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In Berliner Gymnasien wird, will man der WELT glauben schenken, nun eine "Ausländerquote" gefordert. Abgesehen davon, dass sich die Journalisten dort heute eben auch nicht scheuten, Stoibers Unwort „Ausländer“ nachzuplappern und überall herumzuschwatzen, sollte man sich vielleicht einmal Gedanken über die Gymnasien selbst machen.

Zunächst mal – bleiben wir einmal bei den Menschen, die bei uns türkisch sprechen: Um die angeblichen Probleme an den Gymnasien zu lösen, müsste man nur türkischsprachige Gymnasien gründen – so, wie Deutsche und Franzosen im Ausland eben auch „ihre“ Gymnasien haben – und diese Schulen dürften dann sogar deutsche Schüler anziehen. Wahrscheinlich wäre dann Friede, doch der Herr Stoiber wäre darüber wohl auch nicht froh: Wo bliebe denn da die Integration? Ja, wo bleibt sie denn? Sehen sie mal, liebe Oberschlaumeier: Es gibt eine deutsche Schule in Istanbul. Die leistet so viel für die Integration, wie dies bei Auslandschulen üblich ist – aber die Unterrichtssprache ist deutsch. Die Menschen überall auf der Welt begreifen, dass dies so gut ist – nur im einig bayrischen Vaterland begreifen sie es nicht? Sollte mich wundern. Schließlich gibt es in München eine französische und sogar eine japanische Schule – Unterricht in der jeweiligen Landessprache.

Die Klagen der Gymnasien haben im Übrigen einen Bart, an den sich die Bartaufwickelmaschine aus dem Jahr 1960 noch lebhaft erinnern dürfte: Damals schon erzählten elitäre Studienrätinnen und Studienräte nämlich das, was heute in der WELT zu lesen war: „Das Problem (an Gymnasien) ist die wachsende Zahl von Kindern aus sozial schwachen und bildungsfernen Schichten“. Damit wollten die Damen und Herren Lehrkräfte schon in den 50-er und 60-er Jahren Kinder aus einfachen Verhältnissen davon abbringen, in die Gymnasien einzudringen - und siehe, die Argumente haben sich nicht einen Deut verändert – nur, das Opferprofil veränderte sich. Waren es früher die Kinder der Handwerker, kleinen Angestellten und Arbeiter, die auf dem Gymnasium nur geduldet waren, so sind es heute eben „Kinder bildungsferner Schichten“ – warum nicht gleich „Underdogs“? Sehen Sie und damit ich mir nicht den einen Satz herauspicke, sondern die Ideologie mal verdeutliche: Die Kinder brächten heute „aus der Grundschule große Defizite“ mit – sehen Sie, und genau das, sogar mit gleichen Worten, sagten die Damen und Herren Elitelehrer eben 1960 auch schon zu den Schülern aus den Grundschulen der Viertel der Arbeiter und kleinen Angestellten. Es gibt Dinge, die ändern sich nie – und das ist eigentlich wirklich schade.

Die Welt: „Gymnasien fordern eine Ausländerquote
 

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