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Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – fast immer sonntags

Nicht, dass ich nicht gelacht hätte, gestern Abend, als ich „Scheibenwischer“ gesehen habe. Gekonnte Satire wird immer ihr Publikum haben, geschickt angebrachter Wortwitz wohl immer einen lachendes und schmunzelndes Publikum, und das politische Kabarett erfüllt seine beiden Aufgaben nach wie vor: die Politiker auf die Schippe zu nehmen und das Publikum dennoch zum Nachdenken anzuregen.

Nur, dass ich an verschiedenen Stellen nicht mehr lachen kann. Dann nämlich, wenn der Kabarettist eine ironische Nummer darbieten will, die in linksromantischen Kreisen vielleicht noch als „witzig“ durchkommt, in Wahrheit aber bereits die nackte Wahrheit ist – und so verlor der Beitrag über Hartz dann eben seinen ganzen Witz.

Oder wenn der Bundespräsident allein deswegen verulkt wird, weil er den Deutschen Mut machen will: Das ist einfach so dümmlich, dass es nicht mehr erträglich ist. Nein, nein, liebe Scheibenwischer-Macher: BILD-Stil bleibt BILD-Stil, auch wenn er auf SPIEGEL-Ebene ausgetragen wird.

Vielleicht liegt es auch an mir. Daran, dass ich älter werde. Daran, dass ich meine linken Hitzephasen hinter mir habe. Daran, dass ich inzwischen abwägen kann. Insoweit sind die Kabarettisten arm dran: Irgendwie erscheint es mir so, als sei ein Teil von ihnen in den linken Kinderschuhen stehen geblieben (nicht Dieter Hildebrandt, der glänzt ja durch scharfsinnigen Wortwitz). Doch die Welt verändert sich, und mit ihr müsste sich auch das politische Kabarett verändern.

Wer hier schreibt, kommt sicher nicht darum herum, sich mit der Troll-Geschichte zu beschäftigen, die hier gerade Furore macht. Sie zeigt einerseits, dass Blogs sehr wichtig genommen werden – übermäßig wichtig, wenn sie mich fragen. Zum Zweiten zeigt sie auch, dass Blogs in „Kommunen“ existieren, und dass sich die Kommunardinnen und Kommunarden gegenseitig die Bälle zuspielen – so, wie man dies unter Freundinnen und Freunden eben tut. Nun haben „Blogs“ und „Kommunen“ zwar nichts ursächlich miteinander zu tun, aber dies wird schlicht ignoriert: Wer sich zufälligerweise beim gleichen Blogbetreiber einnistet, der gehört zur Kommune. Punkt. Friss es oder stirb. Punkt.

Man kann diese Einstellung als Kindergartenphilosophie beschreiben oder als das soziale Verhalten virtueller Affengruppen, man kann es groß reden oder klein, eines ist sicher: Es existiert, und es ist (angeblich) toll für diejenigen, die es mögen – und (sicher) absolut lästig für diejenigen, die es nicht wollen.

Sicher, man kann sich schützen. Zum Beispiel dadurch, dass man eben nicht dem Vorschlag des Blogbetreibers folgt, anderwärts Kommentare abzugeben. Beispielsweise dadurch, dass man selbst keine Kommentare zulässt oder sie einfach löscht. Das, indessen, ist keine Lösung. Die Rückkoppelung der Bloggerinnen und Blogger untereinander kann sinnvoll und gewollt sein, und so entstehen eben auch Konflikte.

Der aktuelle Fall entstand dadurch, dass sich ein Mensch auf den populären Blogs der beliebtesten Damen hier (und einiger weniger Herren) mit Kommentaren breit gemacht hat. Der Mann hat durchaus Wortgewalt, gelegentlich Wortwitz, aber offenbar nicht die Fähigkeit, zu wissen, wann Schluss ist – und dass der Klügere nachgibt, einlenkt, notfalls ignoriert. Ich mache das inzwischen auch so. Ich zitiere nur noch Blogs, die mir gefallen oder die den Zeitgeist überaus deutlich repräsentieren.

Ich las gerade, dass nun die Robin Hoods aus den Gebüschen hervorschnellen, um dem nämlichen Blogger zur Hilfe zu eilen. Da ich mich zum Kämpfer der Entrechteten nicht eigne und auch keinen grünen Anzug habe, muss ich mich distanzieren. Blogger sind, mehr noch als diejenigen, die keine Öffentlichkeit mögen, für sich selbst verantwortlich.

Aber dies mag ich noch sagen: Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Aber ein Troll ist nicht ein Troll ist nicht ein Troll. Ich habe versprochen, keine Zitate aufzuheben und denjenigen zu verzeihen, die unter der Gürtellinie geschossen haben. Es waren ein paar namhafte Edeltrolle darunter, und ja, ich gebe zu, mich gelegentlich trollhaft benommen zu haben. Offenbar gehört dies zum Bloggen ab und an dazu. Aber ich lerne.

In diesem Sinne. Einen schönen Sonntag.
 

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