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Sie erinnern sich an meinen Beitrag über zwei hochnäsige Damen, die ihrer hoffnungsvollem Nachwuchs demonstrieren wollten, wie man besser nicht über die Straße geht?

Also wissen Sie, die Sache ist so: Es ist immer dieselbe Stadt, und immer einer von zwei Fußgängerüberwegen in dieser Stadt. Irgendwie scheint es der Verwaltung zu gefallen, dass man die Umgehungsstraße nicht nutzt – wegen einer Großbaustelle wird der Verkehr also permanent durch die Stadt geleitet, die sich selbstverständlich anmaßt, Tempo-30 und Tempo-20-Schilder aufzustellen.

Weil ich, im Gegensatz zum Rest der Menschheit, morgens nie in Eile bin, halte ich brav vor Zebrastreifen an, wenn sich beispielweise das gut gekleidete Ehepaar in mittleren Jahren schnellen Schrittes und ruckartig ohne Vorwarnung plötzlich auf dem ersten Drittel des Zebrasteifens befindet (sie müssen dies bei den Hasen gelernt haben und machen es offenbar jeden Morgen so) – selbstverständlich ohne den Verkehr auch nur im geringsten zu beachten.

Merkwürdig, die meisten einfachen Leute im schlechteren Viertel der Stadt, unter ihnen auch viele Huren und Barfrauen versuchen, die Straße möglichst schnell zu überqueren, während manche blondmähnigen Teenager offenbar versuchen, den Rekord im Langsamlaufen gegen die Schnecken zu gewinnen. In dem kleinen Industriegebiet mit Jeansoutlets tut sich so früh am Morgen noch nichts – dafür muss ich hier abends im Schritttempo und in Schlangenlinien um die Teenager herumfahren, die sich quer, diagonal und längs auf der Straße bewegen und nur unwillig davon zu überzeugen sind, dass Straßen in Industriegebieten für den rollenden Verkehr gedacht sind.

Aber das amüsiert mich zu einem großen Teil noch, doch dies nicht mehr: Da überquerte ein sehr alter Mann auf dem Zebrasteifen die Straße, der wohl einmal Bauer in einem südlichen Land gewesen sein mochte – nicht provozierend langsam, sonder mit dem etwas schlurfenden Schritt der alten Männer. Wer hätte ihn nicht passieren lassen, zumal er freundlich lächelte und es so schien, als wolle er sich noch für seine Langsamkeit entschuldigen.

Er hatte die Straße zu mehr als drei Viertel in meiner Richtung überquert, als ein junger Radfahrer mit einem Kinderanhänger auf den Fußgängerübergang zuraste – und nicht hielt. Dem alten Mann geschah nichts, weil ihm noch ein halber Meter auf den Radfahrer fehlte, und so kam denn auch dieser samt seiner Brut ohne Blessuren davon. Freilich hätte es auch anders ausgehen können. Erst neulich hat mich einer dieser Rad fahrenden Idioten auf einem Fußweg von hinten angefahren – ohne sich auch nur zu entschuldigen.

Da frage ich mich denn doch manchmal: Mit was für einem Gesocks lebe ich eigentlich in derselben Stadt?
 

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