anstoss

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Fragen sie mich nicht, was ich von Lyssa halte – sie können es sich vermutlich denken. Aber dieser Artikel ist ohne Zweifel ausgezeichnet geschrieben, und er trifft den Nagel wie selten mit der Spitze von hinten durch den Fuß in den Zeh – oder so ähnlich. Jedenfalls soll die Pussy prustend Prosa spucken: bis zu zwei Seiten, wie ich hörte.

Also, Autorinnen und Autoren – es ist gar nicht so einfach, zwei Seiten einer schlechten flüssigkeitsreichen Geschichte zu schreiben. Gramse hat schon gesagt, dass er sich zwei Flaschen Pinotage reinzieht, sich dann vor die PC-Tastatur setzt und mal so etwas schreibt:

Er: „Na, wie war das Essen im Restaurant?“
Sie: „Ey, Cool, du, super cool“
Er:„was sagst du zu meiner Wohnung?“
Sie: „Ey, Cool, du, super cool“
Er : „und ... was hältst du von mir?“
Sie: „Ey, Cool, du, super cool“
Er: „Sag mal, kennst du noch einen anderen Satz als „–Ey, Cool, du, super cool?“
Sie: „Klar – ich besorge es dir, dass du abhebst, echt“
Er:“Und wie machst du das dann?
Sie: „Ey, Cool, du, super cool“

Na, vielleicht so etwas dann doch nicht. Gramse hat ja allerlei Stilformen drauf – aber vielleicht sollte er sich seine Teilnahme noch mal überlegen – wie war das: „Grundanständige Blogger mit seriösem Image und makellosem Ruf dürfen sich gern ein Pseudonym zulegen“. Vielleicht sollte also Henriette Maria Gotthilf darüber schreiben, wie sie, Henriette M. Gotthilf, trotz anderslautender Vorsätze den Verlockungen eines Herrn gefolgt ist, der ihr auf seinem Hotelzimmer ein paar interessante afrikanische Kunstgegenstände zeigen wollte. Doch schon beim ersten Eindruck habe sie, Henriette Maria Gotthilf, erkennen müssen, dass jenes Teil, dass er ihr sogleich anbot, nur schwerlich etwas mit afrikanischer Kunst zu tun hatte, woraufhin sie sagte: „So etwas habe ich aber schon vorher gesehen, mein Herr“. Wie vonseiten des Personals später verlautete, soll sie dies nicht gehindert haben, den Gegenstand relativ schnell in Gebrauch genommen zu haben.

Diese Geschichte hat selbstverständlich eine Moral, und sie ist: „Wenn man auf einer Reise nicht zu sehen bekommt, was man erwartet hat, sollte man stets nach einer Alternative Ausschau halten“.

In diesem Sinne verlasse ich diesen Ort für heute

Ihr Sehpferd

Dass der Bettflüsterer „uns“ verlassen hat, dürfte sich auch ohne meinen Artikel herumgesprochen haben. Manche Damen tragen ihre Tränen ja noch offen, und siehe – eine ist offenbar so geschockt, dass sie nun (auch?) nicht mehr schreibt, jedenfalls nicht hier. Das kolossale Elaborat menschlicher Anteilnahme sollte man sich dennoch nicht entgehen lassen. Zitat: „Ich habe Achtung vor Deinen Worten, deiner Wortwahl und deiner Fähigkeit Momente, Gefühle und Erlebnisse in Worte zu fassen und diese mit uns zu teilen.“

Soweit dies und soweit die Solidarität – doch was ist eigentlich mit dem Anti-Sex-Blogger passiert? Erst löscht er eine Veröffentlichung nach der anderen, dann versucht er sich an Angela Merkel, und schließlich haut er unter dem Titel „Michaela Schaffrath“ die Dame Kirschrot in die Pfanne, deren Beitrag „dominiert“ zwar nicht eben zu den Highlights erotischer Literatur gehört – aber das muss ja (hier) auch nicht sein.

Vielleicht stehen ja gerade mal alle unter Schock, und falls dies noch nicht so ist: Programme, die Pornografie zensieren, haben neuerdings auch Blogs als potenzielle Gefahr für das Wohlergehen des Menschen am Arbeitsplatz erkannt – und so wurden inzwischen auch nahmhafte Twoday-Blogger zensiert.

Was ich von all dem halte? Im Moment eigentlich gar nicht viel. Erotische Blogs haben ihre Zeit wir Pettycoats und Bildschallplatten. Und in diesem Sinne werde ich mich mal wieder in die Algen zurückziehen, bevor ich mich hier draußen noch verplaudere.

Zufällig gesehen, als der Frühstückstisch schon gedeckt, die Liebste aber noch nicht erschienen war: Eine Diskussion um Deutsche, nach dem beliebten Motto „Kinder statt Inder“.

Wer ist bitte "deutsch"? Offenbar meinen viele Menschen in diesem Land immer noch, deutsch sei man nur, wenn man einen Ariernachweis hat – oder eine Staatsbürgerurkunde, oder wie immer so etwas jetzt heißt. Gesagt hat einer der beiden beteiligten Herren im Fernsehen so etwas freilich nicht, sondern (sinngemäß) dies: „die Leute mögen zwar die deutsche Staatsangehörigkeit haben, aber deswegen sind sie noch nicht Deutsche“.

Deutsche? Vielleicht können manche Familien noch hart daran vorbeischrammen, Nachfahren eines französischen (und später vielleicht auch britischen oder amerikanischen) Besatzungssoldaten zu sein – aber wer bitte wollte von sich behaupten, garantiert keine römischen Vorfahren zu haben? Und warum bitte sollte man sie nicht haben? Schließlich kommt der größte Teil unserer Kultur aus Rom.

Als die Städte aufkamen, brauchte man nur „Jahr und Tag“ dort gewohnt zu haben, um Bürger zu werden. Aber um Deutscher zu sein (ich sollte dies wahrhaftig gegenüber einer Baden-Württembergischen Landesbehörde nachweisen) muss man auch noch das Geblüt des Urgroßvaters mütterlicherseits parat haben. Dessen Lebensdaten aber verschwanden im Dunst der Geschichte.

Deutscher? Am Tag meiner Geburt existierte kein „Deutschland“. Ich wurde in der amerikanischen Enklave der britischen Besatzungszone geboren, nicht in Deutschland. Allerdings in der „Free Hansa Town of Bremen“, denn die gab es bereits wieder.

Deutschland? Ich wünschte mir, dass wir endlich von Europa sprechen würden. Es ist eine schöne, vielfältige Heimat – und in ihr haben Deutsche sehr gute Möglichkeiten, sich zu beweisen.

 

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