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Man mag über den etwas lächerlich klingenden Begriff der Leitkultur denken, wie man will – eines allerdings ist sicher: Die Jugend sucht wieder nach Leitbildern. Wenn es eines Beweises dafür bedurfte, so mag die Diskussion, die gerade in der Jungen Union geführt wird, als Beweis dafür dienen: Vor allem hier wird der Gedanke, über die Leitkultur neu nachzudenken, begeistert aufgenommen.

In der CDU und geht es vor allem um die christlichen und konservativen Gedanken. Jeder Bürger, der in der Stadt lebt, verspürt instinktiv, dass sein Lebeweg nicht allein mit dem Christentum und den bürgerlichen Werten aus dem 19ten Jahrhundert gepflastert werden kann, und selbst der Katholik bemerkt, dass die katholische Soziallehre nur noch bedingt für dieses Zeitalter taugt – und eine Partei, die dies alles verkörpert und sonst keine Perspektiven bietet, wird immer weniger Wähler anziehen.

Den anderen Parteien geht es freilich nicht besser. Die SPD sonnte sich lange Zeit in dem Glauben, dass sie die Partei der urbanen Menschen wäre, weil sie einst Arbeiter, Bürger und Intellektuelle zu Brandt- und Schmidt-Wählern machen konnte. Links war einst gülden, weil es wahrhaftiger erschien als der verkochte Bürgereintopf von Adenauer und Erhardt. Doch die Ideologie, dass Links edler ist als alles andere, vertreten heute höchstens noch greise Schriftsteller. Von Grün müsste eigentlich kaum noch die Rede sein – diese Partei ist, vor allem, seit sie nicht mehr regierungswillig ist, überflüssig geworden. Lediglich die FDP hat noch wirkliche Überzeugungen, wenngleich ihre Protagonisten dies kaum noch glaubhaft unters Volk bringen.

Nun wäre nichts dringlicher, als die Suche nach Leitbildern zu unterstützen, und in soweit ist die CDU auf dem richtigen Wege, während die SPD sich stets ins Mauseloch zurückzieht, wenn das Thema angestoßen wird. Dabei wäre nichts wichtiger als eine öffentliche Diskussion – schon, um Einseitigkeiten vorzubeugen, wie dem lächerlichen Wort der „Christlichen Leitkultur“, das wie ein Damoklesschwert über der gesamten Diskussion schwebt – und damit dies klar wird: Das Volk will keine christliche Leitkultur, es will weltliche, praktikable, sinnreiche und zukunftsweisende Leitbilder.

In den nächsten Tagen werden wir erleben, wie die Linksmedien, einschließlich der Linksblogger, die Diskussion um die Leitkultur diffamieren werden, egal, wer sie aufnimmt. Die Diskussion wird wieder den üblichen Weg gehen, der schon jetzt absehbar ist: Wir brauchen keine Leitbilder, wir brauchen keine Identität und wir müssen gar nichts für unser Land tun. Das übliche Dummgesülze: Ihr – nicht wir.

Vielleicht sollten die Linken auch einmal versuchen, sich vorzustellen, was aus einer Welt ohne Leitbilder wird – es wird von ihnen ja nicht verlangt, dass sie alle dem gleichen Leitbild folgen. Nur über eines kann man mit mir nicht diskutieren: Der freiheitliche und demokratische Staat ist für sich genommen bereits ein Leitfaden – und gerade er folgt einem Menschenbild, dass ich heute bei den Linksschreibern nicht mehr erkennen kann. Sehen Sie, meine Leserinnen und Leser: „Soziale Marktwirtschaft“ ist ein Leitbild, aber „Soziale Gerechtigkeit“ ist ein Traum. Mag sein, dass in unserer visionsversauten Zeit Träume mit Leitbildern verwechselt werden.
 

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