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Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – (fast) immer sonntags

Seit Schleswig-Holstein gewählt hat, erleben wir eine deutsche Untugend: Nicht mit Kompromissen leben zu können, alles auf die Spitze zu treiben und letztendlich dabei so viel Energien zu verschleudern, dass unsere Bürger eigentlich den Kopf schütteln müssten und die BILD-Zeitung am Kiosk lassen.

Zudem glauben mache CDU/CSU-Politiker offenbar, dass sich schlechte Kinderstube auszahlt: Ich würde, mit Verlaub, einmal die Bundestagswahlen abwarten. Wobei mir dies durch den Kopf geht: Eine CDU ohne Frau Merkel ist durchaus vorstellbar. Es gäbe einen guten Kanzlerkandidaten, der nicht von ungefähr in der Beliebtheit beim Volk auf Platz 1 steht – ohne Schnörkel, ohne Aufhebens und vor allem mit pragmatischem Auftreten.

Ob ich die Wende in Berlin will? Ja, ich will sie. Aber ich will sie mit gerechten, fairen und fähigen Politikern, nicht mit Leuten, die sich bei der BILD-Zeitung mit Schlammschleudern anbiedern. Auch halte ich Frau Merkel nicht für die geeignete Person, um die CDU zu führen oder gar Kanzlerin zu werden: Sie hat viel zu viel DDR-Vergangenheit, um die Bundesrepublik Deutschland in Gänze zu begreifen, geschweige denn, zu vertreten.

Neu aufgestellt, kann die CDU die Bundestagswahlen mit Ruhe abwarten: Sie wird die Wahl zwischen drei Koalitionspartner haben, mit denen sich in Variationen ausgezeichnete Politik machen lässt. Schon deshalb sollte sie aufhören, mit Schlamm zu werfen, denn ob es dem Sieger der nächsten Bundestagswahl, der zweifellos CDU heißt, gelingt, mit einer leider völlig profillosen FDP zu koalieren, wird sich erst noch zeigen.

Mein zweites Thema in der letzten Woche waren die Blogs. Ich denke nach wie vor, dass wie in Deutschland eine „Blogosphäre“ vorfinden, die kaum brisante Themen aufgreift – in der letzten Woche zum Beispiel wurde weder die Diskussion um das Papst-Buch aufgegriffen noch das reichlich brisante Thema, dass n-tv sich einen Teil seine Reportagen praktisch von einem christlichen Hilfswerk schenken lässt. Beides halte ich für typische Blogger-Themen, weil sich die so genannte Mainstream-Presse hier aus vielerlei Gründen zurückhält. Generell ist es nicht einmal der Mangel an politischen Blogs, der mich verdutzt dastehen lässt, sondern generell die Unfähigkeit der Blogger, Themen aufzugreifen, die auf der Straße liegen und nur darauf warten, aufgehoben zu werden. Statt dessen wirft man sich lieber Stöckchen zu und sagt sich Nettigkeiten.

Apropos Nettigkeiten: Mir eilt der Ruf voraus, gegen Gefühls-Blogs zu sein. Dass dies nicht der Fall ist, habe ich, wie ich hoffe, diese Woche mit einem Artikel bewiesen. Freilich muss derjenige, der Gefühle ausdrücken will, dazu die Sprache beherrschen und ein gutes Sprachempfinden haben: Daran allein scheitern mehr als 9 von 10 derartiger Blogs.

Hier, auf Twoday, kommen immer wieder Blogger hinzu, doch ab und an gehen auch welche: manche still, andere mit Getöse. Gerade ist Isenberg gegangen. Ich habe ihm einen Artikel zum Abschied gewidmet.

Meine Antworten an die Blogosphäre zur Qualitätsdiskussion glaube ich, mit diesem Beitrag abgearbeitet zu haben. Wiederholen möchte ich nur noch einmal dies: Qualität ist nicht das Ziel, sondern die Voraussetzung für das Bloggen.

In diesem Sinne wünsche ich meinen Leserinnen und Lesern einen schönen Sonntag.
Salvatore meinte am 28. Feb, 15:10:
Wende in Bonn
Sehpferd will die Wende in Bonn. Das ist erfreulich. Ich mag mir gar nicht ausmalen, was passiert, wenn wir sie 2006 nicht bekommen. Nur eins finde ich bedauerlich: Es scheint modern zu sein, auf die FDP einzuschlagen. Modern ist aber nicht unbedingt intelligent. Fast beschleicht mich das Gefühl, die schreibende Zunft wendet sich gegen die FDP, weil Sie Guido Westerwelle nicht mag. Nun, der ist wirklich nicht eben symphatisch. Dennoch hat die FDP das mit Abstand beste Programm. Unsere jetzige Regierung ist dabei, das Land mit ihrer staatlichen Bevormundung und staatlichem Dirigismus an die Wand zu fahren. Alle Länder, die uns grad überholen (heute war es Spanien), haben Regierungen, die sich weitaus weniger in alle Belange einmischen. Auch führen andere deutsche Parteien permanent liberale Grundsätze im Munde. Aber leider nur da. Stattdessen liefern sie uns ein Antidiskriminierungsgesetz, und schaffen von Staats wegen die Diskriminierung ab. Um nur ein Beispiel zu nennen. Auch die CDU setzt im Zweifel auf Regulierung. Sie ist allerdings im Gegensatz zur Regierung kein hoffnungsloser Fall und jemanden wie Christian Wulff halte ich für fähig und vernüftig genug, die Regierung zu übernehmen. Trotzdem haben wir nur eine liberale Partei. Ihr Programm ist vernünftig, das Personal ändert sich hoffentlich im Laufe der Zeit und sie sind in der Lage zusmmen mit der CDU zu regieren. Wir sollten froh darüber sein, statt darauf herumzutrampeln. In manch anderen Ländern stellen Liberale die stärkste oder wenigstens eine starke Fraktion (z. B. Dänemark). Und das ist selten zu deren Schaden.

Ciao
Salvatore 
sehpferd antwortete am 28. Feb, 18:14:
Vorerst
behandle ich einmal alle Parteien gleich, von den linken und rechten Schaumschlägern einmal abgesehen. Liberal sein heißt für mich nicht zwangsläufig, FDP zu wählen. 
julian_kay meinte am 28. Feb, 21:07:
Wende in Bonn???
Lieber Herr Sehpferd,

habe ich irgendetwas nicht mitbekommen? Meines Wissens nach haben wir seit einigen Jahren eine Berliner Republik, Bonn ist nur noch die Provinzstadt am Rhein, die sie vor 1949 auch schon war...
Könnte es sein, daß Ihnen da ein echter Freud unterlaufen ist, quasi zurück zur guten alten Bundesrepublik? 
sehpferd antwortete am 28. Feb, 21:40:
Da lachte der Pferd
und sprungte quietschend über der Oma Hühnerstall ihrem Dach ... und korrigierte natürlich sofort den Fehler der "Bonner Republik".

Wundert mich ja, dass dies nicht schon früher jemandem augefallen ist. 
 

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