anstoss

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Dieses Jahr hatte ich ja einen Schwur getan, nichts über das Sexualleben des Weihnachtsmannes, des Klauses, Nikolauses, Pelzmärtels und wie die Brüder sonst noch alle heißen, hinauszublasen. Ich wollte auch kein Wort über erotische Weihnachtsfrauen, rote Unterwäsche oder gar Weidenruten schreiben.

Indessen: Meint ihr, er wäre offen, der Sack? Zugebunden bis obenhin. Aber es war gewiss etwas Schönes darin. Es roch so nach Feigen und Nüssen. Oder war es nach Äpfeln und Bananen? In jedem Fall werde ich den Gedanken nicht los, dass mir wohl doch noch ein Weihnachtsduft in die Nase steigt.

Meine Leserinnen und Leser werden mich ja gewiss in diesem Jahr zu Weihnachten reich beschenken: Ich brauche nur so kleine bescheidene Dinge wie eine komplette Charles-Mingus-Sammlung (CD, Vinyl habe ich längst verkauft), einen Laptop und ein verlässliches Handy und vielleicht noch einen neuen Satz Wharfedale- oder KEF-Lautsprecher.

Bevor ich vergesse, ihnen dies zu erzählen: Diese Webseite will weibliche Anatomie für Künstler bieten. Ich denke, man sollte sich besser an Exemplare mit lebender Anatomie wenden. Aber wem es denn Freude bereitet, der mag die Posen abonnieren. - Rachel standing zum Beispiel.

anatomie



Female Anatomy for Artist
: huge source of hi-res female pose photos


Grafik: © 2005 by female-anatomy-for-artist.com

Ich denke immer, so etwas könnte von mir sein. Damit aber erst gar keine Verdachtsmomente entstehen: Ich kenne die Person nicht, finde aber schon die Grafik zum Schweinequieken. Freilich könnte man die gleichen Argumente, die gegen Sexblogs verwendet werden, auch gegen die Poesiealben anderer Blogger und Bloggeusen verwenden, aus denen das virtuelle Gefühlsschmalz pfundweise trieft.

Zitierte ich nicht neulich gerade Friedrich Holländers: „Wiener Schmarrn“? Nun, manche Wienerinnen und solche, die das Gemüt einer Wienerin haben, scheinen nie aus der Schubertät heraus zu kommen. Und damit keine Missverständnisse entstehen: Damen, die nie aus der Schubertät kommen, gibt es nicht ausschließlich in Österreich.

antisex

Photo: © 2005 by anonymous, owner of „anti(sex)blog

Wenn die Blogger (vor allem die deutschen Blogger) mal wieder ins Netz rülpsen und zeigen wollen, wie großartig sie sind, sollten sie einmal dies lesen:

Printjournalisten sind es, die oft erst die arbeits- und somit kostenaufwendigen Ergebnisse vorlegen, auf denen die Kollegen von den neueren Medien aufbauen können. Vielleicht hat das auch ja etwas mit dem Wesen des gedruckten Wortes zu tun. Gäbe es jedenfalls die Zeitung nicht mehr, ob auf Papier oder online, säßen die Blogger ziemlich verlassen vorm Keyboard".

Dem kann ich nur zustimmen. Blogger sind, was das Tagesgeschehen betrifft, zumeist kommentierende Zaungäste – und zumeist kann das, was sie zu sagen haben, bestenfalls in linken Szenenkneipen überzeugen.

Dass Blogger und Journalisten zusammenarbeiten, wäre an sich die natürlichste Sache der Welt. Das ganze kindergartenhafte Gerangel um diese Frage ist müßig, denn der Krieg zwischen den bösen Fürsten der so genannten „Mainstream“-Presse und den kleinen wackeren Robin Hoods der Bloggerszenerie gehört in den Bereich der oft kindlichen Fantasien der Bloggerinnen und Blogger.

Der Knackpunkt liegt denn auch ganz woanders: Blogger sind im Grunde genommen durchgängig unsozial: Sie produzieren das umsonst, wovon Journalisten leben. Damit werden sie wahrscheinlich dafür sorgen, dass immer weniger hauptberufliche Journalisten von ihrem Beruf leben können und immer mehr Verleger auf billigere freie Mitarbeiter zurückgreifen. Blogger vernichten also langfristig die Existenzgrundlagen der einfachen Vor-Ort-Journalisten und tun Gutes für den Profit der Verleger – kein Grund, auf so etwas auch noch stolz zu sein.

Die guten Nachrichten folgend den Schlechten auf dem Fuß: warum nicht gelernte Journalisten und gute Blogger einsetzen und beide bezahlen? Diese hier wollen es versuchen.

Was, sie bewohnen ganz allein eine 90-qm-Wohnung? Die Augenbrauen der Gutmenschen gehen sichtbar nach oben, und man merkt schon, dass sich im Hirn schon sämtliche Theorien über soziale Gerechtigkeit aufreihen, die sich nur mühsam als höfliche Sätze durch das Mundwerk quälen.

Bitte schön liebe Familien: Diese Wohnung ist 1948 als große, bürgerliche Wohnung geplant worden, mit einem verbundenen Wohn- und Speisezimmer sowie einem großzügigen Schlafzimmer. Abgeschlossene 12-qm-Kaninchenställe waren damals nicht in Planung - sie gab es dann später, in Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus und sie wurden dort als "Kinderzimmer" ausgewiesen.

Jetzt allerdings suche ich einen Käufer. Nicht, weil mir die Wohnung zu groß ist, sondern weil ich längere Zeit ins Ausland gehe. Sehen sie, und nun sehen sich diese Wohnung Menschen mit Kindern an und sagen: „Ach, so hatten wir uns das nicht vorgestellt“. Natürlich nicht. Eine Wohnung von 90 qm, die von einem einzelnen Menschen bewohnt wird, ist nicht unbedingt für eine Familie mit Kindern geeignet.

Alle guten Vorsätze halfen nichts: ich bin wieder beim Gemischtwarenladen angelangt. Dabei wollte ich doch eigentlich nur noch für Europa, für mehr Pragmatismus und für eine neue soziale Ordnung schreiben, was leider heißen würde, auch gegen die Lokalpatrioten, Nationalisten aller Parteien, Linksfantasten, Gutmenschentum und andere Ideologien zu kämpfen.

Aber Europa, Pragmatismus, neue soziale Ordnung? Alles keine Bloggerthemen. Also lasse ich wieder die Seichtheit herein. Die allein bringt Zugriffe. Fragt sich nur, was Zugriffe wert sind.

1972: Bürger für Brandt. 2005: Mädchen gegen Merkel. Es gibt wohl kaum etwas, das den Zustand der Jugend besser definiert, doch muss ich erwähnen. Die Mittelgeneration ist noch schlimmer. Sie motzt mittlerweile gegen den Staat, dass die Fetzen fliegen, will nicht an ihm beteiligt sein, sondern nur eines – von seinen Geldsegnungen profitieren. Oder wie war das mit „Ihr – nicht ich“?

Ja, ich schrieb schon einmal darüber. Aber mir fiel erst jetzt ein, wie viel Zeit dazwischen liegt: 1972 der Aufbruch der Jugend für Willy Brandt – und die Kinder in der Rolle des verantwortungslosen Ohnemichels.

 

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