anstoss

  sehpferdvs sehpferds magazin für anstöße und anstößiges
Der Unterschied zwischen einer perfekten Dienstleistung und dem „, was üblich ist und vom Kunden erwartet werden darf“ ist die Differenz zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenverärgerung. Das Speditionsunternehmen, mit dem ich es gerade zu tun hatte, scheint jedenfalls dieser Devise zu folgen. Ein Wort wie „Service“ kommt in ihrem Vokabular offenbar nicht vor – und zwar weder gegen Geld noch gegen gute Worte.

Nun, der Herr Disponent, der mir schon einmal beschieden hatte, wie sich ein Kunde nach Meinung eines deutschen Spediteurs zu verhalten hatte, erwies sich diesmal als lammfromm: Offenbar hatte seine Kundin ihn entsprechend bearbeitet: Ja, selbstverständlich würde man die Kartons jederzeit gerne abholen – nur müssten sie dann eben aufgereiht zu ebener Erde stehen, was, wie schon im Vorfeld bekannt war, eben nicht möglich ist.

Das gedehnte „Ja dann – dann müssen sie einen Möbelspediteur nehmen“ kannte ich schon aus einem vorausgegangen Gespräch. Vielen Dank für den Tipp, Herr deutscher Speditionsdisponent – ich wäre ja vielleicht sogar auf diesen scheinbaren Hinweis zum Besseren eingegangen, wenn ich nicht bereits versucht hätte, den örtlichen Möbelspediteur zu motivieren, die mir ja nur eingelagerten 30 lächerlichen Kartons (es handelt sich nicht um Möbel) nach Finnland zu transportieren – Fehlanzeige auf der ganzen Linie. Möbelspediteure kümmern sich offenbar nicht um solche Kinkerlitzchen. Sollte ich noch erwähnen, dass ich zwei geschlagene Tage auf den LKW gewartet habe? Einmal, weil der Fahrer vormittags kommen wollte, dann nachmittags kam, und doch nichts Transportierte und ein zweites Mal, weil mir ein Anlieferungsfahrzeug mit zwei Leuten für den nächsten Tag zugesagt wurde? Es muss diesen Disponenten offenbar Spaß machen, wenn sie mit Kunden solche Scherzchen treiben können – das Anlieferfahrzeug mit zwei Leuten hätte es nämlich auch dann nicht gegeben, wenn die Auftraggeberin es bezahlt hätte.

Nun ist mir die Arroganz von Spediteuren seit Jahren bekannt –ich erinnere mich noch an die feisten, herumlümmelnden Angestellten eines jener „amtlichen Bahnspediteure“ der Vergangenheit, der einen Aufstand mit mir veranstalteten wollten, weil er zwei Stühle und einen Tisch vom Stuttgarter Hauptgüterbahnhof nach Untertürkheim befördern sollten – schließlich hat sie ein Freund mit einem Kombi befördert.

Das Fazit: Deutsche wollen einfach keine Dienste leisten. Und der Ausblick: Ausländer werden es tun – zu wesentlich günstigeren Preisen.

Bei mir persönlich ist es so, dass ich jetzt Leute zum Verladen besorgen darf, die mit einem Fahrzeug den knappen Kilometer zum Lager des Spediteurs fahren – ich behalte dennoch meinen Humor, denke daran, dass ich solche Leute nicht mehr lange erttragen muss und lege das Ganze mal ab unter „Dinosaurier“.

Es gibt ein paar Versandhändler, die den Namen verdienen. Typischerweise haben sie keine oder geringe Versandkosten, stimmende Lieferzeiten und einen hervorragenden Service. Sie sind meist recht, wenngleich sie so billig nun wieder nicht sind. Schon oft erwies sich, dass der örtliche Handel das gleiche Produkt zu einem günstigeren Preis anbieten konnte.

Die strahlenden Sterne am Firmament haben allerdings ein paar schwächer leuchtende große Brüder: Manch namhafter Versandhändler, der behauptet, nur einen „Bruchteil der Versandkosten“ zu berechnen – so gegen 6 Euro zumeist, berechnet nämlich eigentlich ziemlich viel – vor allem bei kleineren Warenwerten. Unterstellen wir einmal, dass die reine Vertriebstätigkeit bei einem Einzelhändler vor Ort auch nur gleich viel kosten würde (in Wahrheit liegen seine Kosten höher) so könnten viele kleine Sendungen durchaus mit Versandkosten von EUR 3,90 (Kosten für ein kleines Hermes-Paket) abgegolten sein. Selbst das mittlere Hermes-Paket kostet nur EUR 5,90 – dies wirft ein schräges Licht auf die Händler, die auch für Kleinsendungen horrende Zuschläge verlangen – bei einem Warenwert von immerhin 60 Euro sind es noch satte zehn Prozent. (Mir ist bewusst, dass die Transportkosten nicht alle Versandkosten abdecken, aber andere Händler haben ähnliche Kosten).

Das freilich ist noch gar nichts gegen die vielen neuen „Ich-Auch“-Versandhändler: Sie bieten im Internet ganze Kataloge von Waren an, die sie gar nicht wirklich haben, sondern erst beim Großhändler oder Hersteller bestellen, wenn sie den Endkundenauftrag bekommen. Da bekommt man dann Auskünfte wie: „Wir haben den Artikel bereits für Sie bestellt und liefern ihn aus, sobald er in unserem Lager eintrifft“. Wäre es das erste Mal, dass mir so etwas passiert, so würde ich ja gerne an den Zufall glauben – aber es ist jetzt wiederholt aufgetreten, und zwar immer dann, wenn sich der tatsächliche Anbieter hinter einem Internet-Vermittler verbirgt.

Der Versandhandel täte sich einen guten Gefallen damit, mehr Offenheit an den Tag zu legen. Der Kunde will wissen, welche Versandkosten anfallen, und zwar bevor er irgendwelche Bestellformulare ausfüllt - nicht erst, wenn er die entnervenden Prozeduren hinter sich gebracht hat, die einem manche Versandhändler auferlegen. Und er will auch wissen, ob „1 – 2 Tage Lieferzeit“ bedeutet, dass die Ware spätestens am fünften Wektag bei ihm ist oder ob er noch die Versand- und Bestellzeiten der so genannten „Versandhändler“ bei ihren Lieferanten dazu rechnen muss – dann kommt man nämlich schnell auf 14 Tage. Vielleicht überlegen sich auch die vermittelnden Firmen einmal, dass sie der gesamten Branche einen Schaden zufügen, wenn sie solche Machenschaften durchgehen lassen.

Da liegt er also, der holde Knabe, mit seinen Wuschellocken, und die Gemeinde singt es so schön und so laut – und nein, nun kommt nicht etwa Joachim Ringelnatz ins Gespräch, obwohl er eben auch jenes Wort in seiner „Weihnachtsfeier des Seemannes Kuttel Daddeldu“ verwendet. Keine Frage: Das Wort heißt „hold“ und hier zum Vergleich noch einmal die Stelle bei Ringelnatz: „Und das Mädchen steckte ihm Christkonfekt still in die Taschen und lächelte hold.“

Die Leipziger Uni muss auf dem weihnachtlichen Glatteis ausgerutscht sein: Sie bezeichnet „hold“ als synonym für „hübsch“ und hat damit falsch geraten, denn es handelt sich keinesfalls um einen hübschen Knaben, so, wie auch Daddeldus Dame nicht hübsch war (wenn er dies bei dem Stand seines Alkoholgenusses überhaupt noch feststellen konnte) sondern sie war ihm geneigt: Sie wollte ihm mit ihrem Lächeln zu verstehen geben, dass sie zu näheren Begegnungen bereit war.

So ist denn „zugeneigt“ eigentlich die richtige Übersetzung oder auch „gewogen“. Ich kenne das Wort noch aus meiner Jugend, als Männer schon einmal sagten, „meine Holde“, und dies auch dann, wenn die Dame, die hier gemeint war, ihnen gerade nicht sonderlich hold war.

Da liegt er also, der holde Knabe – der geneigte Knabe, der zugeneigte Knabe, der uns gewogen ist. Das Lied will sagen, das er uns hold ist, dass wir seine Zuneigung genießen. So einfach ist das.

Die sparsamen Schwaben haben eine neue Idee, die auf den ersten Blick das Herz erfreut, und auf den zweiten den Kamm schwellen lässt: „Jugendbegleiter“ sollen in die Schulen, wegen der Ganztageschule und vielleicht auch sowieso.

Gut daran ist, dass die Schule nicht in ihrer eigenen Suppe kocht. „Hier die Schule – dort das Leben“ ist eine Einstellung, die noch nicht ganz aus den Köpfen verschwunden ist – und der sarkastische Satz: „Nicht für das Leben, sondern für die Schule Lernen wir“ hat immer noch eine Restbedeutung, vor allem in Gymnasien. Also: Wenn Musiker und Zimmermänner in die Schulen gehen, ist das zunächst einmal positiv. Aber: Gehen sie überhaupt? Und wenn ja, wo wird das Schwergewicht liegen? Und letztlich: Für Gotteslohn bekommt man in der Regel nur Pfarrer, Möchtegerns und Luschen – und das will man der Jugend zumuten?

Denn so hat sich’s der Oberschwabe Oettinger mal wieder vorgestellt: “Ährenamtlich“ sollen sie schaffen, die Damen und Herren – was auf gut Deutsch heißt: Sie sollen ausgebeutet werden, indem sie für Ihre Arbeit keinen Lohn erhalten – als Gegenleistung werden sie „für den Umgang mit Jugendlichen qualifiziert“.

Lieber Herr Oettinger, darf ich sie freundlicherweise darauf hinweisen, dass wir im 21. Jahrhundert leben (ja ein-und-zwanzig) und nicht mehr im 19ten? Nur, falls Sie das gerade vergessen hatten.

Wissen Sie, woran ich denke, wenn ich an „Heimat“ denke? An einen Würstchenstand. Genau an jenen auf dem Liebfrauenkirchhof zu Bremen. Man bestellte, nachdem man sich zu einer Wurstverkäuferin durchgedrängelt hatte, eine „Braaat“, soll heißen eine Bremer Bratwurst, die eigentlich eine Thüringer Bratwurst ist, aber eine Thüringer Bratwurst ist eben etwas ganz anderes, nämlich eine Thüringer – und in der Metzgerei, die hier eine Schlachterei ist, hieß sie sowieso „Bratwurst im Schäldarm“, weil man sie vor dem Braten aus eben diesem Schäldarm befreien musste.

Man beginnt sie mit schmerzverzerrtem Gesicht anzubeißen, weil man sie stets die Lippen verbrennt, was man zwar weiß, aber nicht wahrhaben will, aber dieser erste Biss lässt soviel Wasser im Mund zusammenlaufen, dass man wieder und wieder abbeißt, bis zur Mitte, wo sich das Brötchen zum Anfassen begindet.

Nachdem man die andere Seite dann genossen hat, wird der Wurstrest im Brötchen genüsslich verspeist, wobei einem bewusst wird, das alles vergänglich ist – vor allem Bratwürste. Der letzte Biss wird von vielen Bremern mit einem Teil des Brötchens verspeist, das anschließend teils in den eigenen Magen, teils in jenen der Sperlinge gelangt, die sich hier im Winter zum großen Teil von eben jenen Wurstbrötchen ernähren.

Wenn ich an meine Heimat denke, denke ich natürlich nicht immer an eben jenen Würstchenstand, sondern auch an die Mischung von WC-Reiniger und Eau de Cologne in mancher Bremer Treppenhäusern, und schließlich an die Weser – vor allem an jenes schöne Weserwehr, dessen faszinierend veraltete Technik jetzt einem dieser nichtssagenden Zweckbauten weichen musste.

 

Add to Technorati FavoritesMy Popularity (by popuri.us)

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma