Endlich wird in Deutschland über Blogs qualifiziert gestritten: über die Qualität einerseits und die Popularität andererseits, und natürlich darüber, wie beides zusammenkommt.
Auslöser war der Artikel von Martin Röll, der sich sprachlich mühevoll darüber auslässt, was er unter Qualität versteht: etwas äußerst Schwammiges. Sein Grundirrtum besteht darin, Blogs als eine „kommunikative Infrastruktur“ zu verstehen, und dies drückt er dann in seinem Fazit so aus: „Was die Menschen daraus machen, liegt wieder in ihren Händen und hat mit Weblogs nichts mehr zu tun.“ Solche Aussagen sind, mit Verlaub, nicht mehr diskutierbar, weil sie in einen Allgemeinplatz münden: Was immer es an Neuerungen gibt, wir von Menschen genutzt, und das, was sie daraus machen, ist immer das Ergebnis, das von anderen wahrgenommen wird.
Ein anderer Blogger will denn noch genauer wissen, was Herr Röll gemeint hat, und schreibt, dass qualitätsvolle Blogs „Kristallisationspunkte für soziale Kommunikations-Netzwerke“ seien. Das ist diskutierbar, sobald man das sprachliche Monstrum entwirrt hat, doch sind es Dorflinden, Cafés und Bars auch, und dort habe ich wenigstens noch ein bisschen mehr vor der Nase als einen Bildschirm. Nein, nein, ihr genialen Vereinfacher – so leicht lässt sich der Chronist nicht ins Bockshorn jagen und andere Leser vermutlich auch nicht.
Bleiben wir einmal kurz bei der Qualität: Sie ist im Grunde die Voraussetzung und keinesfalls das Ziel. Wir können aktuell, innovativ, interessant, kritisch oder heiter schreiben – aber eine bestimmte Grundqualität wird von uns allen als mindeste Voraussetzung erwartet.
Etwas kommt freilich hinzu: Qualität ist nicht gleich Erfolg, und auch Erfolg lässt sich unterschiedlich definieren – er ist dann gegeben, wenn man das gewünschte Ziel erreicht hat.
So fragt sich denn der PR-Blogger, der das Thema aufgreift, aus welchen Gründen die Boulevard-Presse so erfolgreich sei – und trifft damit, ohne es vielleicht zu wollen, den Nagel auf den Kopf: Die viel gelesenen Blogs sind so erfolgreich, weil sie so trivial sind – aber mit ihrer Trivialität eben Menschen ansprechen. Auch die BILD-Zeitung oder die BRAVO bieten schließlich, wonach der Leser lechzt: „Information, Unterhaltung und Orientierung“ – und sie tun dies, bei allen Abstrichen an gewissen journalistischen Tugenden – sehr professionell.
Die meisten Blogs, dies dürfte unbestritten sein, bieten aus den drei Komponenten Information, Unterhaltung und Orientierung freilich überwiegend den mittleren Bereich an: Unterhaltung. Informationen sind selten, und sie können zudem anderwärts leichter, schneller und zutreffender gefunden werden, und Orientierung findet man nur in wenigen, handverlesenen Blogs, die man suchen kann wie die Stecknadel im Heuhaufen.
Blogs sind, daran kann kein Zweifel bestehen, sind Träger irgendwelcher Texte, die weit in die Welt hinausgetragen werden. Der Vorteil des neuen Mediums besteht gegenwärtig hauptsächlich darin, dass ich von den Menschen vor Ort ihre persönliche Sichtweise des Lebens erfahren kann. Wenn ich will, kann ich auch etwas mit ihnen teilen: wenig meist, weil wir ja alle hauptsächlich in unserer Muttersprache schreiben.
Menschen sind neugierig: Deswegen kaufen sie sich Zeitungen und Zeitschriften – und deswegen lesen sie Blogs. Auf Dauer bleibt kein Blog bestehen, der nicht mindestens attraktiv und gut geschrieben ist. Das wird reichen, um Leser zu bekommen, denn darum allein geht es auf Dauer. Das gängige, zeitgemäße Geschwätz von „sozialen Netzen“ und dergleiche mehr, die aus Blogs entstehen, kommt jedes Mal neu auf, wenn es ein neues Medium oder eine neue soziale Idee gibt. All diese Ideen sind bislang an einer simplen Tatsache gescheitert: Was mittelfristig keine Anerkennung, keine Macht, keinen Ruhm oder kein Geld bringt, verschwindet wieder: Und das ist auch gut so.
Auslöser war der Artikel von Martin Röll, der sich sprachlich mühevoll darüber auslässt, was er unter Qualität versteht: etwas äußerst Schwammiges. Sein Grundirrtum besteht darin, Blogs als eine „kommunikative Infrastruktur“ zu verstehen, und dies drückt er dann in seinem Fazit so aus: „Was die Menschen daraus machen, liegt wieder in ihren Händen und hat mit Weblogs nichts mehr zu tun.“ Solche Aussagen sind, mit Verlaub, nicht mehr diskutierbar, weil sie in einen Allgemeinplatz münden: Was immer es an Neuerungen gibt, wir von Menschen genutzt, und das, was sie daraus machen, ist immer das Ergebnis, das von anderen wahrgenommen wird.
Ein anderer Blogger will denn noch genauer wissen, was Herr Röll gemeint hat, und schreibt, dass qualitätsvolle Blogs „Kristallisationspunkte für soziale Kommunikations-Netzwerke“ seien. Das ist diskutierbar, sobald man das sprachliche Monstrum entwirrt hat, doch sind es Dorflinden, Cafés und Bars auch, und dort habe ich wenigstens noch ein bisschen mehr vor der Nase als einen Bildschirm. Nein, nein, ihr genialen Vereinfacher – so leicht lässt sich der Chronist nicht ins Bockshorn jagen und andere Leser vermutlich auch nicht.
Bleiben wir einmal kurz bei der Qualität: Sie ist im Grunde die Voraussetzung und keinesfalls das Ziel. Wir können aktuell, innovativ, interessant, kritisch oder heiter schreiben – aber eine bestimmte Grundqualität wird von uns allen als mindeste Voraussetzung erwartet.
Etwas kommt freilich hinzu: Qualität ist nicht gleich Erfolg, und auch Erfolg lässt sich unterschiedlich definieren – er ist dann gegeben, wenn man das gewünschte Ziel erreicht hat.
So fragt sich denn der PR-Blogger, der das Thema aufgreift, aus welchen Gründen die Boulevard-Presse so erfolgreich sei – und trifft damit, ohne es vielleicht zu wollen, den Nagel auf den Kopf: Die viel gelesenen Blogs sind so erfolgreich, weil sie so trivial sind – aber mit ihrer Trivialität eben Menschen ansprechen. Auch die BILD-Zeitung oder die BRAVO bieten schließlich, wonach der Leser lechzt: „Information, Unterhaltung und Orientierung“ – und sie tun dies, bei allen Abstrichen an gewissen journalistischen Tugenden – sehr professionell.
Die meisten Blogs, dies dürfte unbestritten sein, bieten aus den drei Komponenten Information, Unterhaltung und Orientierung freilich überwiegend den mittleren Bereich an: Unterhaltung. Informationen sind selten, und sie können zudem anderwärts leichter, schneller und zutreffender gefunden werden, und Orientierung findet man nur in wenigen, handverlesenen Blogs, die man suchen kann wie die Stecknadel im Heuhaufen.
Blogs sind, daran kann kein Zweifel bestehen, sind Träger irgendwelcher Texte, die weit in die Welt hinausgetragen werden. Der Vorteil des neuen Mediums besteht gegenwärtig hauptsächlich darin, dass ich von den Menschen vor Ort ihre persönliche Sichtweise des Lebens erfahren kann. Wenn ich will, kann ich auch etwas mit ihnen teilen: wenig meist, weil wir ja alle hauptsächlich in unserer Muttersprache schreiben.
Menschen sind neugierig: Deswegen kaufen sie sich Zeitungen und Zeitschriften – und deswegen lesen sie Blogs. Auf Dauer bleibt kein Blog bestehen, der nicht mindestens attraktiv und gut geschrieben ist. Das wird reichen, um Leser zu bekommen, denn darum allein geht es auf Dauer. Das gängige, zeitgemäße Geschwätz von „sozialen Netzen“ und dergleiche mehr, die aus Blogs entstehen, kommt jedes Mal neu auf, wenn es ein neues Medium oder eine neue soziale Idee gibt. All diese Ideen sind bislang an einer simplen Tatsache gescheitert: Was mittelfristig keine Anerkennung, keine Macht, keinen Ruhm oder kein Geld bringt, verschwindet wieder: Und das ist auch gut so.
sehpferd - am Donnerstag, 24. Februar 2005, 18:39 - Rubrik: blog nachrichten
fraktal meinte am 24. Feb, 21:15:
eben
Du: "Menschen sind neugierig: Deswegen kaufen sie sich Zeitungen und Zeitschriften – und deswegen lesen sie Blogs. Auf Dauer bleibt kein Blog bestehen, der nicht mindestens attraktiv und gut geschrieben ist."neugierig = prodesse und gut geschrieben = delectare.
Danke, dass Du mir recht gibst ;)
Ich mach mal n Beispiel. Ich wohn 'aufm Land': 15 Bahnminuten zwar nur von Stuttgart entfernt, aber eben 'dahin, wo sich kein Städter hinbewegt'. Selbst in den 'Treffs Gleichgesinnter', die ich organsisiere, bewegt sich der Diskurs nicht immer auf einem Niveau, bei dem ich noch was lerne. Bei Treffs in Stuttgart st das nur marginal besser. Und zum Nichtmehrlernen bin ich zu jung. Soviel zu Cafe und Dorflinde. Da ist tote Hose. Der Salon ist ausgestorben.
Insofern kann ich, klar, in Mailinglisten und im Usenet und eventuell gar in Webforen etc. der Diskussion frönen und schlauer werden.
Oder eben mit Blogs. Dort kann ich Texte von Leuten konzentrierter lesen als in irgendwo anders (s.o).
Du schreibst: "Der Vorteil des neuen Mediums besteht gegenwärtig hauptsächlich darin, dass ich von den Menschen vor Ort ihre persönliche Sichtweise des Lebens erfahren kann." Hm? Wie? Pls explain.
Zudem wollte ich nicht 'genauer wissen' was Röll gemeint hat. Du hattest gesagt Du habest es nicht verstanden, ich hab es erkärt und versucht aus Röll+Alphonso rauszukitzeln, was mit 'Qualität' gemeint ist, und auf welche 'Kommunikationsart' sich Blogs stützen (auf die der Beziehungsebene, das immerhin sagst auch du in anderen Worten, danke).
Du sagst: "Das gängige, zeitgemäße Geschwätz von 'sozialen Netzen' und dergleiche mehr, die aus Blogs entstehen, kommt jedes Mal neu auf, wenn es ein neues Medium oder eine neue soziale Idee gibt."
Aha? War das so beim Roman, beim Theater, beim Rundfunk, beim Kino, beim TV? (Wenn wir mal Brechts Radiotherie beiseite lassen. er erhoffte vom Radio das, was jetzt mit weblogs passiert: Jeder (der will) ein Sender.)
Ich hab mal ne ganze Weile Irak-Weblogs gelesen, auch als es nicht mehr so "in" war. Von Irakern, von Soldaten, von Exilirakern, von Ägyptern. Das ist schon anders als Zeitungslesen. GANZ anders.
Das Internet ist eben nicht 'wirklich' ein technisches Medium sondern primär ein soziales. Und darum funktionieren jene 'Netzdienste' mit am besten, die das in den Blick nehmen. Und Blogs sind eben 'pragmatisch-sozial-beziehungsbezogen'. (beziehungsbezogen ist lustich, heisst aber eben: pragmatisch)
Ich hab mich heute gefragt, wieso http://www.sickgirl.de/ 500 Besucher am Tag hat. Kennt die soviele Leute? Schreibt sie über dinge, die so viele interessieren? Oder ist das Voyeurismus? Oder was. Weisst du es?
Warum das mit den sozialen Netzen egscheitert ist, bleibt mir im Bezug auf Blogs unklar. Sozailes (KOmmunkations)Netz keisst ja nichts anderes: Menge von Leuten, die miteinander (regelmäßig) reden. (also: Lesen, Kommentieren, Linken, Trackbacken). Was ist also das Problem? Und 99,99% der Blogger denke ich tun das nicht um reich und berühmt zu werden.
Wenn Blogger nur eins gemeinsam haben, dann ist es, dass Sie das Publizieren im Netz nicht den 'großen Medien' überlassen wollen. Und das ist auch gut so.
sehpferd antwortete am 24. Feb, 21:46:
Dein Beitrag ...
... ist ja beinahe länger als meiner. Mein Vorschlag: Ich greife es nach und nach auf.
fraktal antwortete am 25. Feb, 08:46:
aber gern
Yep. wenn ich mal am denken bin... ich hab das Ding weil es mir so gefiel auch bei mir selber gebloggt (und noch n paar typos rausgemacht), wenn Du also magst kannst du hier oder dort ;)Last uns die gewonnenen Einsichten vermehren ;)
sehpferd antwortete am 27. Feb, 08:31:
Ich habe ...
inzwischen etwas dazu geschrieben. Einen neuen Beitrag, wie es meine Art ist. Und ich habe etwas gelernt: "Sozial" wird oft in einem anderen Wortsinn gebraucht - offenbar eine Falle, in die Autoren wie auch Leser tappen.
martinroell meinte am 25. Feb, 08:40:
Erst erklären Sie meinen - möglicherweise trivialen, aber wohl wahren - Satz „Was die Menschen daraus machen, liegt wieder in ihren Händen und hat mit Weblogs nichts mehr zu tun.“ für "nicht mehr diskutierbar" und dann schließen Sie mit "Blogs sind, daran kann kein Zweifel bestehen, sind Träger irgendwelcher Texte, die weit in die Welt hinausgetragen werden." Ich habe gewisse Schwierigkeiten, Ihrer Kritik zu folgen... (Ist nicht böse gemeint: Ich würde gerne besser verstehen, wie Sie denken.)Ich würde gerne zu Ihrem Schlusspunkt nachhaken: Glauben Sie grundsätzlich nicht an die Idee der sozialen Netze, die durch Blogs entstehen oder spotten Sie nur über meine vermeintliche Überbewertung dieser Komponente?
sehpferd antwortete am 25. Feb, 08:52:
Mach ich ...
... aber bitte erst am Wochenende