anstoss

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„Frauen ohne Verfalldatum“ heißt ein feminstisches Kalenderprojekt, in dem sich südamerikanische und französische Frauen über 50 nackt ablichten ließen – sie wollen damit gegen die stereotypen Darstellungen weiblicher Körper in der Werbung protestieren.

Die Schauspielerin Carmenza Gómez, die ebenfalls am Projekt teilnimmt, sagte dazu nach einem Pressebericht, sie habe in ihren Beruf ihre Seele, ihre Empfindungen und ihr Gefühlsleben entblößt – nun werde sie eben zeigen, was alles zusammenhält: Den Körper.

Falls Sie Spanisch lesen können (ich kann es nicht).

Ich wollte mich ja nun wirklich zurückhalten, darüber zu berichten, wie die Weblogger sich nach und nach zu Narren machen – aber wenn schon „Industrial Technology & Witchcraft“ so etwas schreibt, dann schließe ich mich dem vorbehaltlos an.

Doch halt! Sollte ich nicht besser die Geschäftsidee aufgreifen und jetzt „Sehpferds fliegenden bloggigen Erotikzirkus“ gründen? Vielleicht mit dieser Ankündigung: „Eine Zicke, zwei geile Schlampen und zwei Sexarbeiterinnen in einem einmaligen Leseakt auf der Bühne der Buchhandlung ... präsentiert von Sehpferd?“ Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt. Natürlich müsste ein dieser Damen noch vorher ein Buch schreiben (oder auch alle zusammen), sonst gingen wir bei den Buchhändlern ja nicht als Autorinnen und Autoren durch. Also Verleger, ran an die unausgegrabenen Kartoffeln! Schmeißt sie in die Bratpfanne, so lange sie noch heiß, ist ...

Via Schockwellenreiter

Damit eines von vornherein klar ist: Ich schätze gute Ansätze von tüchtigen Frauen, die mit Chuzpe und Sachverstand etwas bewirken, was andere nicht können – und Männer vielleicht schon gar nicht. Freilich habe ich Bedenken, wenn man seinen Feminismus über „Attac“ verbreiten lässt, wie dies gerade die 1939 geborene Frau Dr. Erika Riemer-Noltenius getan hat. Im Grunde sollten sich alle Projekte, die den Bürger noch erreichen wollen, geeignetere Partner als Attac aussuchen – aber das nur nebenbei.

Die Frauenbewegung stand einst für den Fortschritt: Mutige Frauen standen auf, um den Spießbürgern Dampf zu machen, die sie nur als Menschen zweiter Klasse gelten lassen wollten. Das tun diese Frauen bis heute, und das ist auch gut so: Viele Männer wissen bis heute nicht, wo ihre Grenzen liegen, und viele Frauen nicht, wie sie diese überschreiten können. Frauen, das wissen wir heute, packen an, was andere nicht anpacken wollen und bewirken, was andere nicht bewirken können. Die einstigen Aversionen gegen Begriffe wie Macht, Technik und Führung sind längst gefallen – Frauen beweisen, dass sie den Fortschritt vorantreiben können.

Doch was nun? Der Rückwärtsgang wird eingelegt – und das allenthalben. Esoterik, Okkultismus und jetzt offenbar eine naive Naturromantik, das soll der modernde Feminismus sein? Gar noch ein Manifest? Frauen, ihr seid drauf und dran, euch der Lächerlichkeit preiszugeben, wenn ihr so etwas zustimmungsmurmelnd verbreitet.

Weiter recherchierend stößt man bei Frau Riemer-Noltenius unweigerlich auf ein Projekt, das mir zunächst gefällt: Eine Wohnbaugenossenschaft wird gegründet, und entsehen soll eine Wohn- und Wirkstätte von und für Frauen. Ob der Steinhaufen, „Beginenhof“ genannt, den die Architektin Alexandra Czerner da in die Bremer Neustadt hineingebaut hat, nun den Ansprüchen der naturnahen Dame Riemer-Noltenius entsprach, weiß ich nicht – ich war nie da. Aber alle Bilder, die gezeigt werden, zeigen einen Haufen toter Steine – ohne Natur.

So ein Projekt erforderte Sachverstand und einen scharfen Rechenstift, nicht feministische Ideologie und alternative Währungssysteme. Vermutlich scheiterte es, weil es viele zu großspurig geplant war – mit über 80 Wohneinheiten und 20 Gewerberäumen. Wer nach der Schuld sucht, muss bei den Bauherrinnen anfangen, doch die verweisen gerne auf etwas anderes: Schuld soll nun der Senat der Stadt sein, der beschuldigt, wird, 7,5 Millionen Euro zugesagt, aber nicht bezahlt zu haben. Was wirklich geschehen ist, ist undurchsichtig – dieser Artikel in „lespres“, der überraschend hellsichtig geschrieben wurde, mag es erklären.

Das Projekt – der Zufall will es, dass die „taz“ gestern darüber schrieb – ist den Bach herunter. Ernüchterung macht sich breit und die Erkenntnis, dass man die Wohnungen der ehemaligen Baugenossenschaft nun wohl als Eigentumswohnungen an reiche Bremerinnen verhökern muss - für satte 1.400 Euro pro Quadratmeter, und das ist für Bremen nicht wenig. Zudem – welche Frau will schon dort Geld anlegen, wo Ideologie über Wohnwert geht? Wer das will, der muss schon sehr reich sein – und noch eine Ersatzwohnung für alle Fälle haben.

Wie war das noch im Manifest? : „Ein Grundprinzip der Natur, ist das Prinzip des bedingungslosen Schenkens“. Das ist natürlich kein Grundprinzip der Natur, aber wen interessieren solche Kleinigkeiten schon – in der Fantasie fällt der Ackerboden dem Bauern in den Schoß, und bestellen tut ihn die Natur, während für den Rest von uns Manna vom Himmel fallen wird - das haben wir ja schon von anderen gehört.

Zum Schluss noch ein Auszug aus dem Manifest „(in meiner Utopie) werden Bedürfnisse am tatsächlichen Bedarf orientiert befriedigt. Was heute noch als Utopie erscheint, kann morgen schon Wirklichkeit werden, denn alle Veränderungen beginnen als Wunschträume im menschlichen Bewusstsein“.

Da darf man wohl fragen: Wo liegt denn nun das Scheitern begründet? Der Bedarf oder die Bedürfnisse? Und was sollen die Aussagen? Will sie für weitere Experimente nach der Art des Beginenhofs werben? Mit ähnlichen Ergebnissen?

Vielleicht sollte man Frau Riemer-Noltenius einmal dazu hören. Schließlich ist sie auch noch Politikerin („Die Frauen“), Politikwissenschaftlerin und angeblich Fachfrau für „alternative Währungssysteme“.

Heute zehn Minuten geflirtet – und Morgen früh voraussichtlich auch. Das Objekt der Begierde ist allerdings nur begrenzt kommunikativ und nicht besonders kuschelig.

 

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