anstoss

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Vier junge Mädchen kommen auf die Bühne, und bis auf eine sind alle so angezogen, als ob sie ihre Bühnengarderobe zu Hause vergessen hätten, oder besser so, als wollten sie beim Altennachmittag als brave Töchter einen guten Eindruck machen – hätten sie auch, wenn die Sachen wenigstens halbwegs gepasst hätten. Dann stellten sie sich auf der Bühne auf als wäre hier im Budapester Urania Filmtheater ein Wettbewerb für Wachsfiguren und schließlich sagen sie dann. Letzteres äußerst erträglich, aber mehr eigentlich auch nicht: Da fehlte der Schwung, fehlte der Witz, fehlte die für einen Bühnenauftritt notwendige Ausstrahlung. Ich habe gelesen, dass sie den Ward Swingle Preis in Graz bekommen haben – nun ja, dort haben sie ja vielleicht etwas anderes gesungen, aber hier in Budapest gab es eher müden Beifall. Die Gruppe hieß "Niniwe". Sollte ich noch sagen, dass es sich um eine deutsche Gruppe handelt? Lieber nicht. Sonst sagen jetzt doch alle gedehnt „ach so“.

Ich wurde entschädigt durch den zweiten Teil, den die ungarischen Bolyki Brothers bestritten. Die vier Brüder, die an ich professionelle Musiker (also keine Sänger) sind, traten als a Cappella Gruppe auf und überzeugten komplett: Da stimmte der Gesang, das Gefühl für den Ensembleklang und nicht zuletzt die Show. Ich gebe zu, selten so gelacht zu haben.

Dies geschah schon am 23.03.2005

Die Abwicklung am Flughafen Zürich geht im Schneckentempo voran: Da zeigt ein etwas überheblich grinsender Jüngling einer offenbar taufrischen jungen Dame, wie man abfertigt – natürlich nach allen Regeln der Kunst mit sämtlichen Schikanen, die man einem Fluggast nur antun kann: Unter anderem damit, jedes Stück Handgepäck und selbstverständlich jeden Kinderrucksack nachzuwiegen und dabei die Vorschriften im Detail zu erläutern. Die reichliche Zeit, die ich glaubte zu haben, schmolz dahin: Satte 20 Minuten brauchen die jungen Leute, um Ausbildung auf Kosten der Fluggäste zu machen – in dieser Zeit fertigen sie ganze 4 Fluggäste, davon allerdings auch eine Familie mit zwei Kindern ab.

Den nonchalanten jungen Mann, der hier offenbar die Ausbildung leitet, scheint das alles nichts anzugehen: Meine Maschine geht in mittlerweile in 25 Minuten – und ich muss noch dieses abscheulich lange Wanderung zum Terminal „E“ machen, auf den Zug warten, mich durch die Sicherheitskontrolle quälen – doch hier ist man, wie immer, ausgemacht höflich – lediglich eine junge Dame vor mir motzt, weil sie ihre nach Meinung der Sicherheitsbeamten zu piepsigen Stiefel ausziehen soll.

Dem Sicherheitspersonal das höchste Lob – aber der Abfertigung am Schweizer Flughafen Zürich mal wieder einen Tadel – die dort seit Jahren praktizierte Arroganz gehört offensichtlich zum Image des Flughafens – und das soll offenbar so bleiben, denn wenn schon die Ausbilder nichts als ein süffisantes Lächeln und dazu noch einen dummen Spruch haben, wird die nächste Generation von Mitarbeitern auch nicht besser werden.

Das wöchentliche Geblubber aus den Algen – fast immer sonntags

Nachdem ich mich über Ostern ja schon so reichlich ausgelassen habe und sowohl dem ursprünglichen Sinn des Osterfestes meinen Tribut heftigst gezollt habe (das ist die Sache mit den Hasen, der Fruchtbarkeit und den Hühnereiern) sollte ich eigentlich jetzt sagen: Zurück zur Tagesordnung, schließlich sind heute schon drei Viertel der Feiertage vorbei – ja, ich blubbere einen Tag zu spät.

Könnte mir bitte jemand sagen, was an diesem Ostern eigentlich anders ist als an jedem Ostern? Es waren immer die Hasen und die Eier, die Kinder wie Erwachsene anregten, und natürlich ist es die aufkeimende Liebe, die ja nicht von ungefähr mit dem Hasenfest zusammenfällt. Woher mancher Bischof die Weisheit hat, dass Ostern noch mehr „entchristlicht“ wird als Weihnachten, ist mir schleierhaft, und als Weisheit bleibt mir nur dies zu verkünden: Man kann die Heiden zwar bekehren, aber die Kraft ihrer Bräuche nicht ausradieren – und der kommende Frühling liegt den Menschen nun einmal näher als das Himmelreich, das ja erst für fernere Zeiten versprochen wurde.

Hinzu kommt, dass die Pfarrer offenbar vergessen haben, dass sie Ostern die „Frohe Botschaft“ eigentlich ruhig als frohe Botschaft verkünden könnten – jetzt ist kein Herbst und daher auch nicht die Zeit, in der sich die Menschen in sich verkriechen und über den tieferen Sinn des Lebens nachdenken wollen – dazu bliebt ab November noch genug Muße.

Nachdem ich nun schon seit Wochen über Blogs schreibe, fällt mir dies auf: das gibt es eine so genannte „Szenerie“, die den Blogs eine Bedeutung gibt, die ihnen nicht zukommt: Was immer ich ihn den letzten Wochen aus dem Munde so genannter „Berufener“ gelesen habe, klingt so wie das, was die Fotoamateure dauernd schreiben: Ihre Fotos wären viel besser als die der Profis, nur wolle das niemand wahrhaben, und just deshalb haben sie eigene Webseiten, Foren und was sie sonst ihr eigen nennen. Bei den Fotoamateuren ist die Sache paradox: Sie nützen nämlich in Wahrheit nicht der Kunst, sondern einem Industriezweig, der so gut wie ausschließlich vom Amateurwahn lebt: oder glaubt wirklich jemand, dass ein Amateur eine digitale Spiegelreflexkamera für über 3000 Euro braucht, von einer Studioausrüstung in etwas gleicher Preislage einmal ganz zu schweigen?

Doch zurück zu den Bloggern: Wem nützt der Wahn, wichtiger zu sein als andere Zeitzeugen, eigentlich hier? Und welche Zeitzeugnisse werden eigentlich wirklich gebloggt? Sollen die nachfolgenden Generationen wirklich glauben, dass Herz und Schmerz, Linksgetröte und getürktes Sozialgekuschel die Zeit repräsentiert haben? Oder gar die ausgesprochen wichtige Frage, welches Betriebssystem, welcher Browser und welche Software verwendet werden?

Ich kann es ihnen zufälliger Weise sagen, was die Nachwelt darüber sagen wird: Dass es einmal eine Zeit gab, in der tausende von Menschen versucht haben, andere davon abzuhalten, über die wesentlichen Dinge des Lebens nachzudenken: zum Beispiel, wie man alle Menschen in Arbeit und Brot bringen kann, wie eine liberale Partei wieder zur Verteidigung der Bürgerrechte kommt oder eine rote Partei wieder lernt, ernstlich sozial zu sein und nicht gießkannensozial.

Deutschland ist, in Blogs oder anderwärts, vor allem geschwätzig. Das Volk der Dichter, Denker und wirtschaftlichen Innovatoren ist zum Volk der Schwätzer, Phrasendrescher und selbstgefälligen Nostalgikern geworden. Damit lässt sich freilich kein Pfifferling gewinnen – genau so wenig wir mit Ostern ohne Osterhase. Den will ich zum Schluss noch mal hochleben lassen.

Ich wünsche allen eine frohe Nachosterwoche.

 

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