anstoss

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Es gibt sicher gute Gründe, im BH zu bügeln – fragt sich nur, wozu der Hut gut ist.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – (vorläufig) auch im neuen Jahr meist sonntags

Die gute Nachricht: Ich schreibe weiter, wenigstens noch bis zum April. Danach garantiere ich für gar nichts mehr. Mag sein, dass diese Nachricht auch nicht so gut ist: Immerhin hassen mich die aufrechten Retrolinken ebenso wie die katholischen Gutmenschen, und die Zicken mochten mich sowieso nie – vermutlich, weil ich keinen guten Ziegenbock abgebe.

Danach führe ich mein Budapester Stadtblog endlich so, wie es sich gehört und schreibe hier bestenfalls noch ein paar Gedanken dazu, wie man Deutschland und die Deutschen vom Ausland aus sieht.

Was mir so auffiel? Ich hoffe, sie fragen nicht nach Blogs. die fielen mir nämlich so gut wie gar nicht auf. Falls sie nach Mozart oder Freud fragen: Bei Mozart ist jede Diskussion überflüssig, weil der Mann eben schon eine Kugel ist und bestimmte auch noch mal ein Weinbrand wird. Fehlt noch eine Software – Amadeus für das musikalische Jungtalent. Vielleicht darf ich an dieser Stelle wenigstens einmal anmerken, dass der Knabe gar nicht „Amadeus“ hieß – aber so verkauft sich der Mann eben besser als mit seinem Namen Joannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus.

Bleibt Freud, zu dem flieht, wer von Träumen bedroht ist – meint jedenfalls der Wiener. Man stelle sich diesen Freud mal heute in New York vor statt damals in Wien: „Ach, sie sind also der Erfinder von diesem Super-Ego? Mann, wie sind sie nur darauf gekommen – das ist ja besser als Superman und Batman zusammen“.

Ich weiß, ich bin ein altes Lästermaul, und überlasse den Herrn Freud gerne wieder den Wienern – vielleicht komponiert dort ja noch jemand eine Freud-Operette: Man denke nur, was man da alles auf die Couch bringen könnte – herrlicher Gedanke.

Wie bekomme ich jetzt den Bogen von Freuds Couch zu meinen Kartons, denen inzwischen immer noch keine Flügel gewachsen sind, sodass sie sich von selbst nach Finnland bewegen? Vermutlich habe ich ein zu inniges Verhältnis zu ihnen, sodass ich mich nicht wirklich trennen mag, würde der Herr Freud vielleicht einwenden. Nein, nein, so abwegig sind solche Aussagen nicht: Als der Kater einer ehemaligen Freundin mir seine Flöhe vererbte, wurde ich wegen „flohstichartiger Gebilde“ mit psychosomatischen Methoden behandelt – in der Tat war mir zu diesem Zeitpunkt der Flohbefall des nämlichen Katers noch nicht bekannt.

Es ist lange her – Berührungsängste Ihrerseits sind daher völlig unbegründet.

Vielleicht wundern sie sich, dass ich im neuen Jahr so wenig über Sex schreibe. Kein Rückblick auf das Sexjahr 2005? Keine Vorschau auf das Sexjahr 2006?

Also, bevor ich irgendetwas schreibe: Die Tendenzen in den erotischen Nachrichten sind mau: Ein Nippelchen zu zeigen, reicht ohnehin kaum noch, es müssen schon 660 sein – und da frage ich mich doch, um das einzelne Nippelchen noch seinen beabsichtigten Dienst tut. Ach, sie meinen, es sei schon ein Unterschied, ob ein Schweinchenrosanippelchen der Mädchen von Seite drei gemeint ist oder die Entblößung eines solchen bei einer Dame der Gesellschaft? Mag sein. Also Name und Nippelchen, Nippelchen und Name. Damit könnte man Seite um Seite füllen – macht sich auch gut in den Suchmaschinen.

Freilich können sie gegenwärtig auch mit Moral Furore machen – jedenfalls in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Sie müssen nur die Amerikanerinnen, die nach wie vor ein freizügiges Sexualleben praktizieren, als „Schlampen“ bezeichnen, sie der Perversion bezichtigen und wortreich beklagen, dass Tugenden wie Keuschheit und moralische Reinheit zu den Verlierern dieses Jahrtausend gehören. Macht sich gut, jedenfalls in der „Washington Times“.

Falls sie glauben, dass eher die Weltrevolution ausbricht, bevor der Observer eine Sexkolumne eröffnet, liegen sie falsch: Hat er schon. Aber ist das eine Nachricht, selbst wenn der Kolumnist zugibt, schon mit allerlei Menschen auf allerlei Arten geschlafen zu haben? Nun ja. Ich las ja gerade in der „Berliner Morgenpost“, dass Frauen davon träumen, vom Supermarktkassierer genommen zu werden (vermutlich im Gemüseregal, auf Salat). Männer sind da nicht so wählerisch: Bei Ihnen sollte eigentlich nur alles viel leichter gehen, und irgendwie wollen sie wohl ein Liebesspiel zu dritt – aber ich kann mir schwer vorstellen, dass es dann zwei Supermarktkassiererinnen sein sollten. Vielleicht eher eine Ärztin und eine Krankenschwester? Eine Soldatin und eine Gefängniswärterin? Eine Putzfrau und eine Toilettenfrau?

Wie ich Männer kenne, denken die eher an zwei junge Damen mit Bettschuhen und Strapsen in einem halbwegs erträglichen Bordell – dort fragt man auch nicht, ob die Leistungen des Herrn überhaupt für zwei Damen ausreichte. Überhaupt: Eine Menage a trois soll ja auch MFM funktionieren, nicht nur MFF. Vielleicht werden Sie sagen, es ginge doch FMF – nun, da beglückwünsche ich sie zu Ihrer Fantasie, denn bei MFM weiß man nie so genau, ob nicht eher MMF gemeint ist und die Dame sich beizeiten entkoppelt.

Das Jahr in Sex – 2006 – wie das klingt, nicht wahr? Aber eines kann ich ihnen versichern: Die Druckknöpfchenmethode stirbt nicht aus, schließlich schreit die Familienministerin nach Kindern – und die schlimmen Spielchen? Schon 2005 war der Puffrenner angeblich „schöner gemütlicher Kuschelsex“. Hoffen wir, dass es 2006 nicht Plüschtiersex wird – das könnte die ganze Branche durcheinander bringen.

Bevor ich vergesse, Ihnen dies zu erzählen: Herr Bettgeflüster hat sein Blog nicht verlassen, sondern erneuert – und so, wie es jetzt ist, kann es wirklich bleiben, denn er selbst wird mit den witzigen erotischen Nachrichten und frechen Betrachtungen besser leben können als mit der Peepshow – und seine Leser, so meine ich, werden es ihm danken.

Dieses greife ich auf: „Ach, Herr Sehpferd, sie erinnern sich an Gespräche mit ihrem Klassenlehrer?“ - Ja, freilich. Aber nein, nicht an alle.

An das eine Gespräch freilich erinnere ich mich genau, in dem es um den Wert oder Unwert der klassischen Musik ging. Sehen Sie, liebe Leserinnen und Leser, dieses Gespräch – wie auch die heutige Diskussion - wäre eigentlich überflüssig gewesen – denn die meisten von uns haben nicht Musik studiert – sie wollen einfach nur hören: Das macht sie sinnlich und nachdenklich, macht sie fröhlich und bringt sie zum Weinen. Mag bei den weiblichen Feinöhrchen die Seele in anderer Tonlage schwingen als bei der Tänzerin, die vor allem ihre Hüften zum Klang der Trommel schwingen will – mir ist es herzlich gleichgültig – und den meisten anderen Menschen sicherlich auch.

Das Gespräch, das ich erwähnte, kam nur zustande, weil die Damen und Herren Kompositeure, aber auch Maler und Dichter, auf Podeste gehoben wurden und mit Goldbronze lackiert. Das wird leider auch noch heute getan – und es ist schade um die Goldbronze.

Aber ich will keinesfalls bei den Musikern verharren, sondern Ihnen von einem zweiten Gespräch berichten: Dabei ging es darum, ob man die Dinge, über die man spricht, beschreiben muss oder ob man grobklotzige Begriffe in den Raum werfen darf, die angeblich jeder gebildete Mensch versteht. Sie kennen meine Meinung: Man muss diese Begriffe meiden und dem Partner erklären, was man zu sagen hat – nur so kann man lernen, verstanden zu werden, aber auch zu verstehen. Lehrer begreifen dies oft nicht, was wirklich schade ist.

Es muss wohl etwa zehn Jahre später gewesen sein, als ich in Stuttgart einen Menschen kennen lernte, der mir erklärte, was „Gewalt“ ist. Es hätte jedes andere Wort sein können, doch ich war tief beeindruckt von der Vielfalt, in der ein Wort gebraucht werden kann, und überrascht, wie leicht man ein Wort so im Munde führen kann, dass es missbraucht wird.

Sehen Sie, so hat man seien Schlüsselerlebnisse: Der Klassenlehrer mit Namen Georgi, der sozusagen das Anti-Vorbild wurde, weil er mit der Masse ging und kein Profil zeigte, der Mathematiker Quante (er hieß tatsächlich so), der ein Genie im Erklären von Tatbeständen war und daher zum Vorbild taugte, und nicht zuletzt auch der Monokel tragende olle Gramse, der mir stets die schlechten Noten in Deutsch verpasste – der mich aber auch lehrte, dass Denken nicht an den Grenzen der Schulzimmer aufhört. Meine Deutschnote habe ich nie gebraucht, aber die Erkenntnis, dass diagonales Denken hilft, Probleme aufzufinden und zu beseitigen, hat mich dahin gebracht, wo ich heute bin.

Die Morgennachrichten schlugen über mir zusammen wie ein Guss kalten Wassers: 2006 sei nicht nur das Mozartjahr, sondern zu allem Überfluss auch noch das Sigmund-Freud-Jahr. Mozart wurde 1756 geboren (wer den verklärten Mozartblick hat, lese seine aufgefrischte Biografie in „Wikipedia“). 100 Jahre später. 1856, wurde Sigmund Freud geboren. Die beiden Männer verbindet nicht das Geringste, aber ich bin sicher, dass die Tiefgründler mit den Bergamottbirnenstimmen dennoch einen entdecken.

Freud sollte man heute einmal gründlich neu überdenken: Ihn vor allem vom Ballast der Zeit und vom Wiener Schmäh zu befreien, wäre eine Anfang.

Zu Mozart fiel mir vor allem auf, dass ein Leser deutliche Unterschiede zwischen U-Musik und E-Musik macht. Fragt sich nur, wo ich unter diesen Voraussetzungen Herrn Mozart einordnen soll, der doch zu seiner Zeit am Erfolgreichen mit der Vertonung eines Singspiels fürs Volk von einem gewissen Emanuel Schikaneder wurde.

Doch heute sagen ihnen die Leute, das sei eine Oper von Mozart gewesen. Na denn.

 

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