eine Seite 23, aber nicht in allen steht dort ein Satz – und schon gar kein Fünfter. Das gilt für alle Bildbände, Telefon- und Adressbücher und die meisten Wörterbücher. Doch auch in traditionellen Büchern könnte auf Seite 23 ein neues Kapitel beginnen. Manche Dichter hatten zudem (und haben sie immer noch) die Neigung, Sätze so zu verschachteln, dass eine Seite für einen Satz gar nicht reicht. Seite 23, Satz fünf? Wohl dem, der immer die passenden Bücher hat – sie müssen sehr einseitig sein, diese Bücher, wobei mir noch dies auffällt – haben einseitige Bücher überhaupt eine Seite 23?

Blog Virus der Dritte

Ach wie schön, wie edel und gut diese unsere Welt ist. Blogger lesen (fast) allesamt entweder Literatur oder Fachbücher oder Gedichte. Edle Menschen, fürwahr.

Kein Lore-Roman, keine Groschenheftchen, keine Pornogazetten. Freilich auch keine Bibel, keine Thora, kein Koran. Was verwundert: nicht eine einzige Bedienungsanleitung zu einem Computerprogramm.

Freilich könnt es ja sein, dass man ein bisschen gemogelt hat. Schnell noch den Porno in die Nachtschrankschublade gelegt, dafür das Edelbuch herausgeholt: Wie finde ich den schönsten, wichtigsten und überzeugendsten fünften Satz auf einer Seite 23?

Blog Virus der Vierte

Wer ein Buch darüber herausbringen kann, was Blogger in einem Jahr zusammengebracht haben, könnte ja auch einmal so etwas tun: Alle fünften Sätze aller namhaften Bücher von Seite 23 zu veröffentlichen. Oder jeder fünfte Satz jedes Chats nach 22:00 Uhr im Zimmer „zu heiß gebadet“. Das bildet ungeheuerlich und ist sicherlich ein Beitrag zur Lebensqualität Anno 2004.

Blog Virus der Fünfte

Ich hätte da einen Vorschlag: Man veröffentliche den auf Seite 23 gefundenen fünften Satz ohne das Geblubber des ersten Autors, sondern so:

„(Satz, ohne Buchtitel)“

Dann schreibe man:


Welch ein erleuchtender, wichtiger Satz kann dies für mein Leben werden, wenn ich ihn nur in all mein Tun und Unterlassen dieses Tages einbinden werde. Ich danke dem Schicksal, dass ich mein Leben heute nach diesem Satz einrichten durfte.

Oh, sich sollte den Satz nachliefern – es ist jeder Satz jedes Buches auf Seite 23, der Fünfte, wie man es gerne hätte. Bei Sacher-Masoch „Venus im Pelz“ lautete er zum Beispiel:

Ich sage also zu mir: „Esel“.

 

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