anstoss

  sehpferdvs sehpferds magazin für anstöße und anstößiges
rosinentexte_500_x
Eine Autorin fragt sich, was „was das Vorhandensein von Prostitution und Pornografie gesellschaftlich bedeute und welche Auswirkungen beides auf das Selbstverständnis von Männern und Frauen als sexuelle Subjekte habe“. Es ist ihr gutes Recht, so zu fragen, und doch vernebelt bereits die Fragestellung den klaren Blick: Wer so fragt, wird keine Antwort der Lebenden bekommen, sondern muss sie aus Folianten schöpfen.

Das beginnt schon damit, dass wir Menschen nicht als „sexuelle Subjekte" leben, sondern als unser eigenes Selbst, das unvergleichlich ist und sich zunächst einmal allen Versuchen widersetzen sollte, sich verfügbar zu machen - auch für die Wissenschaft. Freilich versucht diese mit ihrer arroganten Definitionsmacht, uns zu Objekten zu degradieren: So werden wir dann zu dem, als das sie uns gerne sehen würde: „Freier", „Huren", „Hausfrauen", „Arbeitnehmer" oder „Konsumenten".

Sodann stört, dass nach der „Bedeutung" gefragt wird, bevor wir überhaupt wissen dürfen, wovon die Rede ist: Prostitution, um nur einen der beiden Begriffe zu wählen, beinhaltet eine Fülle von sexuellen Dienstleistungen, die nicht alle gleich sind: Für manche wird nichts benötigt als der eigene Körper, für andere medizinische Kenntnisse, wie sie etwa Krankenschwestern haben, für wieder andere ein möglichst breites Spektrum von Fremdsprachen, wie wir sie auch bei auslandserfahrenen Sekretärinnen finden. Manchmal gehört dazu die Kreativität und Überzeugungskraft einer improvisierenden Schauspielerin, mal die Einfühlsamkeit einer erfahrenen Psychologin.

Wen stört, dass ich in der weiblichen Form schreibe: Männliche Huren sind noch selten. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich dies demnächst ändern wird.

Prostitution ist ein zu ernstes Thema, um es allein den Sozialwissenschaftlern (oder auch den Kriminalisten) zu überlassen. Es ist, in der Tat, ein Thema für Philosophen, Literaten und selbstverständlich auch für Ökonomen: Huren sind Dienstleister und erzielen nicht unerhebliche Umsätze.

© 2003 by Sehpferd Press

Hinweis: In einem weiteren Artikel setzt sich Sehpferd mit der Schwierigkeit der Annäherung an das Thema Prostitution auseinander.
0815tussi meinte am 5. Nov, 08:26:
na hör mal ...
tu mir da nicht die worte verdrehen als sexuelle SUBJEKTE sagte ich. und das ist für mich ein himmelweiter unterschied. :)
arbeit ruft, aber ich komm gern nochmal darauf zurück. 
sehpferd antwortete am 5. Nov, 12:15:
Der Fehler wurde bereinigt
Das war selbstverständlich ein Fehler, tut aber der Grundaussage keinen Abbruch - ich bin ein Mensch, kein "sexuelles Subjekt".

Sehpferd 
ferromonte meinte am 5. Nov, 12:58:
nicht die
wissenschaft definiert menschen, die sich für geld den befriedigungsgelüsten anderer hingeben, sondern die anderen menschen sowie die freier und die zuhälter tun das.
es existiert so etwas wie gesellschaftlicher druck, der allerdings dem reinen pornokonsumenten und freier möglicherweise nie bewußt wird.
von "dienstleistungen" zu sprechen, finde ich geradezu eine verhöhnung, wie sie nur den vor gier blinden geschäftemachern (sie zählen in unserer gesellschaft zu den erfolgreichen menschen) ausgesprochen werden kann. 
sehpferd antwortete am 5. Nov, 16:11:
Plakativ ist mir zu billig
Ferro, pardon – aber das ist mir viel zu plakativ und trifft genau das, was ich bemängelt habe: „Hure“, „Freier“, „Pornokonsument“ – alles fix und fertig definiert, rein in den Schuhkarton, Etikett drauf, und das war es.

Typisch dafür ist auch die Sprache: „Es“ existiert ein Druck. Welcher Druck existiert, wie wird er ausgeübt, wann und auf wen unter welchen Umständen? Ich könnte nun ja mal einfach behaupten, auf mir laste der gesellschaftliche Druck, Weihnachtsgeschenke zu kaufen – da würde wahrscheinlich niemand widersprechen, aber Unfug wäre es doch.

Letztendlich: Warum kann nur ein „Geschäftemacher“ einen erbrachten und berechneten Dienst als „Dienstleistung“ bezeichnen und wen (falls ich gemeint sein sollte) verhöhne ich damit?

Da bleiben mir einfach zu viele Fragen offen – oder ging es Dir nur um die Konfrontation? Dann: falsche Baustelle.

Dein Sehpferd 
ferromonte antwortete am 5. Nov, 16:36:
nicht meine baustelle,
denn ich habe keine lust stundenlang überflüssige begriffsdefinitionen durchzuführen bzw. deine definitionen mit anderen oder meinen zu vergleichen. es gibt einen grundlegenden konsenes in der sprache, und darüber gehts hier nicht hinaus.
hure= eine(r), die es für geld tut.
p-konsument= eine(r), der pornos konsumiert
freier= einer, der huren dafür bezahlt, daß sie ihn befriedigen. einfach, gell?
ES existiert der druck, so wie ES die erde gibt, und die sonne. der druck wird erzeugt von einer bestimmten anzahl von menschen, die eine bestimmte ansicht über eine bestimmte sache haben. die ansicht mag stimmen oder ein vorurteil sein, egal. es entsteht der druck daraus. ob das jetzt das bohr'sche atommodell ist oder eine hure, die wahrheit ist sekundär, primär ist was die vielen glauben, deren meinung "zählt". zählt insofern, als die in einer mächtigeren position als ein einzelner sind. da kommt auch moral und falsche moral ins spiel, etc.. so funktioniert die "gesellschaft".
das mit der verhöhnung ist wohl das einfachste: laß dich einen tag lang von zahlenden menschen durchficken, von deinem boß demütigen und schlagen und gib dann den großteil des ervögelten geldes dem, der dich geschlagen hat. wenn du jetzt meinst, das du dich am ende dieses tages wie jeder andere "dienstleister" fühlst, dann mußt du entweder schwerer masochist sein oder ..

wir wissen, was ein freier ist, und ja, weihnachtsgeschenke zu kaufen ist ein gesellschaftlicher druck dem sich nur wenige entziehen können etc. - du siehst, wir leben in unterschiedlichen welten. meine meinung, deine meinung. deine diskussionsstrategie ist für mich nicht fruchtbringend.
lassen wir die diskussion 
sehpferd meinte am 5. Nov, 17:36:
Wie die Gesellschaft funktioniert
Ich bin immer wieder überrascht, dass es Menschen gibt, die so viel wissen - zum Beispiel "wie die Gesellschaft funktioniert".

Kommentiert Sehpferd
etwas lakonischer 
sehpferd meinte am 5. Nov, 20:17:
Zur aktuellen Pornografie-Diskussion
Zur aktuellen Diskussion empfehle ich den Artikel "The Porn Myth" von Naomi Wolf unbedingt im Original zu lesen - sie hat sehr gut ausgedrückt, was Pornografie bewirken kann - aber nicht zwangsläufig muss. 
 

Add to Technorati FavoritesMy Popularity (by popuri.us)

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma