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Soll man nun einer Frau auf die Titten gucken oder nicht? Auf diese Frage lässt sich Harald Hordych von der Süddeutschen Zeitung im Kulturteil ein. Klar im Kulturteil, denn es geht um das Lesen, genau genommen um das Lesen von Botschaften auf T-Shirts. Wer sie lesen will, muss nun mal den Frauen auf die Titten gucken – die Texte stehen immer dort, wo die Brüste ihre größte Ausdehnung haben. So einfach ist das.

Er habe, so der Autor, unter anderem auch ein T-Shirt gesehen, auf dem der Kernsatz stand: „Ich habe auch einen Kopf über den Brüsten“. Mag ja sein. Die meisten Frauen, die ein T-Shirt mit Botschaft tragen, haben allerdings genau die Botschaft im Kopf, die auf dem T-Shirt draufsteht – eine klare Warenkennzeichnungs-Verpflichtung, wie man annehmen könnte: Was drin ist, muss auch draufstehen.

Vielleicht dies: „Wenn du mich für eine Nutte hältst, solltest du erst meine Mutter kennen lernen“. Erhältlich in London. No further comment.

Die Supermarkt-Kette Tesco wird englischen Frauen ein ganz besonderes Vergnügen bescheren: Beim täglichen Shopping können sie demnächst auch gleich Klitoris-Stimulatoren mitnehmen, die Dreierpackung zu etwa 10 GBP. Der „Mirror“ machte dazu einige humorvolle, aber leider unübersetzbare Bemerkungen: ob es wohl „between the sauces and the spices“ liegen wird? Natürlich nicht - und auch nicht bei den Wiener Würstchen. Es wird diskret bei den Drogerieartikeln liegen: Nur eine Orchidee weist auf die Verwendungsmöglichkeiten hin.

Suzanne Schlosberg beschreibt das Leben eines weiblichen Singles auf der Suche nach dem Lebensglück – und natürlich sucht sie über Online-Dienste, wie jeder andere Single auch, den sie kennt. Was herauskam, ist ein Buch über mindestens 1001 Tage und Nächte ohne Sex – ganz genau waren es 1358.

Das Buch ist in englischer Sprache bei Warner Books erschienen. Erhältlich bei Amazon.com.

Dem alten Feministinnen-Märchen, dass Pornografie zu Vergewaltigungen führt, ist Eric Schomburg nachgegangen - und versucht, dagegen zu halten. Vor allem ein Argument ist ihm wichtig: In Amerika, wo es wenig Gewaltpornografie gibt, ist die Anzahl der Vergewaltigungen extrem hoch. Im Vergleich zu Japan, wo Gewaltpornografie in Massen produziert wird, ist die Vergewaltigungsrate hingegen extrem niedrig.

Ein Beweis ist dies nicht. Aber mindestens ein Ansatz.

Inzwischen sollten die Argumente der Art „Pornografie ist schädlich für Frauen“ ohnehin auf den Müll der Geschichte gebracht werden: Frauen sind nämlich heute nicht nur Pornodarstellerinnen, sondern auch Regisseurinnen und Produzentinnen. Das allein wäre noch kein Argument, aber: Inzwischen sehen sich auch viele Paare pornografische Filme an. Die meisten sehen sie nicht zu Ende, aber nicht, weil sie so entsetzt von den Inhalten sind, sondern weil die Lust sie längst ins Schlafzimmer getrieben hat.

Jeden Tag, an dem ich mit dem Computer ans Netz gehe, bietet mir T-online irgendwelche nackten Miezen an – ein anderes Wort finde ich nicht mehr für diese Art von Damen. Heute wurde eine dümmlich aussehende Blondine angeboten, die sich dort Sarah nennt, und sie gehört Erozuna – was immer das ist, jedenfalls wirbt man mit „Erozuna’s heiße Girls“.

Die Dame heute zeichnete sich vor allem durch irgendeine dicke Ölschicht auf der Haut aus, die blauglibberig im Scheinwerferlicht strahlt. Irgendetwas musste mal wohl tun, um den Fotos noch irgendeinen Ausdruck zu verleihen: Die Dame sähe ansonsten aus wie eine Plastikpuppe. Ansonsten? Nein, sie sieht genau so aus. Das fiel sogar dem T-Online-Redakteur auf, der nur noch dies zu dichten wusste: „Sarah ist einfach ein süßes Püppchen. Ihre Goldlöckchen und der kleine Schmollmund erzählen von honigsüßer Sünde“. Kein weiterer Kommentar.

Da sagt der Kanzler einmal, was längst zu sagen gewesen wäre, und schon dröhnen ihm wieder die Ohren. Indessen besteht kein Zweifel daran, dass die Deutschen mit ihrer überzogenen Anspruchshaltung an den Staat tatsächlich eine „Mitnahmementalität“ entwickelt haben: Jeder nimmt mit, was aus dem staatlichen Füllhorn gerade herausquillt. Das ginge vielleicht noch an, wenn nicht inzwischen ganze Lebensentwürfe so ausgestaltet würden: Bevor auch nur die geringste wirtschaftliche Basis geschaffen wurde, werden Wohnungen bezogen, Fahrzeuge angeschafft und Kinder gezeugt.

Wer das alles zahlt? Der Nachbar, der Steuern bezahlt. Den meisten Menschen, die in diesem Lande Staatsleistungen in Anspruch nehmen, dürfte nicht klar sein, dass sie das Geld dafür eigentlich dem Nachbarn aus der Tasche ziehen - und häufig sind es Nachbarn, deren eigene Finanzen auch nicht rosig aussehen.

Die Deutschen werden sich, wenn sie noch einmal wieder auf die Füße kommen wollen, an das erinnern müssen, was sie nach 1945 stark gemacht hat: die Kraft des Geistes, die Findigkeit der Unternehmer, die Fähigkeiten und der Fleiß der Arbeiter. Das mag erzkonservativ klingen, ist aber ebenso die Wahrheit wie das, was der Kanzler gesagt hat: Der Bürger kann nur dann Staat machen, wenn er zunächst bereits ist, zu geben. Das Nehmen muss jenen vorbehalten sein, die nichts mehr geben können.

Die deutsche Presse und ihre Kommentatoren freilich lehnen sich selbstgefällig in ihre Stühle zurück: Der Kanzler habe das Volk beschimpft, und das dürfe er nicht tun. Nun, wenn er es nicht tun darf, wer dann? Etwa die deutschen Kommentatoren, die sich so durchlavieren, weil sie die Leser nicht vergrätzen wollen? Es scheint, als würde die Presse die deutsche Misere eher stützen als zu ihrer Beseitigung beitragen.

Das Zitat des Kanzlers:

„In Ost wie West gibt es eine Mentalität bis weit in die Mittelschicht hinein, dass man staatliche Leistungen mitnimmt, wo man sie kriegen kann, auch wenn es eigentlich ein ausreichendes Arbeitseinkommen in der Familie gibt“

Ich betreibe dieses Blog jetzt seit 365 Tagen. Zeit, eine Bilanz zu ziehen.

Für mich ist das Wichtigste an einem Blog, wahrgenommen zu werden. Das ist der Fall. Vor allem die Suchmaschinen und vereinzelte Referenzen in Onlinezeitschriften und anderen Blogs bescheren mir eine sichere Leserschaft. Die Zugriffe entwickeln sich gut, wenngleich die belanglosen Artikel über so genannte Stars, die ihre Hüllen fallen lassen, die besten Aussichten auf Zugriffserfolge haben. Verbucht werden die Zugriffe mit einer dicken schwarzen Zahl auf der Habenseite.

An zweiter Stelle steht die Freude am Schreiben. Ich beginne den Tag mit dem Wunsch, einen Artikel zur Europa- oder Gesellschaftspolitik zu schreiben und ich beende ihn mit den kleinen belanglosen Artikeln über Liebeslust und Liebesleid, Erotik, Fotografie oder Nacktheit. Freude macht mir das eine wie das andere. Die Freude verbuche ich liebevoll auf der Habenseite.

Drittens möchte ich mit meinen Gedanken etwas bewirken. Hier kommen erste Zweifel auf. Die synergetischen Effekte, die man etwa in Wikipedia beobachten kann, wollen in Blogs einfach nicht vorankommen. Der Grund ist einfach zu finden: Blogger neigen dazu, drei Menschen am meisten zu Lieben: sich, Ihr Selbst und ihre Person. Die ungeheuren Kräfte, die durch gemeinsames Denken und Handeln („niemand weiß so viel, wie wir alle zusammen“) entstehen könnten, werden schmerzlich vermisst. Ein schwerer Brocken im Soll der Bilanz – weil dies geändert werden könnte und niemand etwas daran tut.

Man könnte viertens manche schlechte Erfahrung verschmerzen, wenn Blogs irgendwie profitabel wären. Vorläufig sind sie es nicht. Wenn aber langfristig die Gewinnaussicht fehlt, werden immer neue ICH-AGs für immer wieder ähnliche Artikel sorgen, die von immer wieder ähnlich gelagerten Bloggerinnen und Bloggern gegenseitig gelesen werden. Blog-Innovationen werden auf der Strecke bleiben, wenn kein Gewinnen zu erwarten sind, wobei der „Gewinn“ auch in Wählern, Lesern für Printmedien oder einem Zuwachs an Kulturkonsumenten sein kann. Manchmal denke ich: Eigentlich sind wir schon so weit. Wir haben verpennt, Blogs profitabel zu machen. Eine gewaltige rote Zahl in der Bilanz – auf Dauer vielleicht das Ende der Blogs.

Fünftens frage ich mich: Was habe ich dabei gelernt? Vor allem, meinen eigenen Weg konsequent zu verfolgen. Dazu gehört leider auch, sich sowohl von falschen Feinden wie von falschen Freunden abzugrenzen. Die ursprüngliche Idee, die unsäglichen Äußerungen von herumhüpfenden Beschimpfern zu sammeln und irgendwann einmal zu veröffentlichen, habe ich längst aufgegeben. Sie liegen jetzt alle im Papierkorb, und da bleiben sie auch. Das Erlernte buche ich auf die positive Seite: Es zeigt den Weg in die Zukunft.

Ich habe es schon einmal gesagt: Es ist nicht lohnend, mir in den Finger zu beißen. Besser ist, sich die Richtung zu merken, in der er zeigt. Soweit meine Arroganz. Ein bisschen davon brauche ich, um hier täglich zu schreiben.

Sie vermissen einen Strich unter der Bilanz? Ich auch. Es ist noch zu früh. Ich plane weiter, gebe dem Blog noch bis Ende 2005. Dann wird sich zeigen, wohin ich mich wende.

 

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