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Er sagt, er sei der „Sache entwachsen“, doch ist dies genau so zweifelhaft, wie alles, was er sonst schrieb. Gemeint ist Isenberg, einer der Pioniere von Twoday. Einer, der gegen Windmühlenflügel kämpfte, was ihn bei allen Widersprüchen liebenswert machte.

Warum er scheiterte? Weil er nicht verstanden wurde. Er wollte ein sensibler Schöngeist sein, ein Mensch, der tiefere Einsichten hat, ein Kämpfer für die Gerechtigkeit auf der Welt, mindestens in Österreich, aber gelegentlich auch anderwärts.

Seine Beiträge schwankten stets zwischen Kampfgeist und Resignation. Er wollte das Gute, das Wichtige, das Edle unter seine Leser bringen, und schuf doch nur das das Belanglose, und dies durchzog sein Blog von Beitrag zu Beitrag.

In seinem letzten Beitrag zeigt sich denn auch, welchem Irrtum er zum Opfer verfiel: Er sei, so schrieb, er angewidert von dem, was aus Twoday geworden ist. Das kann, übersetzt in die Wirklichkeit, nur heißen: Er mag die Menschen nicht mehr, die hier schreiben, kann ihre Ansichten nicht mehr teilen und findet sich hier nicht mehr wieder.

Doch Twoday ist nichts als ein Blogbetreiber, keine Kirche, Partei oder weltanschauliche Einrichtung. Wer hier schreibt, kommt wegen der technischen Qualität des Mediums, nicht wegen einer wie auch immer gearteten Kommune.

So erfahren wir denn doch noch, warum Isenberg wirklich aufgehört hat: Ihn stört der Wandel in diesem Medium, das wir als Blogs bezeichnen. Man muss sich hier nicht wiederfinden. Man muss hier schreiben und dabei zuversichtlich in die Zukunft blicken. Das ist alles.

Ich danke David Ramirer für seine Kritik, die mich veranlasste, diesen Beitrag neu zu schreiben. Seinen Kommentar habe ich dennoch gelöscht.

Frauen sollen ja immer dieses merkwürdige Kribbeln bekommen, wenn es um Schuhe geht - und ich glaube nicht, dass sie es nur in den Händen bekommen, wenn sie den Kreditkartenbeleg unterschreiben.

Diese Schuhe sind nämlich teuer - der Rest der dort gezeigten Artikel ist es auch.

Es gibt Bloggerinnen und Blogger, auf die ich niemals von selbst stoßen würde. Wahrscheinlich, weil sie weit entfernt von meinen Themen hausen, in Universen, zu denen ich wenig Zugang habe. Doreen Fräßdorf ist eine solche Bloggerin. Die 22-jährige studiert in Marburg Germanistik Kunstgeschichte und betreibt einige Webseiten.

Der Zufall hat mich darauf gebracht, einmal nachzuschauen, nachdem mir ein Leser schrieb: „Ich hab mich heute gefragt, wieso sickgirl 500 Besucher am Tag hat. Kennt die so viel Leute? Schreibt sie über Dinge, die so viele interessieren? Oder ist das Voyeurismus? Oder was. Weißt du es"?

Natürlich wusste ich es nicht, aber inzwischen bin ich klüger.

Das Blog, von dem die Rede ist, ist zunächst sehr schön gestaltet: Man bekommt sofort den Eindruck, dass hier jemand am Werk ist, der etwas Gutes auch schön machen will. Bilder kommen einem entgegen: es ist offenbar die Bloggerin, die hier zu mir spricht, und ich beginne zu lesen.

Zunächst fange ich nicht viel damit an. Ich kenne viele Blogs, in denen Menschen tatsächlich oder vermeintlich ihr Innerstes nach außen kehren. Doch je mehr ich lese, umso mehr entstehen bei mir Bilder, die vorher nicht da waren. Ich erkenne, dass auch ich nach Jahren noch einmal meine Füße auf Gehwege setzte, die ich schon vor 40 Jahren betrat, als sie in meinem Kopf noch „Trottoir“ hießen. Ich fand mich wieder in dem Bestreben, keinesfalls mit den Massen zu gehen, zu fahren oder zu sein, sondern nur mit wenigen Menschen zusammen zu sein – aber mit ihnen das zu tun, was ich wirklich will.

Die sprechenden Texte sind es wohl, die viele Menschen auf das Blog ziehen. Sie werden unterstrichen mit Bildern der Bloggerin und der Umgebung, in der sie lebt – festgehalten in schönen Bildern. Man merkt sofort, dass hier nicht einfach die Digitalkamera hingehalten wurde, und alles – Fotos, grafische Gestaltung und Text – ergeben dann das Bild, das viele Besucher wohl vor Augen haben, wenn sie einmal wieder bei Doreen klingen. Sie selbst weiß nicht recht, weshalb sie so erfolgreich ist, ja sie prüft es nicht einmal nach. Sie will nur schreiben, schreiben und nochmals schreiben. Vielleicht, so sagt sie, liegt es daran, dass sie eine Frau ist – eine attraktive Frau, zudem.

Die Befindlichkeiten? Sie fängt damit nicht viel an, schreibt vielmehr entlang ihrer Träume, ihrer Erinnerungen, ihrer Gefühle, ihrer Ängste, und das tut sie in einer Weise, die ihren Besuchern nicht verschlossen bleibt.Doch sie tut es nur für sich – es interessiert sie nicht sehr, was andere über sie denken, so wie sie auch kaum andere Blogs liest.

Ich bemerke, dass diese Frau getrieben ist vom Schreiben, vom Nachdenken über sich und wieder vom Schreiben: Festhalten, niederschreiben, Geschichten daraus machen, veröffentlichen. Hat sie einen psychischen Gewinn daraus? Sie verneint, bedächtig: Nein, das glaube sie nicht.

Bei aller Offenheit sich selbst gegenüber hält sie Grenzen ein: Ihre Beziehungen, so sagt sie, gingen die Öffentlichkeit nichts an, und auch die Kontroversen nicht, die sie hier und da hat. Ich gewinne den Eindruck, dass es ihr um das innere Bild geht, das sie nach außen bringen will: so weit möglich, in Worten, und dort, wo es nicht mehr geht, in Bildern.

Nachdem ich Doreens Blog gelesen hatte und ein paar zusätzliche Informationen von ihr erhielt, die mir halfen, sie besser zu verstehen, habe sich meine Augen geweitet: Wer ehrlich zu seinen Gefühlen steht, kann durchaus ein Blog betreiben, in dem Gefühle sprechen. Doch es bedarf dazu einer Sprache, die Bilder übermitteln kann.

Fragt man mich heute, warum diese Webseite manchmal bis zu 500 Besucher täglich hat, so weiß ich es: Ehrlichkeit kommt an, ein guter Text ist schön zu lesen, und die Fotos sprechen dazu noch ihre eigene Sprache ... und vielleicht liegt es auch ein bisschen daran, dass Doreen eine Frau ist.

© 2005 by sehpferd press – jegliche Verwendung dieses Beitrags ist nur nach vorheriger, schriftlicher Genehmigung des Autors sehpferd gestattet.

Nutten machen sich immer gut bei der Hexenjagd auf Politiker, und bei dem gegenwärtigen Kesseltreibgen auf Bundesaußenminister Fischer ist sich die WELT am Sonntag nicht zu schade, zu titeln: „Mit diplomatischer Hilfe ins Berliner Bordell“. Selbst die Badische Zeitung schlug in dieselbe Kerbe und titelte „Über das Visum direkt ins Bordell?“, wobei man ihr zugute halten muss, im Text darüber aufzuklären, dass dem nicht so ist: Die Visa-Vergabe habe nicht zur Zwangsprostitution geführt, ja, nicht einmal zu mehr Schwarzarbeit.

Mag sein, dass der Bundesaußenminister gegenwärtig nicht gut aussieht in der so genannten Visa-Affäre, mag sein, dass er jetzt nur der zweitbeliebteste Politiker der Bundesrepublik ist: er hat die Hexenjagd, die von der rechten Parlamentsseite dickbackig herausposaunt wird, nicht verdient, und Meinungsmache wie "Beihilfe von Rot-Grün zu Menschenhandel, Zwangsprostitution, Schwarzarbeit“ kommt aus jener Schublade, die Politiker gemeinhin nur öffnen, wenn Wahlkampf ist.

Das ganze Visa-Gedöns ist in Wahrheit nichts wert – und zudem schon Schnee von gestern: Die Ausgabe von Visa ist 2004 unter das Niveau von 1998 gesunken. Die Union spekuliert auf die niedrigen Instinkte der Bürger und eine Presse, die sich nur allzu bereitwillig an dem Halali auf Fischer beteiligt.

Zudem bewirkt die Union mit ihrem Gerede nicht nur eine Destabilisierung der Regierung, sondern auch eine der deutschen Interessen. In der Situation, in der wir sind, gilt es, alle Kräfte darauf zu verwenden, unsere Wirtschaft wieder in Fahrt zu bringen – und jede Ablenkung davon schadet uns allen. Dazu allerdings braucht man kein Gezeter und Geseire, sondern Geist und Tatkraft. Die trauen die Deutschen Herrn Fischer allerdings immer noch zu, wenngleich er nicht mehr auf Platz 1 steht. Dort steht allerdings auch nicht Frau Merkel, die für viele Deutsche der Inbegriff der Unwählbarkeit ist, sondern der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff. Frau Merkel wird sich einmal fragen dürfen, warum.

Soziale Netze sind etwas Heikles. Ich kann mich dunkel erinnern, in den 70er Jahren über den Grundgedanken neuer sozialer Netze geschrieben zu haben. Damals wurde der Verfall der natürlichen Familien beklagt, und von mir wurden als alternative Wunsch- und Zweckfamilien propagiert. Menschen, die sich zusammenfinden, um neue soziale Netze zu knüpfen. Das Netzeknüpfen war damals sehr populär, und es entstand gar eine Bewegung, die man damals wohl als alternativ bezeichnet hätte, die ein komplettes „Netzwerk“ solcher Gruppierungen fördern wollte.

Wenn ich mich recht erinnere, gehörten neben Gesundheitsläden und Gesundheitsselbsthilfegruppen auch Handwerkergruppen und andere Kollektive dazu, eben alles, was sich so in den 70ern an Grüppchen bildete.

Diese Netze hatten alle ihren Sinn, sie dienten alle zu irgendetwas, brachten auch die eine oder andere Freundschaft hervor, und sicher auch manche Ehe – aber eben keine sozialen Netze. Letztlich scheiterte die ganze Idee daran, dass Menschen eben nicht nur einem einzigen Kreis angehören, sondern vielerlei Interessen haben, die durch die künstlichen Netze nicht abgedeckt wurden.

Seit wir das Internet haben, werden schneller virtuelle Orte gefunden, an denen Nachrichtenaustausch möglich ist. Ich kann in diesem Zusammenhang nicht von Kommunikation reden, weil in erheblichem Maße fragwürdig ist, den bloßen Austausch von geschriebenen Nachrichten bereits als Kommunikation zu bezeichnen.

Allerdings sind diese Kontakte noch oberflächlicher und kürzer als alle Kontakte auf regionalen Ebenen, bei denenn man weder einfach hereinschneien noch ohne weiteres einen Rückzieher machen konnte: Man übernahm so etwas wie Verantwortung, wenigstens auf Zeit. Im heutigen Web übernehmen nur noch sehr wenige Menschen Verantwortung – sie holen sich ab, was zu haben ist und steigen dann wieder aus. Das nenne ich konsumieren und nicht sozial vernetzen. Auch dieses Thema ist freilich nicht neu. Ich kenne es aus den siebziger Jahren auch, nur: Damals konnte man die Menschen noch zur Rede stellen, notfalls Überzeugungsarbeit an ihnen leisten.

Natürlich bietet das Internet die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen – dies wird seit langem praktiziert, und das Etikett „Blogger“ steht nicht auf diesen Seiten. Meist handelt es sich, im Gegenteil, um stark moderierte Seiten, auf denen in nicht unerheblichem Maße Werbung betrieben wird – in den Vereinigten Staaten von Nordamerika besonders für Teenager, Eltern und Menschen über 50. Hier paart sich also das Kontakt- mit dem Konsumbedürfnis zum Nutzen der Betreiber.

Blogs hingegen sind nichts mehr und nicht weniger als vage Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen, und die meisten dieser Kontakte sind mehr als unverbindlich – und zudem nicht selten fragwürdig. Nehmen wir das Beispiel der typischen Blogwehleiderin, von denen es mehrere Dutzend gibt: Eigentlich müsste sie sich aktiv verändern, tut es aber nicht, weil es so schön ist, ständig darin bestärkt zu werden, dies nicht zu tun und statt dessen täglich Trostsauße zu bekommen. Jeder, wie er will. Aber eine soziale Verantwortung erkenne ich daraus nicht.

Blogs sind keine sozialen Netze. Sie können der Ausgangspunkt von persönlichen Kontakten sein, aber das trifft für jede virtuelle und tatsächliche zufällige Begegnung zu. Ob sich diese Kontakte als hilfreich oder kontraproduktiv erweisen, das mag jeder selbst entscheiden. Sogar die Blogger selbst, und insbesondere die Bloggerinnen denken sehr unterschiedlich über Kontaktwünsche und Kontaktmöglichkeiten – dazu kann man mehr in Blogs lesen, als ich es hier jemals schreiben könnte.

Dieser Beitrag nimmt indirekt Bezug auf:

Martin Röll
Typo

Sowie meinen Beitrag hier.

Querdenker haben die Eigenschaft, sich nicht im populären Meinungsstrom treiben zu lassen. Ein angehender Journalist nennt in seinem Blog einige Punkte, die seiner Meinung nach anders behandelt werden müssen. Ich kann ihm nicht in allen Punkten zustimmen, werde aber einige hier aufgreifen.

Dass ich dies aufgreifen werde, konnten sie sich vielleicht denken:

„… dass Sex und Liebe „jederzeit und überall abrufbar“ sind, wie es die Medien und die Werbung uns glauben machen wollen, in Wahrheit aber das Thema ein gewaltiger Komplex ist“.

Auch hier maße ich mir Kompetenz an:

dass wir in einem Zeitalter der Kommunikation leben, aber nicht mehr wirklich miteinander reden.

Und die Zusammenfassung dessen, was „sozial“ ist, unterschreibe ich auch:

dass es sozial nicht gerecht ist, wenn (kleine Angestellte und Arbeiter unter teilweise) miserablen Arbeitsbedingungen, durch ihre Steuern, die akademische Ausbildung von Studenten ... (mitbezahlen), diese selber aber nicht ihren Teil zu beitragen wollen, und dass ... ein Vorschuljahr obligatorisch werden und der Kindergarten nichts kosten sollte.

 

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